Die Nikon Z f: eine Schönheit mit Ecken und Kanten
Produkttest

Die Nikon Z f: eine Schönheit mit Ecken und Kanten

David Lee
23/11/2023

Die Nikon Z f sieht alt aus. Aber nur im wörtlichen Sinn. Sie versprüht den Charme einer analogen Kamera und kommt mit moderner Technik. Das ist attraktiv, bringt aber gewöhnungsbedürftige Eigenheiten in der Bedienung mit sich.

Retro-Kameras sind prinzipiell widersprüchlich. Sie geben sich altmodisch, sind aber modern. Im Falle der Nikon Z f ist das besonders ausgeprägt. Äusserlich ist sie der Nikon FM2 aus dem Jahr 1982 nachempfunden. Die FM2 ist nicht bloss analog, sie kommt sogar ohne Strom aus: Es ist eine mechanische Kamera. Lediglich der Belichtungsmesser benötigt eine Batterie, aber die Kamera funktioniert auch ohne ihn.

Die Nikon Z f ist das Gegenteil. Ohne Strom kannst du nicht mal durch den Sucher gucken. In der Z f steckt viel Rechenpower und sogar «Künstliche Intelligenz». Diese Mischung – aussen klassisch, innen modern – klingt grossartig. Sie hat aber ihre Tücken bei der Bedienung.

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40 mm, 24.50 Mpx, Vollformat

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Kamera
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Design: schön anzusehen

Eine Schönheit ist die Nikon Z f fraglos. Eine der schönsten Kameras, die ich je in Händen hatte. Lass dich nicht von den Staubfusseln auf den Bildern abschrecken: Die siehst du in der Realität kaum. Trotz der vielen zusätzlichen Bedienelemente im Vergleich zur FM2 wirkt die Z f elegant. Das Einzige, was mich optisch etwas stört: Der eingeklappte Bildschirm ist nicht bündig mit dem Rest der Rückseite.

Der Retro-Look der Nikon Z f ist gelungen.
Der Retro-Look der Nikon Z f ist gelungen.
Quelle: David Lee

Wie bei Kameras von anno dazumal üblich, fehlt ein richtiger Handgriff. Die Z f wiegt ohne Objektiv gut 700 Gramm, etwas mehr Grip wäre wünschenswert. Nikon bietet einen passenden Griff separat oder zusammen mit der Kamera an. Ich habe ihn nicht ausprobiert, empfehle ihn aber aufgrund der Erfahrungen ohne Griff trotzdem.

Bedienung: schwieriger Spagat

Die Rückseite der Kamera sieht aus wie jede andere Kamera der heutigen Zeit, hier gibt es keine Unterschiede in der Bedienung. Ganz anders die Oberseite.

Das Rad, mit dem die Verschlusszeit gewählt wird, gibt es so ähnlich auch bei der FM2. Es hat mehr Einträge, unter anderem weil die Z f ein breiteres Spektrum an Verschlusszeiten bietet. Hier lassen sich nur volle Belichtungsstufen wählen. Für eine feinere Abstufung stelle ich das Rad auf «1/3 Step» und wähle die Verschlusszeit wie üblich am hinteren, unbeschrifteten Drehrad.

1/3 Step bedeutet, dass du die Zeit am hinteren Drehrad wählst. Eine Automatik-Position gibt es am Verschlussrad nicht.
1/3 Step bedeutet, dass du die Zeit am hinteren Drehrad wählst. Eine Automatik-Position gibt es am Verschlussrad nicht.
Quelle: David Lee

Das Verschluss-Drehrad besitzt keine Automatik-Stellung. Stattdessen stelle ich auf Automatik, indem ich links den entsprechenden Modus wähle: In den Modi P, A und Auto wird die Verschlusszeit automatisch von der Kamera bestimmt. So, wie du das von den meisten Kameras kennst. Es ist aber anders, als ich es zum Beispiel von den Retro-Kameras von Fujifilm kenne. Dort braucht es keinen Moduswähler. Die Modi ergeben sich von selbst, indem Blende und Verschlusszeit entweder auf einen bestimmten Wert oder auf Automatik gestellt werden. Ich finde das viel eleganter, aber bei Nikon geht das prinzipiell nicht. Denn Nikon hat schon lange keine Blendenringe mehr an den Objektiven.

Beim ISO-Rad gibt es ebenfalls keine Automatik-Stellung. Es gibt nur «C», was bedeutet, dass die ISO-Werte nicht über das Rad, sondern über’s Menü oder eine benutzerdefinierte Taste eingestellt werden. Die C-Stellung funktioniert also ähnlich wie die Position «1/3 Step» beim Verschlussrad. Das ist zwar vom Konzept her konsequent. Ich finde es allerdings mühsam. Denn wenn ich im C-Modus die ISO auf Automatik stelle, bleibt das auch so, wenn ich am Rad die ISO auf einen bestimmten Wert drehe. Ich muss also wieder zurück auf «C», die Automatik rausnehmen, und dann erst kann ich am Rad den ISO-Wert umstellen.

Das ganze zeigt, wie schwierig der Spagat zwischen modern und vintage ist. Ich kann die Z f ähnlich bedienen wie eine moderne Nikon. Nur verkommen dann die oberen Drehräder zur blossen Dekoration.

Ausstattung: gut mit kleinen Mängeln

Der Bildschirm lässt sich ausklappen und um 180 Grad drehen. Er ist auch bei viel Licht gut lesbar. Angenehm finde ich auch den Sucher. Er ist hell und recht gross; die Auflösung ist mit 3,69 Mio. Bildpunkten durchschnittlich.

Die Nikon Z f hat zwei Kartenslots, was angesichts des schmalen Gehäuses Lob verdient. Allerdings ist einer davon für microSD-Karten. Er eignet sich nicht gut zum häufigen Ein- und Ausstecken, ich sehe ihn eher als Notfall- oder Reservespeicher. Beide Kartenfächer befinden sich auf der Unterseite neben dem Akku. Das ist bei der Arbeit mit einem Stativ eher unpraktisch. Meine Stativplatte kann ich immerhin angeschraubt lassen; das Fach lässt sich trotzdem weit genug öffnen.

Kartenfach auf der Unterseite: Mit der Stativplatte meines Manfrotto-Stativs klappt der Kartenwechsel gerade so knapp.
Kartenfach auf der Unterseite: Mit der Stativplatte meines Manfrotto-Stativs klappt der Kartenwechsel gerade so knapp.
Quelle: David Lee

Ein Novum bei Nikon sind Mehrfachaufnahmen durch Pixel Shifting. Dabei schiesst die Kamera mehrere Aufnahmen und verschiebt jeweils ihren Sensor pixelweise. Diese Einzelbilder werden zu einem rauscharmen oder hochauflösenden Bild zusammengefügt. Dies ist allerdings nicht direkt in der Kamera möglich, sondern es braucht Nikons Software NX Studio. Immerhin ist es dort einfach: NX Studio erkennt selbst, welche Aufnahmen zu einer Pixel-Shift-Reihe gehören.

Die Ergebnisse überzeugen mich nicht. Ohne Stativ sowieso nicht, aber auch mit Stativ treten Farbsäume und seltsame Artefakte auf. Schade, denn gerade bei der mittelmässigen Auflösung der Z f wäre dieses Feature sehr willkommen.

Bei mir klappte das Pixel Shifting nicht. Ohne Stativ sind die Einzelbilder verschoben ...
Bei mir klappte das Pixel Shifting nicht. Ohne Stativ sind die Einzelbilder verschoben ...
Quelle: David Lee
… und auch mit Stativ gibt es hässliche Farbsäume. Beide Bilder zeigen kleine Ausschnitte.
… und auch mit Stativ gibt es hässliche Farbsäume. Beide Bilder zeigen kleine Ausschnitte.
Quelle: David Lee

Gute Bildstabilisierung

Die Nikon Z f hat eine Bildstabilisierung in der Kamera. Gemäss CIPA-Standard gleicht sie acht Belichtungsstufen aus – ein sehr guter Wert. Die technisch in vielen Belangen ähnliche Nikon Z6 II hat beispielsweise nur 5,5 Stufen.

Bei diesen Zahlen handelt es sich um Laborwerte. In meinem fotografischen Alltag kann ich mit dem 40mm-Objektiv bis zu einer halben Sekunde belichten, ohne dass Bewegungsunschärfe entsteht. Auch das ist ein guter Wert. Das folgende Bild ist mit einer halben Sekunde ohne Stativ belichtet.

Der Bildstabilisator ist top. Ohne ihn erfordern solche Aufnahmen ein Stativ.
Der Bildstabilisator ist top. Ohne ihn erfordern solche Aufnahmen ein Stativ.
Quelle: David Lee

Lowlight-Qualitäten bei Autofokus und Sensor

Auch sonst beweist die Nikon Z f Lowlight-Qualitäten. Der rückseitig belichtete Vollformatsensor rauscht wenig. Es ist vermutlich der gleiche wie in der Nikon Z6 II. Für eine kleine Webansicht sind sogar Fotos im fünfstelligen ISO-Bereich brauchbar.

Dies ist eine Aufnahme mit 57 600 ISO.
Dies ist eine Aufnahme mit 57 600 ISO.
Quelle: David Lee

So hohe ISO-Werte sind nur nötig, wenn es fast dunkel ist. Dann funktioniert bei vielen Kameras der Autofokus nicht mehr richtig. Erfreulicherweise ist das bei der Nikon Z f nicht der Fall. Laut Hersteller funktioniert der Autofokus bis –10 Lichtwerte, was ein sehr guter Wert ist. Genau überprüfen kann ich das nicht, aber im oben gezeigten, sehr schwach beleuchteten Clubraum arbeitet der Autofokus der Z f problemlos.

Mit der Kombination aus guter Bildstabilisierung, wenig Rauschen und empfindlichem Autofokus bietet die Nikon Z f ein gutes Gesamtpaket für das Fotografieren bei wenig Licht.

Zuverlässige Augenerkennung

Die Augen- und Gesichtserkennung hat bei mir ebenfalls gut funktioniert. Selbst im Schummerlicht erfasst die Kamera mehrere Augenpaare und ich kann bei Bedarf mit den Pfeiltasten zu einem anderen Auge wechseln. Hier ein kurzer Selbsttest mit Herumgehampel vor der Kamera.

Die Motiverkennung für Sport und Tiere habe ich nicht ausprobiert, dafür eignet sich das 40mm-Testobjektiv nicht.

Video: Standard

Die Videofunktion bietet, was du heute in dieser Klasse erwarten kannst. Wie so oft gibt es bei 4K-Videos eine Zweiteilung. Bei langsamen Wiederholraten bis 30 Frames pro Sekunde (FPS) wird der ganze Sensor ausgelesen. Der Blickwinkel entspricht etwa dem beim Fotografieren. Bei 50 oder 60 FPS dagegen verengt sich der Bildausschnitt auf APS-C oder DX, wie Nikon das nennt.

Wie üblich bei Nikon ist der Video-Modus bezüglich der Einstellungen vom Foto-Modus getrennt. Du kannst zum Beispiel bei Fotos 1/2000 Sekunde und Videos 1/60 Sekunde eingestellt haben. Oder ISO-Automatik bei Fotos und manuell festgelegte ISO bei Videos. Ich finde das sehr praktisch.

Bei der Aufnahme von Videos profitierst du vom starken Bildstabilisator, der guten Augenerkennung sowie dem drehbaren Bildschirm.

Serienbilder und Rolling Shutter

Die Kamera beherrscht Prerelease-Capture, allerdings wie bislang bei allen Nikon-Kameras nur im JPEG-Format. Dies ist eine Funktion, bei der Bilder auch ohne Auslösung im Zwischenspeicher gespeichert werden. So kannst du bis zu einer Sekunde zu spät auf den Auslöser drücken und hast den entscheidenden Moment trotzdem im Kasten. Hierbei schafft die Z f eine Geschwindigkeit von maximal 30 Fotos pro Sekunde – der sogenannte C30-Modus.

Dieser C30-Modus ist der einzige, in dem der elektronische Verschluss verwendet wird. Ansonsten hast du die Wahl zwischen dem rein mechanischen Verschluss und dem Verschluss mit elektronischem ersten Vorhang. Letzterer ist etwas weniger laut und verhindert Verwackler durch den Verschluss.

Der mechanische Verschluss schafft bis zu 14 RAW-Bilder pro Sekunde. Somit sind schnelle Serienfolgen auch ohne elektronischen Verschluss möglich. Mit einer schnellen Speicherkarte hält die Kamera die Geschwindigkeit unendlich lange durch.

Falls doch einmal der elektronische Verschluss zum Einsatz kommt, treten ausgeprägte Rolling-Shutter-Effekte auf. Neben dem C30-Modus ist dies vor allem bei Videos ein Thema.

Der Rolling-Shutter-Effekt beim elektronischen Verschluss (links) ist erheblich. Doch bei der Z f wird fast immer der mechanische Verschluss (rechts) verwendet.
Der Rolling-Shutter-Effekt beim elektronischen Verschluss (links) ist erheblich. Doch bei der Z f wird fast immer der mechanische Verschluss (rechts) verwendet.
Quelle: David Lee

Retro-Feeling: manuell und schwarzweiss

Eine Retro-Kamera kaufst du nicht nur aus rationalen Gründen – es geht auch ums Gefühl. Darum teste ich zum Schluss, ob sich bei mir ein Retro-Feeling einstellt, wenn ich die Kamera wie ein altes Gerät benutze.

Ich fokussiere und belichte manuell. Die ISO lege ich einmal fest und verändere sie nicht mehr – als ob ich einen Film einlegen würde. Ich wähle 800 ISO, ein vielseitiges Mittelding. So etwas wie der 800-Meter-Läufer in der Leichtathletik.

Beim Fotografieren auf diese Art passt mir die Bedienung der Z f. Dass ich am Rad für die Verschlusszeit nur ganze Stufen wählen kann, stört mich nicht. Die Blende sehe ich auf dem kleinen Mini-LCD. Manuelles Fokussieren klappt auch, bloss vergesse ich es zwischendurch, weil ich so an automatisches Fokussieren gewöhnt bin.

Umständlich wird es, wenn ich zwischendurch doch wieder die modernen Annehmlichkeiten nutzen möchte. Dann braucht es eine Reihe von Eingriffen.

Was dafür sehr einfach geht, ist das Umschalten zwischen Farbe und Schwarzweiss. Dort, wo du zwischen Foto und Video hin- und herschaltest, gibt es bei der Z f zusätzlich den Schwarzweiss-Modus. Das ist nichts anderes als ein Foto-Modus, bei dem die Bilder einen Monochrom-Bildstil verpasst bekommen. Vielleicht hältst du das für ein überflüssiges Gimmick. Doch eigentlich sind die monochromen Bildstile, die Nikon seit vielen Jahren mitliefert, ziemlich cool. Ich benutze sie aber normalerweise nie, weil sie in den Tiefen der Kamera versteckt sind.

Der Schwarzweiss-Modus ist ein guter Anlass, um auf andere Ideen zu kommen.
Der Schwarzweiss-Modus ist ein guter Anlass, um auf andere Ideen zu kommen.
Quelle: David Lee

Es gibt drei monochrome Bildstile, die vielfältig angepasst werden können. Helligkeit, Kontrast, Klarheit und «mittelfeine Strukturen scharfzeichnen» stehen zur Wahl. Dazu lassen sich Farbfilter (Gelb, Orange, Rot und Grün) anwenden.

  • Ratgeber

    Foto-Kurztipp: Clever in Schwarzweiss umwandeln

    von David Lee

Selbstverständlich kannst du jedes Farbfoto nachträglich in ein Schwarzweiss-Foto umwandeln. Dabei bleibst du flexibel, während du dich mit dem Schwarzweiss-Modus in der Kamera festlegst. Es macht aber einen grossen Unterschied, ob du schon durch den Sucher die Schwarzweissbilder siehst. Du erkennst geeignete Motive besser.

In Lightroom sehen die konvertierten RAW-Bilder nie gleich aus wie die JPEGs. Im Nikon-eigenen Konverter NX Studio hingegen schon. Falls du also die Schwarzweissfotos der Kamera als Ausgangslage für weitere Bearbeitungen nehmen willst, ist das kostenlose NX Studio mal einen Blick wert.

Fazit: gut im schlechten Licht

Die Leistung der Nikon Z f ist solide. Ich sehe sie vor allem als stilvolle Kamera für den Einsatz bei wenig Licht. Mit dem guten Bildstabilisator, dem geringen Rauschen und dem zuverlässigen Autofokus spielt sie dort ihre wichtigsten Stärken aus. Alles andere kann sie zwar auch, sticht dabei aber nicht heraus.

Bei einer Retro-Kamera geht es aber nicht bloss um Leistung, sondern auch um Stil. Rein äusserlich wird die Z f dem Anspruch gerecht: Sie ist ein Schmuckstück. Und die altmodische Nutzung funktioniert auch.

Für den modernen Einsatz bringt das Retro-Design aber einige Nachteile mit sich. Ohne zusätzlichen Handgriff bietet die Kamera wenig Halt. Die Speicherkarten lassen sich nicht seitlich einstecken, sondern es muss das Akkufach unten geöffnet werden. Aufgrund der fehlenden Blendenringe der Nikon-Objektive ist zudem ein Modusschalter nötig, was die Komplexität erhöht und für Verwirrung sorgen kann. Ärgerlich finde ich, dass das ISO-Rad kein Umschalten von manuell auf automatisch ermöglicht.

Bist du ein grosser Retro-Fan, kannst du mit diesen Einschränkungen sicherlich leben, denn es sind Details. Andernfalls wäre die Nikon Z6 II eine Alternative – oder du wartest auf die Z6 III.

Titelbild: David Lee

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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