Auf den Rhythmus kommt’s an: Wie du dein Kind beim Schlafen unterstützen kannst
Ratgeber

Auf den Rhythmus kommt’s an: Wie du dein Kind beim Schlafen unterstützen kannst

Katja Fischer
22/12/2023

Nicht alle Kinder haben den Rhythmus im Blut. Manche plagen Einschlafprobleme, erwachen nachts häufig oder stehen viel zu früh auf. Dann kann ein Justieren am Schlaf-Wach-Rhythmus helfen. Schlafcoachin Tilja Tanner sagt, wie das geht. Und warum die Wachphasen entscheidend sind.

Hast du geschlafen wie ein Baby? Hoffentlich nicht. So erholsam ist der Schlaf von Neugeborenen nämlich gar nicht. Ist auch klar, wenn man bedenkt, dass sie ihren Schlaf-Wach-Rhythmus erst noch finden müssen. Bei vielen Kindern pendelt sich dieser mit etwa sechs Monaten von selbst ein. Bei anderen nicht, sie sind auf die äussere Unterstützung angewiesen, um ihre innere Uhr zu finden und abzustimmen.

Tilja Tanner unterstützt Eltern als Schlafcoachin dabei. Vor kurzem hat sie in Interview mit Galaxus über ihre Arbeit erzählt und betont, wie wichtig der passende Schlaf-Wach-Rhythmus bei kleinen Kindern ist.

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Aber was heisst schon passend? Und wie kommt man dahin? Höchste Zeit, näher darauf einzugehen.

Tilja, was ist ein passender Schlaf-Wach-Rhythmus für ein Kind?
Tilja Tanner: Der kann für jedes Kind anders aussehen. Wenn der individuelle Rhythmus passt, hat das einen positiven Einfluss auf den Tag und die Nacht. Und umgekehrt ist ein nicht passender Rhythmus für viele Probleme am Tag und in der Nacht verantwortlich. Zum Beispiel für aufwändiges und langes Einschlafen, häufiges Aufwachen, lange Wachphasen oder frühes Aufwachen am Morgen.

Wie finde ich den für uns passenden Rhythmus denn heraus, wenn mein Kind nachts Schlafprobleme hat?
Wenn du etwas an eurer Schlafsituation verändern möchtest, ist der erste Schritt, die passenden Wachphasen für dein Kind herauszufinden. Also, wie lange es zwischen seinen Tagesschläfchen wach sein kann oder muss, um danach möglichst gut zu schlafen.

Das heisst, die Wachphasen tagsüber sind der Schlüssel für den geruhsamen Nachtschlaf?
Ja, unter anderem. Zumindest lassen sich durch die richtigen Wachphasen viele nächtliche Probleme lösen oder verbessern. Oder sie entstehen gar nicht erst. Es gibt allerdings auch Kinder, die punkto Schlaf-Wach-Rhythmus nicht so sensibel sind – die schlafen gut, egal wie ihr Tagschlaf ist.

Tilja Tanner ist Schlafcoachin, Fachfrau Kinderbetreuung und zweifache Mutter.
Tilja Tanner ist Schlafcoachin, Fachfrau Kinderbetreuung und zweifache Mutter.
Quelle: ZVG

Was passiert in Wachphasen?
Es wird Schlafdruck aufgebaut, der dann während des folgenden Schläfchens abgebaut beziehungsweise «abgeschlafen» wird. Insgesamt baut ein Kind aber auch den ganzen Tag hindurch Schlafdruck für die Nacht auf – das ist der Grund, warum sich der Tagschlaf auch auf die Nacht auswirkt.

Wenn ein Kind also schlecht ein- oder durchschläft, liegt das an einer zu kurzen Wachphase und an einem zu geringen Schlafdruck?
Ja, das kann ein möglicher Grund sein.

Was, wenn die Wachphase zu lang und der Schlafdruck riesig ist? Dann müsste das Einschlafen eigentlich klappen.
Das denken viele, ist aber nicht so. Dann schüttet der Körper das Stresshormon Cortisol aus, das ist dann die sogenannte Übermüdung. Auch hier kann das Einschlafen sehr aufwändig sein und geht oft mit Schreien einher. In der Nacht kann sich Übermüdung ebenfalls durch häufiges Aufwachen oder nächtliche Wachphasen äussern. Oder durch sehr frühes Erwachen – erholt ist dein Kind dann allerdings nicht.

Müdigkeitsanzeichen wie Gähnen oder Augenreiben sind nicht bei allen Kindern zuverlässig.
Tilja Tanner

Zu kurze, aber auch zu lange Wachphasen sind nicht optimal. Eigentlich gibt mir mein Kind aber doch selbst Zeichen, wenn es müde ist. Etwa mit Gähnen und Augenreiben.
Diese Müdigkeitsanzeichen sind nicht bei allen Kindern zuverlässig. Gerade wenn sie älter werden und mehr von ihrer Umgebung wahrnehmen, lassen sie sich von Müdigkeit ablenken und senden diese Anzeichen eher spät. Und umgekehrt senden andere die Müdigkeitsanzeichen, wenn sie noch nicht müde genug sind. Das passiert auch uns: Wenn uns langweilig ist, gähnen wir. Genau deshalb lohnt es sich, neben den Müdigkeitsanzeichen auch immer die Uhr und die Länge der Wachphasen im Blick zu haben.

Was ist eine gute Länge?
Bei den meisten Kindern passt die Wachphase gut, wenn sie anschliessend innerhalb von 15 bis 20 Minuten eingeschlafen sind. Braucht dein Kind länger, erweitere die Wachphase in Schritten von 10 bis 15 Minuten.

Sind alle Wachphasen gleich lang?
Nein, die erste Wachphase des Tages ist meist die kürzeste. Für die weiteren Schläfchen passt oft eine Wachphase, die 30 Minuten länger ist. Und die letzte Wachphase vor dem Nachtschlaf ist mit nochmals 30 Minuten zusätzlich bei vielen Kindern die längste.

Wie verändern sich die Wachphasen mit zunehmendem Alter?
Sie werden länger. Was auch heisst, dass nach und nach ein Schläfchen nach dem anderen wegfällt. Du kannst dich an folgender Tabelle orientieren – wobei ich betonen will: Solche Tabellen dienen nur als Orientierungshilfe, sie gehen immer vom Durchschnitt aus. Und zu beachten gilt, dass das Ende der Wachphase der Zeitpunkt ist, an dem dein Kind eingeschlafen ist.

Für die meisten Kinder passt ein Tag von 12 bis 13 Stunden und entsprechend eine Nacht von elf bis zwölf Stunden ganz gut. Wenn dein Kind also um 7 Uhr aufsteht, wird sich vermutlich mit den Wachphasen und Schläfchen tagsüber eine Zubettgehzeit von etwa 19 bis 20 Uhr ergeben.

Wann wären dann die Wach- und Schlafphasen? Kannst du ein konkretes Beispiel geben?
Ein Tag von einem Kind mit acht Monaten könnte wie folgt aussehen: Um 7 Uhr steht es auf, dann ist es zweieinhalb Stunden wach – die kürzeste Wachphase des Tages. Anschliessend macht es das erste Morgenschläfchen von einer Stunde, danach bleibt es drei Stunden wach. Nach dem Nachmittagsschläfchen von eineinhalb Stunden folgt eine Wachphase von dreieinhalb Stunden, die längste des Tages. Um 19.30 Uhr ist dann Bettruhe.

Aus eigener Erfahrung weiss ich: Fällt mit zunehmendem Alter ein Schläfchen weg, gerät der Rhythmus ganz schön durcheinander. Ein Kind dann bis zum passenden Nachtschlafzeitpunkt «durchzubringen» wird zur Challenge.
In der Tat. Das ist auch der Grund, weshalb ich keinen fixen Nachtschlafzeitpunkt empfehle, sondern eher nach den Wachphasen gehe. Helfen kann ein Powernap vor dem Nachtschlaf. Du weckst dein Kind nach 15 Minuten bereits wieder, durch den fehlenden Tiefschlaf braucht es anschliessend nur etwa die Hälfte der üblichen Wachphase.

Einen neuen Rhythmus zu finden, braucht Zeit. Es lohnt sich, sie zu investieren.
Tilja Tanner

Wie lange braucht es, bis sich ein neuer Rhythmus eingependelt hat?
So einen Schlaf-Wach-Rhythmus zu finden, ist ein längerer Prozess. Die innere Uhr ist nämlich träge. In meinen Coachings nehmen wir uns dafür zwei Wochen Zeit. Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren.

Ist der Wach-Schlaf-Rhythmus der grösste Faktor bei Schlafproblemen bei kleinen Kindern?
Ein grosser. Weitere Einflussfaktoren sind die Eltern-Kind-Beziehung, Rituale und Routinen, die Alltagsgestaltung, die Schlafumgebung und natürlich auch, was ein Kind bisher mit Schlafen und Regulation verbindet. Ein passender Rhythmus ist aber die Basis für einen guten und ausgewogenen Schlaf. Und deshalb ist er in meinen Coachings auch immer der erste Schritt. Die Familien führen fünf Tage lang ein Protokoll, danach schauen wir das Ganze gemeinsam an und erarbeiten einen passenden Rhythmus. Bei vielen bringt das schon ganz viel Entspannung. Genügend Schlaf ist nun mal ein ganz wichtiger Punkt, um sich gut zu entwickeln und ausgeglichen durch den Alltag zu kommen.

Tilja Tanner (37) ist zertifizierte Schlafcoachin nach Bianca Niermann® und Fachfrau Kinderbetreuung mit jahrelanger Kita-Erfahrung. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen im Kanton Bern.

Dies ist der zweite Beitrag einer mehrteiligen Serie mit Tilja Tanner zum Thema Kinderschlaf. Du hast Anmerkungen oder Fragen, die du in den kommenden Beiträgen klären willst? Lass es uns in den Kommentaren wissen oder schreib mir eine E-Mail.

Titelfoto: Shutterstock

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Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.


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