«GTA VI» erscheint 2025 vorerst nur für die PS5 und Xbox Series X/S. Wieso lässt Rockstar die PC-Community im Stich?
Lange Zeit herrschte bei Rockstar Games Funkstille zum neuen «GTA». Anfang Woche veröffentlichte das legendäre Entwicklerstudio endlich den ersten Trailer zum sechsten Teil der Open-World-Spielreihe. Mit dem Trailer wurde auch ein Release-Zeitraum kommuniziert. Irgendwann 2025 wirst du durch die virtuellen Strassen von Vice City rasen. Aber nur, wenn du eine PS5 oder Xbox Series X/S besitzt. PC-Spielerinnen und -Spieler müssen sich noch länger gedulden. Wie lange, weiss man aktuell nicht.
Wieso lässt Rockstar die PC-Plattform links liegen? Es ist 2023 und gleichzeitige Releases auf Konsolen und PC sind mittlerweile gang und gäbe. Gründe für die PC-Absenz gibt Rockstar in der offiziellen Pressemitteilung zur Ankündigung keine an.
Diese Faktoren könnten bei der Entscheidung eine entscheidende Rolle gespielt haben.
1. Es ist Tradition
Historisch gesehen war Rockstar Games schon immer ein Studio, das Spiele primär für Konsolen entwickelt hat – mit Ausnahme der ersten Top-Down-«GTA»-Games. Das erste Spiel wurde erst auf PC und dann für die Playstation veröffentlicht. Der zweite Teil wurde auf beiden Systemen gleichzeitig gelauncht. Mit dem Sprung in die dritte «GTA»-Dimension mussten PC-Fans länger auf eine Portierung warten. Mit «GTA V» hatte die Warterei für PC-Fans einen neuen Höhepunkt erreicht.
«GTA III»: PS2 (23.10.01) ▶️ PC (21.05.02) – 210 Tage
«GTA Vice City»: PS2 (29.10.02) ▶️ PC (13.05.03) – 196 Tage
«GTA San Andreas»: PS2 (26.10.04) ▶️ PC (07.06.05) – 224 Tage
«GTA IV»: PS3/Xbox 360 (29.04.08) ▶️ PC (02.12.08) – 217 Tage
«GTA V»: PS3/Xbox 360 (17.09.13) ▶️ PC (14.04.15) – 574 Tage
Auch andere Rockstar-Games landen erst viel später auf PC. Auf «Red Dead Redemption 2» mussten PC-Spielerinnen und -Spieler über ein Jahr lang warten. Das erste «Red Dead Redemption» erschien gar nie für den PC. Auch die kürzlich veröffentlichte Remastered-Version des Klassikers wurde nur auf PS4 und Switch veröffentlicht. Die Wege von Rockstar sind unergründlich. Klar ist aber, dass das Studio Konsolen bei der Entwicklung von neuen Games präferiert. Und das bringt mich zum zweiten Punkt.
2. Der Fokus auf wenige Plattformen ermöglicht eine effiziente Entwicklung
Gemäss Rockstar-Gründer Sam Houser will das Studio mit «GTA VI die Grenzen dessen, was in hochgradig immersiven, storygetriebenen Open-World-Games möglich ist, erweitern». Der Trailer bekräftigt Housers Aussagen. Noch nie hat eine Open World so lebendig, detailreich und vollgepackt ausgesehen. Schon alleine die Szene am Strand mit unzähligen einzigartigen NPCs und beweglichen Objekten sieht unglaublich aus.
Für Rockstar ist es einfacher, ein solch ambitioniertes und komplexes Spiel wie «GTA VI» zunächst für Konsolen zu entwickeln. Die Hardware ist bei den Konsolen zwar schwächer als bei High-End-PCs, dafür ist sie klar definiert. Rockstar weiss, welche Möglichkeiten und Grenzen sie mit der PS5- und der Xbox-Series-Hardware haben. Solche Einschränkungen können helfen, eine ambitionierte Vision sauber umzusetzen. Ein Monster-Spiel wie «GTA VI» gleichzeitig für Konsolen und alle möglichen PC-Konfigurationen zu optimieren, ist mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden, der bei anderen Studios oft in lieblosen und technisch fragwürdigen PC-Ports endet. Oder, wie im Fall von «Cyberpunk 2077», in kaum spielbaren Konsolen-Versionen. Oder im schlimmsten Fall mit einem Game, das zum Launch weder auf Konsolen noch auf PCs gut läuft.
Das heisst nicht, dass sich die PC-Version von «GTA VI» nicht schon in Entwicklung befindet. Ein Blick in die Vergangenheit lässt vermuten, dass die PC-Variante sehr wahrscheinlich schon relativ weit fortgeschritten ist. In einem Interview mit PC Gamer aus dem Jahr 2015 hat Rockstar Einblick in die Entwicklung der PC-Version von «GTA V» gegeben. Demnach sei «GTA V» für PC seit Tag Eins geplant gewesen. Bei grundlegenden technischen Entscheidungen wurde die PC-Version von Anfang an mitberücksichtigt. Man habe sich aber bewusst Zeit mit der Entwicklung gelassen. Zunächst wollte sich Rockstar voll auf die PS3- und Xbox-360-Versionen des Spiels konzentrieren, um diese für die alternde Konsolen-Hardware so gut wie möglich zu optimieren.
Mit der Entwicklung der grafisch aufwändigeren Next-Gen-Version für PS4 und Xbox One wurde auch die Arbeit an der High-End-PC-Variante hochgefahren. So konnten Synergien in der Entwicklung genutzt werden. Ob Rockstar für «GTA VI» eine ähnliche Herangehensweise wählt und auf ein Konsolen-Hardware-Update wartet, um die PC-Version abzuschliessen, bleibt abzuwarten. Klar ist: Rockstar hat es mit der PC-Version nicht eilig. Im Gegenteil. Die verzögerte Release-Strategie bringt, neben Vorteilen in der Entwicklung, auch finanzielle Vorteile mit sich.
3. Höhere Verkaufszahlen und längeres Leben mit mehrfachen Releases
Andere AAA-Entwickler wie Ubisoft oder Activision veröffentlichen ihre Blockbuster-Spiele in regelmässigen Abständen. Oft sogar jährlich. Ein Gaming-Jahr ohne ein neues «Call of Duty»? Unvorstellbar! Rockstar hingegen veröffentlicht alle paar Jubeljahre Games. Falls «GTA VI» wirklich 2025 erscheint, werden seit dem Release von «GTA V» elf Jahre vergangen sein. Unglaublich. Ja, sogar der Release von «Red Dead Redemption 2» wäre zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre her. Um diese Release-Durststrecken zu füllen und um die hungrigen Investoren zwischenzeitlich zufriedenzustellen, veröffentlicht Rockstar ihre Blockbuster einfach immer wieder neu.
Beispiel «GTA V»: Nach dem ersten Release im September 2013 für PS3 und Xbox 360 folgte ein Next-Gen-Upgrade für PS4 und Xbox One im November 2014. Natürlich zum Vollpreis. Danach wurde das Game im April 2015 auch für PC veröffentlicht. Wieder zum Vollpreis. Und letztes Jahr folgte ein weiteres Next-Next-Gen-Update für die PS5 und Xbox Series X/S – dieses Mal immerhin ein bisschen günstiger.
Die Strategie der verzögerten Releases auf mehreren Plattformen ist für Rockstar ein lukratives Geschäft. Die Spiele bleiben so länger im Gespräch und verkaufen sich über einen langen Zeitraum öfter. «GTA V» ist bisher über 190 Millionen (!) Mal über die Ladentheke gewandert. Jeder neue Release wird als Event gefeiert und ermöglicht einer neuen Zielgruppe, in das Game einzutauchen.
Viele «GTA»-Fans haben mit dem fünften Teil auch den «Double Dip» gewagt – das Game also mehrere Male gekauft. Gemäss PlayTracker besitzen rund 44 Prozent der Gamer das Spiel für mehrere Plattformen. Auch ich gehöre zu diesen Opfern. Nachdem ich «GTA V» auf der PS3 zu 100 Prozent durchgespielt habe, habe ich mir das PS4-Update gegönnt. Weil bessere Grafik und so. Und ja, auf dem PC habe ich es nochmal gespielt.
Mit dem verzögerten PC-Release von «GTA VI» werden sich selbst die grössten PC-Jünger überlegen, vielleicht doch den Sprung in die Konsolenwelt zu wagen, um nicht mehrere Monate – oder mehrere Jahre – warten zu müssen. Und umgekehrt werden alle, die sich «GTA VI» auf der Playstation 5 oder der Xbox Series X kaufen, nach ein paar Jahren dazu verführt, die Ultra-High-End-Version des Spiels für PC zu kaufen. Rockstar gewinnt doppelt, die Bankkonten der Fans verlieren doppelt.
4. Angst vor Cheats, Mods und Kontroversen
Rockstar Games und ihre Muttergesellschaft Take Two sind bekannt dafür, mit Moddern und Cheatern hart ins Gericht zu gehen – vor allem, wenn es um den Online-Modus von «GTA V» geht. So haben sie unter anderem Modder verklagt, die Cheating-Software für «GTA Online» entwickelt haben. Auch die Entwickler der «GTA Online»-Roleplaying-Modifikation «FiveM» wurden mit privaten Ermittlern und Drohungen eingeschüchtert, um die Entwicklung einzustellen.
Der Grund dafür ist einfach: Rockstar verdient mit «GTA Online» unglaublich viel Geld. Seit dem Launch von «GTA V» erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 8,33 Milliarden Dollar mit dem «GTA»-Brand – einen Grossteil davon durch Microtransactions im Online-Modus. Je mehr PC-Spielerinnen und -Spieler diese Käufe mit Cheats, Mods und alternativen Roleplaying-Servern umgehen können, desto mehr Geld entgeht Rockstar.
Mit Modifikationen für «GTA Online» wie «FiveM» können Spielerinnen und Spieler miteinander auf speziellen Roleplaying-Servern spielen. Auf diesen ist der Einsatz von benutzerdefinierten Regeln, Fahrzeugen, Waffen und sogar Maps möglich. Viele Spielerinnen und Spieler schlüpfen in spezielle Rollen und spielen «GTA Online» als Polizisten, Serienmörder oder Taxifahrer. Rockstar hat sich in den Anfangsjahren von «GTA Online» stark gegen solche Modifikationen gewehrt. Im August dieses Jahres haben sie das Team hinter «FiveM» aufgekauft. Die Motivation hinter dem Kauf scheint noch unklar. Möglich ist eine offizielle Implementation von Roleplaying-Servern im Online-Modus von «GTA VI». Viele Fans befürchten aber, dass Rockstar das Projekt einstampfen wird.
Rockstars Probleme mit Moddern haben aber schon vor «GTA Online» angefangen. Legendär ist der «Hot Coffee»-Skandal kurz nach dem Release der PC-Version von «GTA: San Andreas» 2004. Ein Modder hat in Rockstars West-Coast-Epos versteckten Code ausfindig gemacht, mit dem man ein Sex-Minispiel starten konnte. Das hatte weitreichende Folgen für Rockstar und die Videospiel-Industrie als Ganzes. So wurde das Game in Australien komplett aus dem Verkehr gezogen. In den USA wurde «San Andreas» nach erneuter Prüfung mit der «Adults Only»-Alterseinstufung versehen. Zudem wurde die Prüfung von Inhalten durch die ESRB, dem US-Pendant zum europäischen PEGI-System, deutlich verschärft.
Gemäss Dan Houser, Co-Gründer von Rockstar, war es eine «anstrengende und erschütternde Zeit für das Unternehmen». Der Vorfall habe auch einen grossen Einfluss auf die Art und Weise gehabt, wie Rockstar mit Medien und der Öffentlichkeit allgemein umgeht. Und wahrscheinlich auch, welche Einstellung das Unternehmen zu Moddern hat.
Bei Konsolen muss sich Rockstar keine Sorgen um solche Probleme machen. Die PS5 und die Xbox Series X/S sind geschlossene Systeme ohne verrückte Mods, inoffizielle Roleplaying Server und mit weniger Optionen zum Cheaten. Die Spielerinnen und Spieler geben brav Geld für «Shark Cards» aus und kaufen In-Game-Items wie Autos oder Jachten. Je länger diese Idylle aufrechterhalten wird, desto mehr Geld wird in Rockstars und Take Twos Kassen gespült.
Wartest du auf die PC-Version?
«GTA VI» erscheint vorerst nur für Konsolen. Wartest du auf die PC-Version?
Ich bin PC-Spieler/in und warte auf die PC-Verison
59%
Ich bin PC-Spieler/in und spiele das Game auf einer Konsole
14%
Ich bin Konsolen-Spieler/in und warte trotzdem auf die PC-Version
1%
Ich bin Konsolen-Spieler/in und spiele das Game auf der Konsole