«Enshrouded» hat das Potential zum ganz grossen Survival-Hit
24/1/2024
Survival-Spiele im Early Access gibt es wie Sand am Meer. «Enshrouded» sticht mit einem vielseitigen Bausystem und einer faszinierenden Welt aus der Masse hervor.
«Valheim» hat mich und meine Kumpels zu Survival-Fans bekehrt. Seither sind wir immer auf der Suche nach dem nächsten grossen Abenteuer, um gemeinsam eine Welt zu erkunden und eine ausufernde Basis zu errichten. «Enshrouded» bietet genau das. Ich habe das PC-Spiel vor dem Early-Access-Launch ausprobiert.
«Enshrouded» vom deutschen Studio Keen Games sieht auf dem Papier wie jedes beliebige kooperative Survival-Spiel mit Baumechanik aus. Davon gibt es auf Steam Hunderte, wenn nicht mehr. Der Genre-Mix befindet sich im Aufwind und «Enshrouded» könnte besonders hochfliegen. Die drei Kernelemente bestehen auch hier aus dem Erkunden einer offenen Spielwelt, einem Crafting- und Bausystem und Kämpfen. Das Ganze kann ich alleine oder mit anderen auf Servern für bis zu 16 Personen erleben.
Bauen ist das Herzstück
Ich übernehme die Rolle des Flameborn, der letzten Hoffnung eines sterbenden Volkes. Meine Vorfahren haben eine alles vernichtende Seuche, den titelgebenden Shroud, im Reich Embervale freigesetzt. Nun liegt es an mir, sie in ihre Schranken zu verweisen. Klassisch starte ich mit nicht viel mehr als einem Lendenschurz. Nachdem ich ein paar Steine und Äste gesammelt habe, kann ich einen Flammenaltar errichten. Dieser bildet den Grundstein meiner Basis, in dessen Einflussbereich ich Gebäude bauen kann. Das Bausystem ist das herausragendste Merkmal von «Enshrouded». Die hauseigene Holistic Engine basiert auf Voxel. Im Gegensatz zu zweidimensionalen Pixeln oder Polygonen, lassen Voxel den Entwicklern zufolge mehr Kreativität beim Bauen zu. Ich kenne Voxel primär aus dem 25 Jahre alten «Outcast», bin aber seither grosser Fan davon.
Innert kürzester Zeit mauere ich mein erstes schmuckes Steinhäusschen. Das System erinnert mich stark an «Valheim» nur in hübscher und flexibler. Die Auswahl an Bauelementen wächst rasant und reicht von ganzen Wand- oder Dachelementen zu einzelnen Steinen, wie man sie aus «Minecraft» kennt. Selbst absolute Bauprimaten wie ich, stampfen im Nullkommanichts prachtvolle Bauten aus dem Boden. Die Beta-Phase hat bereits eindrücklich gezeigt, was talentiertere Baumeisterinnen kreieren können. Da gibt es von gemütlichen Hobbithöhlen bis zu imposanten Burgen alles.
Zum Bauen gehört das Crafting. Auch hier schalte ich in wenigen Stunden zahlreiche Rezepte frei. Entweder indem ich neue Ressourcen finde oder NPCs wie Balthazar den Alchemisten oder Oswald den Schmied befreie und in meine Basis hole. Sie leisten mir Gesellschaft, bis beim offiziellen Launch hoffentlich meine Freunde den Server bevölkern werden.
Da ich mit «Palworld» gleichzeitig ein weiteres Survival-Spiel zocke, vermisse ich, dass beim Craften nicht automatisch alle in der Basis verfügbaren Ressourcen verwendet werden. Das Mikromanagement der verschiedenen Ressourcen, die auf reihenweise Kisten verteilt sind, finde ich das Umständlichste an solchen Spielen.
Eine handgemachte Welt
Die Welt ist nicht prozedural generiert wie bei den meisten Genre-Konkurrenten. Embervale sieht somit für alle gleich aus. Das sollte für eine lebendigere und organischere Welt sorgen. Von dem, was ich bisher gesehen habe – die Welt ist gigantisch – trifft das voll und ganz zu. Auf der Karte sind einige wichtige Orte markiert, sei es, weil ich eine Quest zu erledigen habe oder weil ich irgendwo einen Hinweis dafür entdeckt habe. Alternativ lasse ich meinen Blick über die weitläufige Landschaft schweifen und reise dorthin, wo das Abenteuer ruft.
Visuell gibt «Enshrouded» einiges her. Zwar sieht es anfänglich mit der Fantasy-Mittelalterspiele typischen grün-braunen Farbpalette eintönig aus. Die tollen Lichteffekte, besonders bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang, transformieren die Landschaft in eine ganz andere Welt. Auch die vielen verlassenen Burg- oder Häuserruinen laden zum Entdecken ein. Und die schlecht beleuchteten Dungeons, die oft tief unter die Erde reichen, dürfen auf keiner Rundreise fehlen. Wo ich hinkomme, immer sehe ich am Horizont etwas Neues, das ich mir anschauen will.
Und dann ist da noch der Shroud. Dieser unheimliche, blaue Nebel, der ganze Landstriche umhüllt. Darin kann ich mich nur wenige Minuten aufhalten, bevor mir die giftige Luft den Rest gibt. Durch die schlechte Sichtweite passiert es schnell, dass ich mich verlaufe. Wenn ich mich dann noch in eine der weitläufigen Minen vorwage, sind besonders gute Navigationsskills gefragt. Mehr als einmal hat mich ein falscher Schritt in einen Lavasee geschickt. Bis ich meine Leiche mit meiner gesamten Beute wieder gefunden habe, hat es ein Weilchen gedauert. Und genau in dem Moment sind riesige Käfer aufgetaucht, die mich gleich wieder in die Lava geschubst haben.
Gefährlicher als die Vierbeiner sind zombieartige Kreaturen, die im Shroud Jagd auf mich machen. Damit ich sie und die tickende Uhr nicht gleichzeitig im Auge behalten muss, peile ich die Wurzel der blauen Seuche an. Die entspringt einem roten, baumartigen Gewächs. Sobald es gefällt ist, lichtet sich der Nebel und die Monster müssen sich vor mir verstecken.
Beim Erkunden habe ich zwei nützliche Werkzeuge – die ich erst craften muss. Zum einen den Enterhaken, mit dem ich mich an dafür vorgesehenen Stellen hochziehen oder über Abgründe schwingen kann. Zum anderen den Gleiter, der seit «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» in jedes Openworld-Spiel gehört. Damit überquere ich in Windeseile grössere Strecken.
Mehr Freiheit und Zusammenarbeit beim Kämpfen
Was wäre ein Survival-Spiel ohne Kampfsystem? Neben dem üblichen Schwert- und Bogenkampf gibt es in «Enshrouded» auch Magie. Die wird mit Zauberstäben gewirkt, die wie Bögen mit Munition wie Eis oder Feuer ausgerüstet werden müssen. Weiter individualisieren kann ich mich mit dem Skilltree. Damit kann ich mich zum Heiler, Bogenschützen, Magier oder einer beliebigen Kombination daraus skillen. Ich schlage den Weg des Beastmaster ein. Fortan erhalte ich im Kampf Unterstützung von in der Nähe befindlichen Fauna. Dazu beherrsche ich den Sprungangriff des Barbars – in jedem Spiel eine meiner bevorzugten Fähigkeiten. Der Skilltree ist überschaubar, dennoch freue ich mich auf das Zusammenspiel der Klassen beim Koop-Spielen.
Anfangs erfordern die Kämpfe gegen Banditen, Tiere und Monster nicht viel Geschick. Im richtigen Moment den Schild hochreissen, reicht meist, um Gegner zu betäuben und sie mit ein paar weiteren Schlägen unschädlich zu machen. Auch der erste Boss ist mit genug Pfeilen und der einen oder anderen Hechtrolle schnell besiegt. Aber die Welt hält zweifellos noch grössere Herausforderungen bereit, wenn ich mir die Trailer anschaue.
Um mich darauf vorzubereiten, braue ich fleissig Tränke, schmiede Waffen und Rüstungen. Auch in Truhen und bei erledigten Gegner finde ich regelmässig nützliche Gegenstände. Und das erst noch in verschiedenen Seltenheitsgraden, was meinen Sammeltrieb noch mehr verstärkt. Mein legendäres Flammenschwert habe ich beim Schmied gegen das entsprechende Entgelt bereits auf die maximale Stufe verbessert.
Fühlt sich schon jetzt komplett an
Keen Games hat eine tolle Mischung aus aufregender Spielwelt, komplexem Bausystem und flexiblem Skillsystem geschaffen. Ich weiss schon jetzt, dass ich Stunden damit verbringen werde, völlig unpraktische, aber kolossale Burgen zu errichten. Daneben steht mir die massive, von Hand designte Welt zum Erkunden offen. Schon in den ersten Stunden hat sie mich komplett hineingezogen.
Obwohl sich das Spiel noch im Early Access befindet und mindestens ein Jahr diesen Status tragen wird, wirkt es komplett. Dennoch bin ich gespannt, was sich Keen Games noch alles ausdenken wird. Ich habe erst an der Oberfläche von «Enshrouded» gekratzt und kann es nicht abwarten, mich weiter ins Abenteuer zu stürzen.
«Enshrouded» ist verfügbar für PC und wurde mir von Keen Games zur Verfügung gestellt. Altersfreigabe: USK/Pegi 12.
Philipp Rüegg
Senior Editor
Philipp.Rueegg@digitecgalaxus.chAls Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.