Ende des Streiks in Hollywood? Autorengilde einigt sich mit Studiobossen
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Ende des Streiks in Hollywood? Autorengilde einigt sich mit Studiobossen

Luca Fontana
25/9/2023

Vor 140 Tagen traten Autorinnen und Autoren in den Streik, um für bessere Arbeitskonditionen zu kämpfen. Seitdem liegt Hollywood lahm. Nun könnte eine vergangene Nacht erzielte vorläufige Einigung den Streik schon bald beenden.

Es scheint, als sei das Licht am Ende des Tunnels in greifbarer Nähe. Zumindest für Hollywoods Autorengilde, die sich seit Anfang Mai im Streik befindet. Dies, nachdem wochenlange Verhandlungen mit den grossen Studios über bessere Arbeitsbedingungen gescheitert waren.

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Nun könnte der Streik bald zu Ende sein. Das geht aus einer E-Mail hervor, die sämtliche Gewerkschaftsmitglieder heute Morgen erhalten haben. Darin verkündet die Führung der Writers Guild of America (WGA), dass endlich eine vorläufige Einigung mit Hollywoods Studiobossen erzielt werden konnte:

Wir können mit grossem Stolz sagen, dass dies ein aussergewöhnliches Abkommen ist – mit bedeutenden Errungenschaften und Schutz für Autorinnen und Autoren in jedem Bereich der Mitgliedschaft.
25. September, WGA-Verhandlungskomitee in einer E-Mail.

Über Einzelheiten der Vereinbarung ist noch nichts bekannt. Die WGA will diese erst preisgeben, sobald der genaue Wortlaut fertiggestellt ist. Danach werden die Autorinnen und Autoren über die Annahme des Abkommens abstimmen. Wird der neue Vertrag angenommen, kann der Streik per sofort aufgehoben werden. Dies könnte bereits am kommenden Dienstag der Fall sein, so die Führungsriege der WGA in der E-Mail.

Erfolgreiche Marathon-Verhandlungen nach Marathon-Streik

Schon vergangenen Mittwoch berichteten branchennahe Medien wie Deadline über neu aufgenommene Gespräche. Zuvor herrschte monatelange Funkstille zwischen der Gewerkschaft und Hollywoods Studiobossen. Streitpunkt war vor allem das explodierende Wachstum der Streaming-Dienste im letzten Jahrzehnt. Damit würden bisher funktionierende Vergütungspakete für Schreibende nicht mehr greifen, so die Writers Guild. Denn wenn Filme oder Serien im linearen Fernsehen wiederholt werden, bekommen Autorinnen und Autoren ein sogenanntes Resthonorar dafür. Diese Wiederholungen, und damit die Resthonorare, verschwinden in Zeiten des Streamings zunehmend.

Dazu kommt die veränderte Nachfrage bei Serienformaten auf Streaming-Plattformen. Wo früher eine Staffel in der Regel 20 Episoden oder mehr umfasste, tendieren Netflix und Co. zu Staffeln mit zehn oder sogar weniger Episoden. Da Schreibende nicht pro Staffel, sondern pro Episode bezahlt werden, führt das zu einem geringeren Einkommen.

Zu guter Letzt forderte die Gilde, dass im Angesicht der sich rasch weiterentwickelnden künstlichen Intelligenzen neue Standards für deren Einsatz festgelegt werden. Die Befürchtung, dass Chatbots wie Chat GPT und Co. bald zur Konkurrenz werden, steht im Raum.

Wie geht’s in Hollywood weiter?

Das kurz bevorstehende Ende des Streiks der Autorenschaft sorgt zumindest für etwas wiederkehrende Normalität in Hollywood. Zumindest dürfen wieder Drehbücher für Filme und Serien, aber auch für TV-Formate wie die in den USA äusserst beliebten Late-Night-Shows, die auf tagesaktuelle Texte von Autorinnen und Autoren setzen, geschrieben werden.

Gänzlich verschwunden sind die Sorgenfalten der Studiobosse aber noch nicht. Schliesslich befindet sich noch eine andere, wichtige Gewerkschaft im Streik: jene der Schauspielerinnen und Schauspieler (SAG). Solange dieser nicht ebenfalls endet, steht Hollywood weiterhin still.

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Trotzdem darf die Einigung zwischen den Schreibenden und Hollywoods führenden Studios als positives Zeichen betrachtet werden. Zwar ist nicht bekannt, welche Partei zuerst die Wiederaufnahme der Gespräche suchte – nur, dass der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom eine wichtige Rolle bei der Mediation gespielt haben will. Aber die befürchtete Zermürbungstaktik, mit der Hollywood seine Autorenschaft finanziell ausbluten lassen und so zurück an den Verhandlungstisch zwingen wollte, kam offenbar nicht zu tragen.

Zudem könnte der neue Gesamtarbeitsvertrag der Autorenschaft als eine Art Blaupause für die Schauspielenden fungieren, da beide Gewerkschaften ähnliche Anliegen haben. Nicht nur leiden auch Schauspielerinnen und Schauspieler unter den wegfallenden Resthonoraren aus Wiederholungen, die in Zeiten von wachsenden Streamingdiensten immer weniger werden. Schauspielende fürchten auch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Bereits heute werden mittels KI Gesichter von Stars digital kopiert oder verjüngt und teilweise sogar auf Körpern von anderen Menschen gesetzt. Mit der rasanten Entwicklung von Deep Fakes, Sprachgeneratoren und anderen KI-Werkzeugen fürchtet die SAG, dass ihre Mitglieder komplett ersetzt werden. Sie fordert darum eine adäquate Regulierung und eine faire Entschädigung, wenn Film- und Serienproduktionen das digitale Abbild ihrer Stars verwenden.

Ein Ende des Arbeitsstopps in Hollywood steht also noch aus. Aber die Hoffnungen, dass die Krise bald überstanden ist, befinden sich im Aufwind.

Titelbild: Keystone-SDA / John Angelillo

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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