Huawei Watch GT3 Pro 43mm
42.90 mm, Edelstahl, Kunststoff, nur WLAN, One Size
Die Huawei Watch Buds kombiniert Smartwatch und Kopfhörer. Die vermeintliche eierlegende Wollmilchsau wirft Fragen auf. Ich beantworte dir die fünf wichtigsten.
Was haben Kopfhörer und eine Uhr gemeinsam? Ich finde: nichts. Huawei sieht das anders und baut beides in dasselbe Gerät, beziehungsweise die Kopfhörer in die Smartwatch. Das Ganze nennt der chinesische Hersteller Watch Buds. Diese Idee ist nicht ganz neu, es gab schon diverse Versuche mit integrierten Kopfhörern.
Ab sofort gibt’s das Teil auch in der Schweiz zu kaufen – lange war die Kopfhörer-Uhr nur auf dem chinesischen Markt verfügbar. Um das Wichtigste gleich zuerst zu klären: Die In-Ear-Kopfhörer liegen unterhalb des Zifferblattes und kleben mit Magneten unterhalb ebendiesem. In Aktion sieht diese Zwei-in-Einem-Smartwatch so aus.
Jetzt aber zu den fünf wichtigsten Fragen.
Ganz klar: Ja! Aus diesem Grund wollte konnte ich die Watch Buds auch nur zwei Tage lang testen. Mit dem Klotz am Handgelenk blieb ich immer wieder hängen: Im Velokeller am Velo meines Nachbarn, im Büro im Türrahmen und in der Bar am Tresen. Immerhin hat die Watch Buds mir diese Eklats verziehen und sie nicht mit Kratzern oder einem kaputten Amoled-Display vergolten.
Die Kopfhörer liegen flach und nicht senkrecht unter dem Pop-Up-Display – dadurch konnte Huawei wohl einiges an Platz sparen. Dennoch, die Smartwatch ist massig; ich messe eine Höhe von 1,5 Zentimetern. Zum Vergleich: Die Huawei Watch GT3 Pro ist knapp 1,1 Zentimeter dick, eine Apple Watch Series 8 gerade Mal 1,07 Zentimeter.
Im Vergleich zu meiner analogen Uhr siehst du nochmals, wie massiv die Watch Buds ist. An einem dickeren Männerhandgelenk sieht das 1,43 Zoll grosse Amoled-Display wohl nicht so schlimm aus. Aber darauf komme ich noch in Frage Nummer fünf.
Ins Ohr gesetzt, fühlen sich die Kopfhörer an wie ein Knopf; und wenn ich sie zuvor aus der Uhr nehme, bin ich fast sicher, bei jeglichen Geheimdiensten anheuern zu können. Diese Freude macht mir die Klangqualität der Kopfhörer zunichte. Diese ist – gelinde ausgedrückt – dürftig.
Deshalb hat Huawei bei mir Erwartungsmanagement betrieben: «Am besten stellst du gleich den Bass-Boost ein, sonst ist der Sound etwas dünn», erklärte der Schweiz-Manager zu mir. Doch auch mit dem Boost klingen die Buds dumpf und gleichzeitig blechern. Mir fehlen ausgewogene Mitten, zudem ist mir der Klang zu kalt – ich mag warme und volle Klangbilder.
Erstaunlich gut ist hingegen die Gesprächsqualität. In einem kurzen Test höre ich meinen Gesprächspartner deutlich und er mich ebenfalls – es hört sich nicht nach Dosentelefon an.
Der US-Fotograf Eliott Erwitt sagte es poetisch über Kameras, auf den jetzigen Fall abgeleitet also: Die besten Kopfhörer sind die, die man gerade dabei hat. Klar, wer die Watch Buds trägt, hat immer Kopfhörer dabei – sogar mit aktivem Noise Cancelling – mit diesem hörst du den Aussenlärm etwas weniger. Gut ist auch hier anders. Aber immerhin: Du hast Kopfhörer dabei.
Für besonders Interessierte: Die Ohrhörer sind nach IP54 zertifiziert (Schutz gegen Spritzwasser). Bluetooth-Verbindung: 5.2. Standard. Steuerung: Mittels Tipp-Gesten am Ohrhörer oder dem Bereich darum – also auch am Ohr selbst. Die Tragerkennung stoppt automatisch die Wiedergabe beim Herausnehmen. Beide Ohrhörer können einzeln genutzt werden, links und rechts sind unabhängig – du kannst also beide Hörer in beide Ohren stecken. Auf der Uhr sind knapp 2 Gigabyte für Musik zum selbst draufladen Platz.
Nebst den Kopfhörern gibt’s ja noch die Uhr drum herum. Huawei hat für deren Technik auch noch etwas Platz gelassen. Da ist vieles dabei: Schlafanalyse, Herzfrequenzmesser, SpO2-Messung (Sauerstoffgehalt), Stress-Manager, Beschleunigungssensor, GPS und NFC. Nicht dabei sind Kompass, Höhenmesser und Sturzerkennung. Auch eSIM wird nicht unterstützt. Und Schwimmen kannst du mit der Watch nicht, sie ist nicht wasserdicht, da wegen des aufklappbaren Deckel Wasser eintreten kann.
Die Messdaten und Funktionen der Huawei Watch Buds sind etwa vergleichbar mit jenen der GT-Serie.
Huawei Watch GT3 Pro 43mm
42.90 mm, Edelstahl, Kunststoff, nur WLAN, One Size
Die Verbindung zwischen Handy und Uhr erfolgt mit der Huawei Health App. Die musst du von der Huawei-Seite herunterladen. Nach dem Installieren fragt die App alle Berechtigungen ab – das dauert, dafür kannst du selbst bestimmen, welche Daten und Berechtigungen du freigeben möchtest.
Das Zwei-in-Einem-Produkt hat logischerweise zur Folge, dass ein Akku für zwei Geräte reichen muss. Huawei gibt eine Gesamtlaufzeit von drei Tagen an – was sehr viel ist. Zu viel, was der Hersteller auch gleich selbst relativiert: «Die tatsächliche Akkulaufzeit hängt von den Nutzungsgewohnheiten und der Häufigkeit der Nutzung ab.» Ich musste die Watch nach einem Tag wieder laden – wobei ich vor allem die Kopfhörer oft benutzt habe und alle Sensoren angestellt waren. Im Vergleich zu anderen Smartwatches ist dies aber noch im Rahmen.
Die Kopfhörer selbst haben eine kurze Akkulaufzeit; mit aktiviertem Noise Cancelling gibt’s gerade mal drei Stunden Musik und zwei Stunden telefonieren. Das ist wenig. Immerhin kannst du die Kopfhörer gleich am Handgelenk wieder aufladen.
Die schwierigste Frage zum Schluss. Wer ist überhaupt die Zielgruppe dieser Hybrid-Kopfhörer-Uhr? In meinem kurzen Test ist mir schnell klar geworden: Ich bin es nicht. Aber ich weiss, wer es sein könnte.
Die Huawei Watch Buds sitzt am besten an Pranken von Businessmännern. Genauer: an Handgelenken von Männern, die ihre Meetings präferiert zwischen Genf und Zürich im Zug in der ersten Klasse abhalten. Weil ihr Fokus ganz woanders liegt – der ROI muss weiter hoch, die Rendite muss steigen und die Workforce downsized werden – vergessen sie immer ihre Kopfhörer. Deshalb ist so eine Uhr perfekt für den Optimierungswahn der modernen Manager. Wer will schon Kopfhörer und Zeitanzeiger als einzelne Geräte? Synergien sind das Gebot der Stunde. Wer die IWC gegen die Watch Buds tauscht, hat die Kopfhörer für den Business-Call immer dabei. Das grosse Vorbild Elon Musk wäre stolz auf sie. Wenn sie so weitermachen, reisen sie bald im Privatjet statt der ersten Klasse.
Apropos ROI; ich habe bei Huawei angefragt, wie sich denn die rund 500 Franken Kosten für das Hybrid-Produkt zusammenstellen. Die knappe Antwort:
Kommt hin.
Huawei Watch Buds
47.50 mm, Edelstahl, Faserverstärktes Polymer, One Size
Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival.