
Ratgeber
Scharf auf Chili? Jetzt schnell aussäen!
von Darina Schweizer
Frische Erde für Zimmerpflanzen bringt frische Trauermücken ins Haus. Doch damit ist nun Schluss – das Spiel ist dank Backofen und Mikrowelle aus.
Endlich sind sie alle hin und meine «Zimmerpflanzen» geschützt. Ich habe eine Heerschar tanzender Trauermücken in ein Trauerspiel verwandelt. Einen Teil davon ist im Backofen eingegangen. Die anderen wurden in der Mikrowelle dahingerafft. Ihre Nachzucht ist ebenso hin. Ausserdem ist die Erde somit auch frei von anderen intakten Pilzen, Viren und Getier.
Aber was ist geschehen, um was gehts überhaupt? Kurzversion: Ich habe im Gartenfachmarkt Zitruspflanzenerde von Ricoter gekauft. Diese Erde kaufe ich bereits über ein Jahrzehnt regelmässig. Sie ist mit ihrem pH-Wert von ca. 6,5 genau, was ich brauche. Nur ist sie seit letztem Jahr übermässig mit Trauermücken und ihren Larven befallen, was zu Problemen führen kann.
Trauermücken (Sciaridae) können je nach Art bis sieben Millimeter lang werden. Im Gegensatz zu Stechmücken ernähren sie sich nicht von Blut. Die Mücken nehmen nur Flüssigkeit auf. Ihre Larven ernähren sich meistens von Laub, Rinde, Totholz oder Pilzen. Manche Larven bestimmter Arten fressen jedoch auch die Pflanzenwurzeln – da stoppt dann die Sympathie gegenüber den tänzelnd-fliegenden Mikroadlern. Mein geliebtes Grün ist bedroht.
Wegen eines zu hohen Erdbefalls musste ich meine bisherige Mücken-Stopp-Methode erweitern. Bisher habe ich mit einer Schutzschranke aus Vogelsand gegen die Biester gekämpft. Was eigentlich gut funktioniert, solange es sich um ein bis zwei Dutzend Insekten handelt. Bei vielen Dutzend Mücken gibt es dann aber doch immer mal wieder einige, die trotz einer Sandschicht auf der Erde – und einer zweiten im unteren Teil des Topfes – sich erfolgreich vermehren und ausfliegen. Das ist nicht cool. Besonders nicht, da ich Cannabis ziehe und die Mücken dann in den klebrigen Blüten hängen bleiben. Und ich sie mühsam einzeln mit der Pinzette rauszupfen muss.
Vom Backen und «Mikrowellisieren» sah ich bisweilen ab, da das Sterilisieren von Erde auch Nachteile hat – gleich mehr dazu. Diese haben sich jedoch beim nachfolgenden Testen der Erde nicht gezeigt. Ich zog damit über mehrere Monate fünf weibliche Cannabis-Pflanzen vom Samen her gross – ich nutzte wie immer Zitruspflanzenerde von Ricoter und erhielt mit Mikrowellen- und Backofenerde einen guten, insektenfreien Blütenertrag. In meinem Zuchtzelt hat sich über die Zeit nicht eine einzige Trauermücke gezeigt.
Erde kann zur Bekämpfung von Pilzen, Viren, Bakterien, Insekten, Fadenwürmern und Wildkrautsamen gedämpft werden. Damit auch die hartnäckigsten Viren verschwinden, muss das Substrat einer Temperatur von mindestens 100 Grad Celsius ausgesetzt werden. Die meisten Schädlinge, Pilze und Samen sterben bereits bei 70 Grad Celsius.
Das Dämpfen von Erde hat Vor- und Nachteile. Besonders empfohlen ist sterilisierte Erde für die Anzucht von Gemüse und Kräutern. Jedoch birgt sie den Nachteil, dass nützliche Mikroorganismen nicht mehr vorhanden sind – sie verenden beim Dämpfen ebenso. Die Nährstoffe an sich sollen enthalten bleiben, solange das Substrat nicht auf falsche Weise – zu lange, zu trocken oder mit zu hoher Hitze – gedämpft wird.
Für fünf Pflanzen benötige ich total 60 Liter Erde. Geschätzt 15 Liter davon habe ich im Ofen gebacken. Das entspricht zwei Backblechen voller Substrat. Den Backofen habe ich mit Heissluftfunktion eingesetzt. Weil damit die Hitze gut im Ofen verteilt wird, wagte ich zwei volle Bleche gleichzeitig zu backen. Ohne Um- oder Heissluft – also mit Ober-/Unterhitze – würde ich nur ein Blech reinschieben. Ob das so korrekt ist? Tja, es ist noch kein Sterilisator vom Himmel gefallen – ausserdem backe ich normalerweise Hefegugelhupf, Knoblauchbrot oder Pommes. Egal, es hat so funktioniert und daher passt das wohl.
So geht das Backen der Erde:
Während dem Backen beginnt es in der gesamten Wohnung zu riechen, als ob ich gerade für eine Fussballmanschaft Pellkartoffeln auftischen würde. Erde riecht gebacken wie Kartoffeln, findet meine Nase.
Die restlichen 45 Liter Erde habe ich im Mikrowellenherd sterilisiert. Dies, weil ich faul war und diese Methode weniger Handgriffe benötigt. Wirklich schneller bist du damit aber nicht. Zwar muss die Erde nur zehn Minuten in die Mikrowelle, dafür bekommst du viel weniger rein. Und das Auskühlen dauert übrigens mit beiden Methoden sehr lang, wie beide auch beim Anwenden gleich intensiv nach Kartoffeln riechen.
So geht das Sterilisieren mit elektromagnetischen Wellen:
Meine 60 Liter Erde habe ich auf gut zwei Nachmittage verteilt an einem Wochenende gedämpft. Natürlich bin ich es gemütlich angegangen und habe dazwischen auch gedampft. Dennoch ist es viel Arbeit – ächz und stöhn –, die sich aber total lohnt. Ich denke, dass ich künftig auch sämtliche neue Erde meiner normalen Zimmerpflanzen sterilisieren werde.
Auf den eingangs beschriebenen Vogelsandtrick habe ich trotz Dämpfung nicht verzichtet. Bis heute gebe ich sicherheitshalber eine ein bis zwei Zentimeter dicke Schicht auf die Erde meiner Weibchen. Schliesslich kann die Invasion jederzeit neu aus externer Quelle starten.
Seid gewappnet, Freunde der Natur – denn sie ist unerbittlich.
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.