
Fast eine halbe Million Spieler: Was zur Hölle ist das Indie-Game «Schedule I»?
«Schedule I» ist erst seit einer Woche auf Steam zu haben und zieht jetzt schon hunderttausende Spielerinnen und Spieler an. Was steckt hinter dem Indie-Titel?
Das neue Indie-Game «Schedule I» erzielt Spielerzahlen, von denen selbst die meisten Triple-A-Studios träumen: 414 000 Spielerinnen und Spieler waren am Sonntag gleichzeitig im Game aktiv. Damit steht «Schedule I» im Moment auf Platz vier der Steam-Charts – hinter den Dauerbrennern «Counter-Strike 2», «PUBG» und «Dota 2». In den Verkaufscharts liegt es gar auf Platz 1.
Das Game erschien am 24. März auf Steam als Early-Access-Titel. Auch die Bewertungen sprechen Bände: Von aktuell rund 30 000 Bewertungen sind 98 Prozent positiv – das sind Traumwerte.
Um was geht’s in «Schedule I»?
«Schedule I» ist nichts für Menschen, die virtuelle Verbrechen ablehnen: Du baust in der fiktiven Stadt Hyland (high-Land? – Pun sicherlich intended) ein Drogenimperium auf. Beginnend als mittelloser Straßengangster kaufst du dir von geliehenen 300 Dollar eine Grow Box für deine erste Cannabis-Pflanze. Die Samen dafür bestellst du über dein ingame-Smartphone. Dein Kontakt legt sie in einem Versteck ab, die Bezahlung erfolgt in bar ebenfalls über einen toten Briefkasten. Damit ist die Grundlage für dein Business gelegt.
Ist die Pflanze ausgewachsen, benötigst du einen Packtisch und Plastiktütchen, um das geerntete Marihuana zu verpacken. Danach kannst du es über die «Produkte»-App auf deinem ingame-Smartphone anbieten. Per Textnachricht verhandelst du mit deinen Kunden die Preise und den Übergabezeitpunkt. Neue Kunden gewinnst du durch das Verteilen von kostenlosen Müsterchen.

Nach kurzer Zeit vergrößert du dein Geschäft und stellst Dealer an, die das zeitraubende Verkaufen für dich übernehmen. Außerdem bekommst du Zugriff auf neue Pflanzenarten und später auch auf härtere Drogen.
Der Begriff «Schedule I» wird übrigens von der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA verwendet und bezeichnet Substanzen, die als besonders gefährlich gelten. Dazu gehören neben Marihuana auch LSD und Heroin.
Was steckt hinter dem Spiel?
Entwickler und Publisher des Games ist «TVGS». Das steht für «Tyler's Video Game Studio» und deutet an, dass «Schedule I» eine One-Man-Show ist. Tyler lebt in Sydney, Australien. Die Credits weisen ein dreiköpfiges Team aus: Tyler, seinen Kumpel «Kaesul» (Soundtrack) und «Cody To», der die in der Stadt verteilten Graffitis gestaltete. Die beiden sind zusammen mit fünf weiteren Personen als Voice Actors gelistet – und das ist alles.
Im August 2024 kündigte Tyler sein Spiel erstmals auf Reddit als Open-World-Koop-Game an und veröffentlichte dazu einen Trailer. Er habe in den letzten Jahren allein daran gearbeitet. Der Post bekam bis heute nur 414 Upvotes.
Am 10. Dezember veröffentlichte TVGS die Demo mit dem passenden Namen «Free Sample». Sie erreichte laut SteamDB bis in den späten Januar hinein meist nur zweistellige Spielerzahlen. Ab Februar wurden die Zahlen solide dreistellig und seit März explodieren sie: Am 9. März waren bereits mehr als 30 000 Menschen süchtig nach der Demoversion – und das noch vor Erscheinen der Vollversion. Die Demo ist noch immer spielbar. Sie bietet Zugang zu einem begrenzten Stadtgebiet und gibt dir einen ersten Eindruck vom Spiel.

Der Erfolg der Demo erklärt, warum «Schedule I» nach dem Launch bereits mit 68 000 gleichzeitigen Spielerinnen und Spielern einstieg. Seitdem wachsen die Zahlen stetig weiter.
Vor sieben Monaten stellte Tyler auf Reddit in Aussicht, sein Spiel auch auf Xbox und Playstation zu veröffentlichen – «falls das Spiel auf Steam gut genug ankommt». Das dürfte definitiv der Fall sein. Auf die Frage eines Users, wie er sich mit dem immensen Erfolg fühle, antwortete Tyler, dass er ziemlich überwältigt sei und einen solchen Erfolg niemals erwartet habe. Im Moment versuche er, schnellstmöglich Patches zu veröffentlichen. Danach sind Content-Updates geplant.
Laut dem Magazin App2Top könnte das Game bisher einen Umsatz von neun bis 62 Millionen US-Dollar generiert haben. Die breite Spanne ergibt sich daraus, dass das Spiel in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich viel Geld kostet.
«GTA» für Drogendealer – mit rudimentärer Grafik
«Schedule I» ist kein einfacher Anbau- und Einpack-Simulator, der im Grunde aus Mini-Games besteht. Trotz der einfach gehaltenen (laut Kollege Phil «augenkrebserregenden») Grafik kommen hier «GTA»-Vibes auf: In der offenen Spielwelt von Hyland laufen Menschen herum, hin und wieder fahren Autos vorbei und Polizeistreifen drehen ihre Runden. Wirst du beim Dealen oder mit Drogen in der Tasche erwischt, gibt’s Ärger. Die Stadt ist zwar dünn besiedelt, aber detailliert designt.

Es gibt zahlreiche Geschäfte, von denen du manche selbst kaufen kannst. Du erkundest Hyland mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln und – wie das im Drogen-Business so ist – musst dich später mit Gewalt auseinandersetzen. Mit als Fahrzeug dabei ist laut Reveal Trailer auch das berüchtigte Wohnmobil aus der Serie «Breaking Bad». Wie auch in «GTA» findest du witzige Produktabwandlungen im Spiel, zum Beispiel die Getränkemarke «Cuke» statt «Coke».

Ich habe die Demo ausprobiert und war überrascht, wie gut das Spiel funktioniert und wie ausgereift es ist. Für ein Ein-Mann-Projekt ist das durchaus eine Leistung. Die Beliebtheit des Spiels erklärt sich durch den einfachen Mechanismus und die gute Zugänglichkeit. Im Multiplayer mit bis zu vier Teilnehmern soll «Schedule I» zudem besonders viel Spaß machen.

Ein thematisch ähnliches Spiel ist «Drug Dealer Simulator». Es hat dank Unreal Engine eine deutlich bessere Grafik, konnte aber auch zu Spitzenzeiten kurz nach Release 2020 nicht mehr als rund 7500 Gamer anziehen.
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Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.