Shutterstock
News & Trends

DeepSeek: Chinesisches KI-Modell lässt die Wall Street zittern

Die Aktien von Nvidia und anderen Tech-Firmen haben massiv an Wert verloren. Grund dafür ist DeepSeek. Das KI-Modell aus China zeigt, wie zerbrechlich die Vorherrschaft der USA ist.

Das chinesische Start-up DeepSeek ist erst zwei Jahre alt. Doch seine neue KI-App schoss übers Wochenende auf Platz 1 im Apple App Store – und überrascht mit einer Performance, die anscheinend sogar etablierte Modelle von OpenAI, Meta und Google übertrifft.

  • Hintergrund

    7 Fragen und Antworten zu DeepSeek

    von Samuel Buchmann

Damit stellt DeepSeek quasi aus dem Nichts die US-amerikanische KI-Vorherrschaft in Frage. In der Folge befinden sich die Aktien der grossen Tech-Konzerne im Sinkflug. Der Nasdaq-Index fiel zeitweise um bis zu fünf Prozent, was für einen Tag extrem viel ist. Nvidia verlor gar bis zu 18 Prozent.

Top-Leistung mit einem Bruchteil des Aufwands

Seit dem Start des KI-Hypes Anfang 2022 steckten Investoren insgesamt 15 Billionen (15 000 Milliarden) US-Dollar in die Nasdaq-Firmen. Ein grosser Teil der hohen Bewertungen basiert auf der Hoffnung, dass KI-Modelle in Zukunft zum lukrativen Geschäftsmodell werden. Die realen Gewinne von Google, Microsoft und Co. sind zwar ebenfalls gestiegen – aber viel weniger stark als die Aktienkurse. Entsprechend empfindlich reagiert die Wall Street auf Zeichen der Schwäche oder unerwartete Konkurrenz.

  • Meinung

    Die KI-Blase

    von Samuel Buchmann

Zu letzterer gehört DeepSeek. Was die Analysten am neuen KI-Modell am meisten schockiert: Entwicklung, Training und Betrieb sind anscheinend massiv günstiger als bei marktführenden Unternehmen wie OpenAI. Vereinfacht gesagt sieht es danach aus, als ob das chinesische Start-up mit einem Bruchteil des Aufwands eine vergleichbare Leistung erzielt.

DeepSeek R1 soll in vielen Benchmarks mit den marktführenden Modellen mithalten.
DeepSeek R1 soll in vielen Benchmarks mit den marktführenden Modellen mithalten.
Quelle: DeepSeek

Laut eigenen Angaben des Unternehmens kostete die Entwicklung des neuen KI-Modells DeepSeek R1 umgerechnet weniger als sechs Millionen US-Dollar. OpenAI gab für die Entwicklung von GPT-4o Berichten zufolge rund 100 Millionen US-Dollar aus. Das Training dauerte bei DeepSeek bloss 2,78 Millionen GPU-Stunden. Llama 3.1, das vergleichbare Modell von Meta, brauchte 30,8 Millionen GPU-Stunden.

Damit nicht genug: Die US-Modelle benötigen die neuesten GPUs von Nvidia, die sich Gründer und CEO Jensen Huang im Gegenzug förmlich vergolden lässt. Da er sie nicht nach China exportieren darf, verkauft Nvidia dort bloss ältere Beschleuniger. DeepSeek ist es aber dank effizienteren Algorithmen offenbar gelungen, auch damit ein leistungsfähiges Modell zu trainieren und zu betreiben – zu einem deutlich tieferen Preis. Wobei die Server wegen des unerwartet hohen Traffics aktuell am Limit laufen.

Zweifel an der politischen Neutralität

DeepSeek R1 ist Open Source. OpenAI-CEO Sam Altman wirft dem chinesischen Start-up auf X durch die Blume vor, ChatGPT zu kopieren: «Es ist einfach, etwas zu kopieren, von dem man weiss, dass es funktioniert.» Allerdings handelt es sich bei ChatGPT nicht um ein Open-Source-Modell, das sich einfach kopieren liesse. Vielmehr scheint sich DeepSeek die Architektur abzuschauen, das Modell mit GPT-Outputs zu trainieren und darauf aufzubauen.

Wie auch bei anderen KI-Modellen gibt es bei DeepSeek Zweifel an der politischen Neutralität. Die KI blockt zum Beispiel Anfragen zum Tian’anmen-Platz, Taiwan oder Tibet. Der Bot weigert sich auch, detaillierte Antworten auf Fragen zum chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu geben – während er bei anderen politischen Persönlichkeiten dazu in der Lage ist.

Update 28.01.2025: Mittlerweile läuft DeepSeek wieder stabil und beantwortet nach scheinbar zufälligem Muster manchmal auch Fragen zu Themen, welche in China politisch heikel sind. Der Bot vertritt dabei aber ziemlich eindeutige Ansichten. Hier ein Bespiel:

Screenshot aus einem Chat mit DeepSeek.
Screenshot aus einem Chat mit DeepSeek.
Quelle: Samuel Buchmann

Ausführlich über das Thema reden wir in der aktuellen Tech-telmechtel-Folge

Titelbild: Shutterstock

208 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • News & Trends

    Die neue Generation Mähroboter setzt auf KI

    von Stephan Lamprecht

  • News & Trends

    Digits: Das ist Nvidias KI-Supercomputer für zu Hause

    von Jan Johannsen

  • News & Trends

    Neuigkeiten aus dem Hause Hue: KI-Assistent und Lampen-Sync mit LG-TVs

    von Debora Pape

Kommentare

Avatar