Bei diesem E-Ink-Tablet verschmelzen Pixel und Papier
Produkttest

Bei diesem E-Ink-Tablet verschmelzen Pixel und Papier

Das Remarkable Paper Pro ist ein 11,8-Zoll grosses E-Ink-Tablet mit Farbdisplay. Damit eignet es sich weniger für Bücher und mehr für Notizen.

Das E-Ink-Tablet Remarkable Paper Pro ist ein sicht- und spürbares Upgrade zum Vorgänger, dem Remarkable 2, kostet allerdings auch knapp 650 Euro (UVP). Die Funktionen sind überschaubar, aber gut durchdacht. Die wichtigste Neuerung: Das Paper Pro stellt auch Farben dar.

Das Gerät wird aktuell einzig vom Unternehmen selbst vertrieben. Dennoch möchte ich dir ein so vielversprechendes Produkt nicht vorenthalten und habe es ausführlich getestet.

Design und Display: einzigartige Technologie

Dass das Remarkable Paper Pro kein gängiger E-Book-Reader ist, zeigt sich schon an der Grösse: Mit 11,8 Zoll ist das Gerät etwas kleiner als DIN-A4. Bücher kann ich zwar damit lesen, für die längere Lektüre wird mir das Tablet aber rasch zu schwer und unhandlich. Dafür bietet es genug Platz für Notizen und PDFs.

Kollegin Coya hat beim Vorgängermodell noch bemängelt, dass es zu dünn ist. Sie konnte das Tablet auf einem flachen Tisch schlecht aufnehmen. Ein geriffelter Rahmen und die gummierten Rondellen auf der Rückseite beheben das Problem nun und machen das Design insgesamt einzigartig.

Durch die Einkerbungen am Rahmen ist das Tablet griffig.
Durch die Einkerbungen am Rahmen ist das Tablet griffig.
Quelle: Michelle Brändle

Beim Remarkable Paper Pro kommt eine aktuell seltene Technologie zum Einsatz: E-Ink Gallery 3. Der Hersteller nennt sie «Canvas Color». Diese sorgt für knalligere Farben, dafür ist die Refresh-Rate tiefer als bei der stärker verbreiteten Technologie E-Ink-Kaleido-3.

Hardware und Zubehör: starkes Upgrade

Im Vergleich zum Remarkable 2 hat der Hersteller die Hardware des Paper Pro stark verbessert. Beim verbauten Chip handelt es sich um einen 1,8 Gigahertz Cortex A53. Hinzu kommen 2 GB RAM und 64 GB interner Speicher – nutzen kann ich davon 46 GB. Zum Vergleich: Das Remarkable 2 hat einen 1,2 Gigahertz-Chip verbaut, mit 1 GB RAM und lediglich 8 GB Speicher. Damit hat das Paper Pro eine wesentlich schnellere Reaktionszeit als das Remarkable Paper 2 und viel mehr Speicherplatz.

Der Akku von 5030 mAh hält laut Hersteller bis zu zwei Wochen und bis zu 90 Tage im Standby. Das kommt bei mir in etwa hin. Insgesamt hängt die Laufzeit allerdings stark vom Nutzungsverhalten ab. Aufgeladen ist das Gerät in etwa 1,5 Stunden.

Der Remarkable Paper Pro hat einen Stylus im Lieferumfang. Durch die sanft angeraute Oberfläche kann ich ihn gut in der Hand halten. Er hat zudem ein angenehmes Gewicht. Die Rückseite verwende ich zum Radieren. Den Stylus lade ich auf, indem ich den Stift an der Tablet-Seite magnetisch befestige. Der Magnet ist genug stark, sodass der Stift nicht bei der kleinsten Berührung abfällt.

Der Stylus lässt sich magnetisch am Tablet befestigen.
Der Stylus lässt sich magnetisch am Tablet befestigen.
Quelle: Michelle Brändle

Der Stylus erkennt neben dem Druck auch die Neigung. Durch die raue Oberfläche des Displays reibt die Stiftspitze allerdings mit der Zeit ab. Vorgesorgt hat der Hersteller hier mit einer Packung Ersatzspitzen.

Die Stiftspitze nutzt sich ziemlich rasch ab.
Die Stiftspitze nutzt sich ziemlich rasch ab.
Quelle: Michelle Brändle

Der Abstand der Stiftspitze zum Display ist minimal, stört aber nicht. Grund für den Abstand ist die zusätzliche Schicht, dank der das E-Ink-Tablet nun eine Hintergrundbeleuchtung hat. Diese leuchtet nicht besonders hell, hat einen warmen Farbton und ist angenehm für meine Augen, wenn ich abends am Tablet arbeite. Ein grelles Weiss würde mich unnötig wach halten, deshalb finde ich das so gut gewählt.

Zusätzlich erhältlich ist auch ein Book Folio. Dank der Hülle geht das Remarkable Paper Pro beim Zuklappen automatisch in den Ruhemodus. Möchte ich das Tablet für getippte Texte nutzen, kann ich auch ein Typo Folio anklippen. Dafür hat der Hersteller das Tablet rückseitig mit einem 5-Pin-Magneten ausgestattet.

Software basiert auf Linux

Das Betriebssystem «Remarkable OS» basiert auf Linux. Die grosse Stärke der Benutzeroberfläche liegt in der simplen Darstellung. Ich finde ohne Suchen alle Dateien, Werkzeuge und Einstellungen rasch. Im Vergleich dazu sind bei Onyx Boox-Geräten die Möglichkeiten riesig und können schnell überfordern. Das Remarkable hat weder zu viel und noch zu wenig Optionen.

Die Benutzeroberfläche ist auf das Wichtigste reduziert.
Die Benutzeroberfläche ist auf das Wichtigste reduziert.
Quelle: Michelle Brändle

Durch die simple Darstellung und reduzierten Funktionen kann ich mich beim Arbeiten aufs Wesentliche konzentrieren. Einziger Wermutstropfen: Du benötigst Englisch-Kenntnisse. Das Remarkable kann zwar auf Deutsch eingestellt werden, die Software berücksichtigt das allerdings nur für die Tastatur und die Handschrifterkennung, der Rest bleibt in Englisch.

Inbetriebnahme und Dateien hochladen

Das Paper Pro ist rasch betriebsbereit. Ich erstelle einen Remarkable-Account und verbinde ihn mit dem Gerät über einen QR-Code und via Verifizierungscode.

Auf der Webseite des Herstellers kann ich mich per Einmalcode von überall aus anmelden. So kann ich PDF- und EPUB-Dateien auf das Gerät laden. Zur Synchronisierung ist eine WLAN-Verbindung auf dem Tablet notwendig. Alternativ zur Webseite nutze ich die App, die es sowohl für iOS, Android als auch macOS und Windows gibt.

Über die Webseite lade ich per Drag and Drop Dateien auf das Tablet.
Über die Webseite lade ich per Drag and Drop Dateien auf das Tablet.
Quelle: Michelle Brändle

Notizbücher erstellen und bearbeiten

Die Hauptfunktion des Remarkable Paper Pro: Notizen machen. Bei einem neuen Notizbuch wähle ich das Layout aus zahlreichen Templates aus. Neben den üblichen Punkten, Linien und Karomustern finde ich sogar Gitarren Chords als Vorlage. Für Ordnungsliebende gibt es Checklisten und Wochenplaner.

Unzählige Vorlagen für mein Notizbuch stehen zur Verfügung.
Unzählige Vorlagen für mein Notizbuch stehen zur Verfügung.
Quelle: Michelle Brändle

Im Notizbuch schreibe und kritzle ich, erstelle Textfelder oder verschiebe Objekte und Sätze. Schreibwerkzeuge bekomme ich auch genug: von Markern und Finelinern über Pinsel bis zum Highlighter. Zusätzlich stehen mir neun Farben zur Verfügung mit jeweils drei Linienstärken.

Dank der Erstellung mehrerer Ebenen kann ich Linien und Colorationen auseinanderhalten. Oder auch, wenn ich Bild und Text einzeln ein- und ausblenden will. Das Skizzieren und Schreiben läuft insgesamt sehr flüssig. Durch die raue Oberfläche des E-Ink-Tablets fühlt es sich tatsächlich so an, wie auf Papier zu schreiben – und es klingt auch so.

Im Notizbuch kann ich mich mit einer tollen Auswahl von Pinseln und Farben austoben.
Im Notizbuch kann ich mich mit einer tollen Auswahl von Pinseln und Farben austoben.
Quelle: Michelle Brändle

Handschrift konvertieren

Möchte ich einen handgeschriebenen Text ergänzen oder weiterbearbeiten, mache ich das via «Convert To Text». Drücke ich diesen Button, wandelt die Software meinen Text in Druckbuchstaben um und fügt ihn in Sekundenschnelle auf einer neuen Seite ein. Wähle ich dafür mehrere Notizbuchseiten auf einmal aus, werden sie zusammen auf eine neue Seite konvertiert. Mit der richtigen Spracheinstellung läuft das praktisch fehlerfrei. Auch Aufzählungszeichen und Umbrüche werden übernommen.

App und Add-ins für noch mehr Möglichkeiten

Lade ich die App von Remarkable auf den PC, Mac oder das Smartphone, habe ich ein paar zusätzliche Möglichkeiten. Über die App kann ich auf alle Dateien des Paper Pro zugreifen, sie ordnen oder auch als PDF exportieren.

Möchte ich den Bildschirm des Tablets teilen, nutze ich die Funktion «Present with Screen Share». Dafür benötige ich die Remarkable-App auf dem Zielgerät. Das Teilen läuft problemlos und ich kann währenddessen Texte markieren, Notizen machen und sie konvertieren. Dabei bemerke ich kaum eine Verzögerung. Hier eine Demonstration des Bildschirm-Teilens inklusive Notizen konvertieren:

Neben der App gibt es auch zwei Add-ins. Zum einen für den Google Browser Chrome. Mit dieser kann ich Webseiten als PDF an das Remarkable Paper Pro senden und sie dort lesen und bearbeiten.

Das zweite Add-in ist für Microsoft Office 365. Damit kann ich Texte und Präsentationen direkt als PDF auf das Remarkable Paper Pro laden.

Dank Chrome-Add-in lade ich Webseiten-Artikel direkt auf das Paper Pro.
Dank Chrome-Add-in lade ich Webseiten-Artikel direkt auf das Paper Pro.
Quelle: Michelle Brändle

Zuletzt gibt es drei Integrationen, über die ich Dateien auf das Tablet lade: Google Drive, Microsoft OneDrive und Dropbox. Von dort kann ich Dateien direkt auf das Remarkable Paper Pro laden und bearbeiten.

Abo für Zusatzfunktionen

Einige Funktionen sind nur über ein Abo nutzbar. Für drei Franken oder Euro im Monat bekommst du unbegrenzten Cloud-Speicher und kannst Notizen und PDFs auch über die Apps am Computer oder dem Smartphone weiterbearbeiten. Zudem verlängert sich mit dem Abo die Gerätegarantie von einem auf drei Jahre. 100 Tage ab Registrierung kannst du gratis auf alle Funktionen zugreifen.

Das Abo finde ich unschön. Einzig für den Cloudspeicher macht es Sinn. Die zusätzliche Funktion hätte ich bei einem so teuren Gerät lieber integriert oder per einmaligem App-Kauf dabei. Immerhin: Sie sind nicht zwingend notwendig.

Fazit

hochwertig und durchdacht

Das Remarkable Paper Pro ist bis ins letzte Detail durchdacht. Das Design ist edel und praktisch. Die Grösse eignet sich für Notizen und zum Anzeigen von PDFs. Ich schreibe gerne auf dem E-Ink-Tablet dank angenehmer Haptik von Stift und Tabletoberfläche. Der Stift liegt zudem gut in der Hand und reagiert auf Druck und Neigung.

Funktionen wie das Umwandeln meiner Handschrift in Text und das Teilen des Bildschirms auf ein externes Gerät laufen rasch und zuverlässig. Die Farbdarstellung dient als gute Unterstützung beim Einfärben von Skizzen oder dem Markieren von Texten. Allerdings darfst du wie bei jedem E-Ink-Tablet keine knalligen Farben erwarten.

Der Preis für das Paper Pro ist mit 650 Franken oder Euro (UVP) hoch angesetzt und für einige Funktionen brauchst du zusätzlich ein Abo. Möchtest du ohne Ablenkung und dennoch hybrid arbeiten, ist das Remarkable Paper Pro eine Überlegung wert. Kannst du bei der Reaktionszeit des Geräts mehr Geduld aufbringen und benötigst weder Farbdisplay noch Hintergrundbeleuchtung, kannst du auf das günstigere Remarkable 2 zurückgreifen.

Pro

  • super für digitale Notizen
  • Farbdisplay für Markierungen und Skizzen
  • praktische Apps und Add-ins
  • Funktion fürs Bildschirmteilen
  • simple Benutzeroberfläche

Contra

  • teuer
  • Abo für mehr Funktionen (nicht notwendig)
  • Software nur in Englisch
  • rasche Abnutzung der Stiftspitze
Titelbild: Michelle Brändle

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Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los. 


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