Gesunde Haut braucht kein Peeling – auch wenn dir die sozialen Medien etwas anderes weismachen
14/6/2024
Gemahlene Aprikosenkerne, Reiskleie oder mit Fruchtsäuren: Peelings sind gerade in der Gesichtspflege kaum noch wegzudenken. Aber wie gut ist es wirklich für die Haut, regelmäßig abgerubbelt zu werden?
Dass die Natur es gut mit dir meint, steht außer Frage: Unablässig greift im gesamten Körper ein Rädchen ins andere, ein autonomes Zusammenspiel von Zellen, Organen, Mikrobiomen und mehr – das im besten Fall problemlos funktioniert. Beispiel Haut: Oberflächlich erkennbar ist nur die äußerste Schicht, die Oberhaut (Epidermis), gefolgt von der Lederhaut (Dermis) und der Unterhaut (Subcutis). Die Oberhaut selbst besteht wiederum aus vier Schichten. In diesen vollziehen die Zellen binnen 28 Tagen einen regelmäßigen Kreislauf und wandern von unten nach oben. Dabei entwickelt sich aus einer «Babyzelle», der Basalzelle, eine Stachelzelle, die wichtiges Keratin produziert. In der nächsten Schicht wandelt sie sich zur Körnerzelle und produziert viel Fett, Keratin und andere Eiweiße. Angekommen in der obersten Schicht der Epidermis, tragen die Zellen keinen Zellkern mit DNA mehr, sterben ab und werden zur Hornzelle.
Doch obwohl tot, haben die Hornzellen dennoch einen wichtigen Job: Wie Dachziegel übereinander liegend, bilden sie einen robusten mechanischen Schutz, gemeinsam mit dem Säureschutzmantel, den Hautfetten und dem Mikrobiom. Diese Hautschutzbarriere hält unerwünschte Erreger, Allergene und Chemikalien ab und sorgt dafür, dass die Haut am gesamten Körper nicht austrocknet.
Peelings schwächen die Hautbarriere und erzeugen kleine Verletzungen
Und jetzt kommst du ins Spiel: Du greifst zur Peeling-Dose oder -Tube, mit fein gemahlener Reiskleie oder Aprikosenkernen, mit Birkenblättergranulaten oder Vulkanasche und peelst dir deine Epidermis. Schließlich gelten in der Beauty-Industrie Peelings als fester Bestandteil einer Skincare-Routine und die Werbung verspricht einen frischeren Teint und jüngeres Aussehen.
Doch in dem Moment, in dem du dir ein solches mechanisches Peeling auf die Haut gibst und mit Wasser wieder abnimmst, peelst du dir die wichtigen Hornzellen ab. Was völlig unnötig ist, denn: Sie verschwinden, so will es die Natur, von ganz allein. Beim Prozess der «Abschilferung» verlierst du Millionen von Hautzellen täglich. Allerdings nie gleichzeitig – mensch ist ja keine Schlange, die sich häutet. Die obersten Hautschüppchen fallen asynchron und, sofern keine Hauterkrankung wie Neurodermitis oder Schuppenflechte vorliegt, unbemerkt von dir ab.
Das Abrubbeln ist aber nicht nur unnötig, sondern auch nicht ganz ohne Risiken, sagt Hautärztin Dr. Yael Adler. In ihrem Ratgeber «Haut nah» schreibt sie: «Peelings sind nur dann sinnvoll, wenn die Haut zu übermäßiger Verhornung neigt, was in der Regel vor allem bei Akne auftritt. Ansonsten dienen sie nur den Herstellern und können sogar gefährlich sein, da sie unsere schützende Hautbarriere zerlöchern.» Für sie sind Body Scrubs Beauty-Produkte, die «fast keiner braucht».
Denn jede Manipulation von außen, jedes Peeling schwäche die natürliche Barriere – und gerade bei Body Scrubs aus dem Handel, in denen meist Farb- und Konservierungsstoffe, Duftstoffe oder Emulgatoren enthalten sind, könnten Allergene somit besser in tiefere Hautschichten eindringen. Mögliche, unerwünschte Folge: chronische Kontaktallergien. Durch das Abrubbeln der Hornzellen lässt die Haut zudem auch leichter Erreger wie Pilze, Bakterien und Viren hinein.
Plus: Der obersten Hautschicht werden beim Peelen winzige Verletzungen zugefügt. Diese können sich entzünden, wodurch du am Ende sogar alt aussehen kannst: «Stille Entzündungen lassen uns schneller altern», sagt Dr. Adler, die auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats für Anti-Aging ist, in diesem Video.
Übermäßig gepeelte Haut reagiert extrem
Hände weg also von regelmäßigen Body Scrubs. Und selbst wenn in den sozialen Medien Peelings als notwendiger Skincare-Schritt gefeiert werden, finden sich dort auch Gegenstimmen und Videos von «over exfoliated skin». Also übermäßig gepeelter Haut, die auf die ständige Reizung mit starker Trockenheit und Schuppen reagiert, mit Rötungen, Entzündungen, Empfindsamkeit gegenüber anderen Beauty-Produkten, kleinen Pickeln etc.
Wenn du gar nicht auf den – zugegeben – angenehmen Mini-Massage-Effekt verzichten willst, rät Dr. Adler dazu, sich nur hin und wieder ein selbstgemachtes Peeling zu gönnen, zum Beispiel aus grobem Meersalz mit Honig, mit Heilerde, Kaffeesatz oder Kleie als Wellnessbehandlung für zuhause.
Sind Fruchtsäure-Peelings besser als mechanische?
Und was ist mit chemischen Peelings, mit Fruchtsäuren beispielsweise? Sinnvoll sind sie vor allem bei Akne, um die Keratolyse (Abstossung der äusseren Hornzellen der Haut) anzustoßen, also die Auf- und Ablösung der Hornzellen. «Die Keratolyse ist die erste Maßnahme in der Behandlung der Akne», schreibt die Österreichische Ärztezeitung.
Doch nicht nur bei Hautproblemen wie Akne tarda, Rosacea und Reibeisenhaut versprechen Säurepeelings einen Effekt, auch sollen sie Fältchen und dunkle Flecken reduzieren können. Können sie durchaus, befand diese Studie – wie auf den Fotos der Studien zu sehen ist, sind die Hautverbesserungen jedoch wirklich marginal.
Dass chemische Peelings auf jeden Fall in die Hände von Hautarzt oder -ärztin gehören bzw. du sie in Kosmetikstudios durchführen lassen solltest, betonen unter anderem die Autorinnen dieser Studie. Denn bei Fruchtsäure-Peelings im Eigengebrauch kannst du deiner Haut mehr schaden als helfen. Das betonen die Macherinnen dieser Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe von 2022: Demnach wurden 75 Prozent der getesteten säurehaltigen Peelings als «nicht sicher» beanstandet. «Meistens handelt es sich bei den Wirkstoffen chemischer Peelings um bestimmte organische Säuren wie beispielsweise Salicyl-, Mandel- und andere Alpha- oder Beta-Hydroxysäuren (AHA und BHA)», bei denen «bei unsachgemäßer Anwendung starke Verätzungen auf der Haut auftreten können.»
Warnung vor Säurepeelings im Hausgebrauch
Das CVUA schlussfolgert daraus: «Aufgrund der genannten Risiken sollte man professionelle Peelings mit hohen Säuregehalten (über 30 Prozent und pH-Wert über 3) immer nur bei Dermatologen und Dermatologinnen oder medizinischen Kosmetik-Fachkräften durchführen lassen. Außerdem sollten nach der Anwendung von Fruchtsäurepeelings zwingend eine Neutralisationslösung sowie UV-Blocker verwendet werden.»
Für alle, die keine Hautprobleme haben, gilt hingegen: Lass deine Hautzellen einfach selber abfallen, wenn sie ihren Job getan haben – Peeling ganz ohne dein Zutun.
Titelbild: shutterstock
Mareike Steger
Autorin von customize mediahouse
Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.