Hintergrund

5 Objekte fürs Wohlbefinden

Pia Seidel
4/1/2024

Produktdesigns, die sich unserer Gesundheit widmen, sind im Kommen. Diese fünf Design-Objekte, die ich an der Dutch Design Week gesehen habe, sind Beispiele dafür.

Von taktilen Wänden bis hin zu zielgruppengerechter Peripherie – Designschaffende erkennen zunehmend die unerschlossenen Gebiete im Produkt- und Industriedesign. Vor allem, was soziales und inklusives Design betrifft. Ein Überblick über die neuesten Objekte, die unsere Sinne ansprechen und das Wohlbefinden steigern wollen.

1. Eine Wand, die erforscht werden möchte

Seit 2014 entwirft die niederländische Firma A + N Studio charakteristische Wände und innovative Oberflächen. Sie macht es sich zum Ziel, die Umgebung von Menschen zu bereichern. So ist das Wandobjekt «Touch Me Please» entstanden. Wenn du es berührst, wandelt es die Berührungen in Klänge um. Dabei spricht es drei deiner Sinne an: den visuellen, den auditiven und den taktilen Sinn. Diese Aktivierung soll einen Moment der Flucht aus dem Alltag bieten und in Stresssituationen helfen. Die Filzwand wurde in enger Zusammenarbeit mit der Verhaltenspsychologin Philadelphia Zorg sowie zwei verschiedenen Pflegeheimen entwickelt, um zum Beispiel die Ängste von neu ankommenden Bewohnerinnen und Bewohnern zu verringern.

«Touch Me Please» ist ein Wandobjekt aus Wollfilz, das dazu animiert, es zu erforschen.
«Touch Me Please» ist ein Wandobjekt aus Wollfilz, das dazu animiert, es zu erforschen.
Quelle: Pia Seidel
Es ist nicht nur optisch und haptisch ansprechend, sondern gibt beim Berühren auch angenehme Klänge von sich.
Es ist nicht nur optisch und haptisch ansprechend, sondern gibt beim Berühren auch angenehme Klänge von sich.
Quelle: Pia Seidel

2. Ein Raumteiler für die Sinne

Das Ergebnis einer anderen Forschungsarbeit von A + N Studio ist ein anpassbarer Raumteiler, der empfindlich auf Luftströmungen reagiert. «Metamorphosis» besteht aus zahlreichen Formen aus laminiertem Shoji-Papier, das üblicherweise zum Bespannen von japanischen Schiebewänden gebraucht wird. Die Idee für das Design basiert auf der Theorie der Aufmerksamkeitswiederherstellung (Attention restoration theory) aus dem Bereich der Umweltpsychologie und soll denselben Effekt wie ein Spaziergang in der Natur hervorrufen, der die Sinne stimuliert und die Konzentration fördert.

Der doppelseitige Raumteiler «Metamorphosis» besteht aus Edelstahlschnüren mit beweglichen Papierformen.
Der doppelseitige Raumteiler «Metamorphosis» besteht aus Edelstahlschnüren mit beweglichen Papierformen.
Quelle: Pia Seidel
Sein Design bietet endlos viele Möglichkeiten, die Grösse, Form und Muster zu verändern.
Sein Design bietet endlos viele Möglichkeiten, die Grösse, Form und Muster zu verändern.
Quelle: Pia Seidel

3. Eine Lampe, um Stress abzubauen

«Breathing Light» setzt ebenfalls auf die Aufmerksamkeitswiederherstellungstheorie. Doch diese Lampe von A + N Studio geht noch einen Schritt weiter. Sie möchte nicht nur die Umgebung verbessern, sondern auch deine Atmung. Weil bewusstes Atmen ein grossartiges Mittel zur Entspannung sein kann, erzeugt die Lampe bewegliche Lichtpunkte, die einen sanften Atemrhythmus nachbilden. Diese sollen dich zum Mitatmen anregen. In der Hoffnung, dass sich dadurch dein Stresspegel reduziert. Dabei orientieren sich die Bewegungen und Farbveränderungen der Lampe an Naturphänomenen.

«Breathing Light» gibt den Atemrhythmus mit Licht vor.
«Breathing Light» gibt den Atemrhythmus mit Licht vor.
Quelle: Pia Seidel
Das soll deine Konzentration steigern und dir dabei helfen, dich besser zu fokussieren.
Das soll deine Konzentration steigern und dir dabei helfen, dich besser zu fokussieren.
Quelle: Pia Seidel

4. Mäuse mit inklusivem Design

Der südkoreanische Designer Soul Ahn hat für seine Abschlussarbeit an der Design Academy Eindhoven Computer-Mäuse entwickelt, die sich für Menschen mit Behinderung eignen. «Verti Grip Mouse» ist zum Beispiel eine ergonomische Lösung für Menschen mit einer vertikalen Krallenhand. Ihr Design geht auf die besonderen Bedürfnisse der Nutzenden ein und soll komfortabler und funktionaler sein. Indem sie eine natürliche Handposition fördert, reduziert sie die Belastung des Handgelenks und des Unterarms. Ausserdem unterstützen die neue Form sowie die anders angeordneten Knöpfe den Griff.

«Verti Grip Mouse» (r. im Bild) richtet sich an Menschen mit einer vertikalen Krallenhand.
«Verti Grip Mouse» (r. im Bild) richtet sich an Menschen mit einer vertikalen Krallenhand.
Quelle: Pia Seidel
Die angepassten Mausknöpfe und Form geben einen besseren Halt als herkömmliche Modelle.
Die angepassten Mausknöpfe und Form geben einen besseren Halt als herkömmliche Modelle.
Quelle: Pia Seidel

5. Ein steinförmiges Gerät für Atemübungen

Die Firma Delftse Glimp ist ein Start-up, das sich der psychischen Gesundheitsfürsorge widmet. Ihr Team besitzt Fachkenntnisse in den Bereichen Produktdesign, Software und Gesundheitswesen. In Zusammenarbeit mit Atemtherapeuten hat es kürzlich zwei Geräte in Form von zwei Kieselsteinen entwickelt. Sie sollen dabei helfen, das richtige Atmen (wieder) zu lernen. «Pebbles» unterstützt dich mit Anleitungen und Vibrationen dabei, Atemtechniken zu erlernen, um stressresistenter zu werden. Gleichzeitig bietet es dir die Möglichkeit, Fortschritte über eine App zu überblicken. Das Gerät verfügt über einen Daumensensor, der deine Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität misst. Es richtet sich an alle, die sich ausgebrannt oder deprimiert fühlen, aber auch an zufriedene Menschen, die jeden Atemzug nutzen wollen, um ihren Zielen einen Schritt näherzukommen.

«Pebbles» dient dazu, eine gesunde Gewohnheit des bewussten Atmens zu etablieren.
«Pebbles» dient dazu, eine gesunde Gewohnheit des bewussten Atmens zu etablieren.
Quelle: Pia Seidel
Dazu bietet es Atemübungen und verschiedene Messmethoden an.
Dazu bietet es Atemübungen und verschiedene Messmethoden an.
Quelle: Pia Seidel

Dass Designschaffende zur Abwechslung nicht den millionsten Stuhl entwerfen, zeigt einen neu gewonnen Mut zur Lücke. Obwohl es gefühlt schon alles gibt, finden sich in einigen Bereichen noch Designwüsten. Vor allem im Produktdesign für Menschen mit körperlichen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen gibt es Aufholbedarf. Genau dort setzen diese Objekte und künftig hoffentlich noch weitere an.

Titelfoto: Pia Seidel

122 Personen gefällt dieser Artikel


Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    3 Dinge, die ich vom Manifest der Designerin des Jahres mitnehme

    von Pia Seidel

  • Hintergrund

    Von Vulkanen zu den Alpen – Wenn mexikanisches Design auf die Schweiz trifft

    von Pia Seidel

  • Hintergrund

    Verknotete Traditionen: Wie WKND Lab koreanisches Erbe in modernes Design verwandelt

    von Pia Seidel

Kommentare

Avatar