Immer frische Eier: Eigene Hühner halten
«Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad» heisst es in einem Kinderlied. Solltest du mit dem Gedanken spielen Hühner zu halten, dann hat ein Töff ganz sicher nichts im Stall verloren. Den einen oder anderen Tipp zum Thema Hühnerhaltung findest du aber hier.
Was war zuerst, das Huhn oder das Ei? Diese fundamentale Frage, die die Menschheit seit der Antike umtreibt, war zumindest bei uns zu Hause schnell beantwortet. Ausgangslage war der Wunsch nach eigenen Eiern, oder wie es der ehemalige deutsche Fussballprofi Oliver Kahn mal so wunderschön sagte.
Und um an Eier zu kommen, brauchst du ein Huhn, oder noch besser mehrere. Gesagt, getan, seit einigen Jahren sind wir zusammen mit den Nachbarn stolze Hühnereltern und freuen uns je nach Jahreszeit täglich über unsere eigenen Eier mit dem gelbsten Eigelb weit und breit. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass wir eher ländlich leben und daher den Platz dafür haben. Dazu kommt, dass es nicht ganz so schnell geht, wie es sich bis jetzt liest. Kompliziert und schwierig ist die Hühnerhaltung per se nicht, es bedarf einfach etwas Vorbereitung, regelmässiger Pflege und Geduld…
Choose your chicken wisely
Ein Huhn ist nicht einfach ein Huhn. Allein in Europa gibt es über 180 verschiedene Rassen des Haushuhns, welches als häufigstes Haustier des Menschen gilt. Der durchschnittliche tägliche Weltbestand wird laut Wikipedia auf über 20 Milliarden Tiere geschätzt - auf einen Menschen kommen weltweit also fast drei Hühner. Die verschiedenen Hühnerrassen unterscheiden sich mehr oder weniger in ihrem Zweck. Gerade im Bereich der Fleischproduktion gibt es absurde und tierverachtende Überzüchtungen wie etwa das Huhn, das praktisch nur aus Pouletbrust besteht. Über solche Industriehühner liesse sich seitenweise weiter schreiben, hier geht es aber um die Hühnerhaltung im privaten Rahmen.
Du möchtest schliesslich ein Huhn, das regelmässig Eier legt. Dafür empfehlen sich einige Rassen, zum Beispiel die typische Schweizer Rasse Schweizerhuhn. Dieses legt pro Jahr bis zu 200 Eier, gilt als ruhig und zutraulich, und du trägst damit auch zum Erhalt der Rasse bei. Schlussendlich ist die Wahl des Huhns aber Geschmacksache. Was ich dir aber ans Herz legen möchte: Leg dir Hühner einer alten Nutzungsrasse zu. Mehr Infos zu den entsprechenden Rassen hat der «Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel» auf seiner Webseite. Auf keinen Fall solltest du dir einen Hybriden unterjubeln lassen, so wie uns das bei der ersten Generation Hühner passiert ist.
Denn ein Hybridhuhn ist durch die Zucht dermassen optimiert worden, dass es schnell möglichst viel Fleisch hergibt oder in kurzer Zeit besonders viele Eier legt. Viele Eier sind toll, aber wir wollen auch, dass es dem Tier gut geht, dass es möglichst lange lebt und überhaupt: Wir brauchen nicht möglichst viel in kurzer Zeit. Ein Hybridhuhn wird in der industriellen Landwirtschaft nach etwa einem Jahr geschlachtet, weil es seine Leistung beim Eierlegen nicht mehr bringt. Wenn es denn überhaupt ein Jahr alt wird… Zudem sind Hybriden durch die Überzüchtung viel krankheitsanfälliger als die alten, robusten Rassen. Kommt dazu, dass in unserem Haus niemand je in der Lage wäre, eines unserer Hühner zu schlachten.
Investiere also Zeit in die Suche nach dem Huhn deiner Wahl und einem vertrauenswürdigen Verkäufer, es lohnt sich. Und vergiss um Himmels willen die Meldepflicht nicht! In der Schweiz ist die Registrierung jeglicher Geflügelhaltung obligatorisch. Erledigen kannst du das beim Veterinäramt deines Wohnkantons.
Cock-a-doodle-doo
Willst du dir Hühner zulegen, musst du dich auch mit der Frage auseinandersetzen, ob du einen Hahn möchtest. Die Betonung liegt hier auf möchten, brauchen tut’s nämlich keinen, solange du es nicht auf die Fortpflanzung abgesehen hast. Unsere ersten vier Hühner waren auch ohne Gockel glücklich und haben munter Eier gelegt. Ich persönlich wollte nie einen Hahn, mittlerweile haben wir dennoch einen, was daran liegt, dass die Geschlechtsbestimmung bei Küken schwierig ist. Auf jeden Fall wurde aus Nicki mit der Zeit Travis. Deshalb meine zwei wichtigsten Lehren als Hahnbesitzer:
- Das Vieh kräht! Nicht nur am Morgen früh, sondern immer mal wieder, den lieben langen Tag. Teilweise kann das ganz schön laut sein. Daran gewöhnen sich wohl die meisten früher oder später und blenden das krächzende «Kikeriki» aus. Aber auch wir hatten schon mal eine genervte Nachbarin vor der Haustür, die sich darüber beschwerte. Im Idealfall sprecht ihr euch mit der umliegenden Nachbarschaft ab, bevor ihr euch einen Hahn zulegt.
- Hast du einen Hahn, solltest du unbedingt regelmässig die Eier aus dem Stall holen, am besten täglich. Tust du das nicht, hast du früher oder später befruchtete Eier, etwa drei Wochen später Küken und dann wird’s erst richtig kompliziert. Wenn du die Hühner sowieso täglich aus dem Stall und am Abend wieder rein lässt, wirf doch gleich einen Blick hinein und hol dir die frisch gelegten Eier.
Ganz nach dem Motto «nützts nüt, schads nüt» spricht ansonsten wenig gegen einen Hahn. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass er für das soziale Gefüge einer Hühnerschar zuträglich ist. Haben die Hühner keinen, organisieren sie sich einfach selber.
Wie man sich bettet, so liegt man
Gönnst du dir Hühner, gönnst du ihnen einen Stall. Den brauchen sie gleich aus mehreren Gründen. Auch wenn sie den ganzen Tag problemlos draussen verbringen, wenn es am Abend dämmert, zieht es sie rein. Auch Hühner schlafen lieber an einem trockenen, nicht ganz so kalten Ort und ihre Eier legen sie vorzugsweise im Stall. Ein Stall vermittelt Sicherheit, sowohl den Hühnern als auch dir. Du willst ja schliesslich nicht, dass der Fuchs deine Hühner holt.
Beim Stall hast du die Qual der Wahl – auch in unserem Sortiment findest du einige vorgefertigte Produkte. Oder ganz nach Marke Eigenbau kannst du dir selber was zusammenzimmern. Unser erster Stall war ein vorgefertigter und für die Hühner bestimmt super, für uns Menschen war er ungeeignet: Die wöchentliche Ausmist- und Putztour mussten wir jeweils liegend und kriechend bestreiten, weil das Gehege so tief war, und sowohl mein Nachbar als auch ich entsprechen in Sachen Körpergrösse beinahe dem, was landläufig als Doppelmeter bezeichnet wird.
Mittlerweile haben wir eine viel bessere Lösung für uns gefunden: Wir haben ein Gartenhaus bestellt und zum Hühnerstall umfunktioniert, mit allem Drum und Dran.
Im Stall selbst brauchen die Hühner vor allem eine Schlafgelegenheit in der Höhe, in Form einer Stange. Auch das vermittelt ihnen Sicherheit. Auf der Stange kuscheln sie sich zusammen und verbringen so die Nacht. Gleich unter die Stange gehört das sogenannte Kotbrett, eine Auffangschale für die Hinterlassenschaften des schlafenden Federviehs. Den Stallboden bedeckst du mit Einstreu, das bindet die Feuchtigkeit. Wir legen zusätzlich noch Heu aus; die Hühner picken gerne darin rum und ausserdem nimmt es ebenfalls Feuchtigkeit auf. Jetzt noch eine Wassertränke und Futterstelle rein, und fertig ist das Hühnerhotel.
Das Allerwichtigste beim Stallbau überhaupt: In der Schweiz sind die meisten Bauten bewilligungspflichtig, der Spielraum ist eher klein und von Kanton zu Kanton verschieden. Am besten schliesst du dich vorab mit deiner Gemeinde kurz, damit du auf der sicheren Seite bist. Im dümmsten Fall müsstest du deinen Hühnerstall eines Tages wieder abreissen oder wirst gebüsst.
«I believe I can fly»
Jetzt hast du eigentlich schon alles, um eigene Hühner zu halten. Lass mich dir deshalb an dieser Stelle noch ein paar letzte Zusatztipps mit auf den Weg geben:
- Von Zeit zu Zeit (sicher einmal jährlich) solltest du den Hühnerstall kalken. Kalkfarbe hat eine desinfizierende Wirkung. Damit rückst du unter anderem Schimmel und Parasiten wie der Vogelmilbe auf den Leib.
- Hühner können fliegen. Klingt komisch, ist aber so. Unser Zaun, mit dem wir die Auslauffläche der Hühner festlegen, ist mittlerweile sicher 1,60 Meter hoch. Und trotzdem schafft es eine unserer gefiederten Damen weiterhin, regelmässig auf der anderen Seite des Zauns zu hocken. Wenn du also nicht willst, dass die Hühner deinen ganzen Garten unsicher machen, besorg dir einen Zaun oder ein Netz.
- Verwöhne deine Hühner auch mal. Neben dem gängigen Futtergemisch aus Körnern und Legemehl, das sie jederzeit haben sollten, bereitest du ihnen mit Mehlwürmern einen kulinarischen Hochgenuss (ausserdem eignen die sich bei Bedarf hervorragend als Lockmittel, um die Hühner wieder in ihren Bereich zu bringen).
- Hühner scharren gerne und viel. Das ist im Zusammenhang mit der Futtersuche ein angeborener Trieb und ein weiterer Grund für dich, ihren Auslauf einzugrenzen. Innerhalb ihres Bereichs kannst du beispielsweise eine Kiste mit feinem Sand aufstellen. So können die Hühner ihren Trieb ausleben und gleichzeitig auch mal ein Sandbad nehmen. Indem Hühner sich im Sand wälzen, reinigen sie ihr Gefieder.
- Sei dir bewusst, dass du mit Hühnern wie mit jedem anderen Haustier eine Verpflichtung eingehst. Da gilt es einiges zu organisieren, wenn du mal verreisen willst. Jeweils am Morgen die Stalltür öffnen und am Abend wieder schliessen, das geht ja noch, Futter und Wasser auffüllen auch. Aber ob und wem du das ausmisten und putzen zumuten kannst, ist dann eine andere Frage. Deshalb, frei nach Schiller: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet...»
Ich gebe zu: Ursprünglich wollte ich gar nicht Teilzeit-Hühnerbauer sein, ich wurde im Haus demokratisch überstimmt. Rückblickend bin ich froh darüber, zumal sich meine Bedenken im Vorfeld nicht bestätigt haben. Der Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen, und der Geruch in und um den Hühnerstall ist nicht halb so schlimm, wie ich das befürchtet hatte. Hühner sind genügsame Tiere, gibst du ihnen, was sie brauchen, «danken» sie es dir mit frischen Eiern. Auch wenn Hühner wohl nie ein Kuschel- und Streicheltier wie Katze und Hund sein werden, mit der Zeit wachsen sie einem ans Herz, diese unheimlich starrenden Mini-Dinos.
So, und jetzt muss ich zu Nuggets, Wings, Uschi, Cardi und Travis. Ich bin dran mit Hühnerstall ausmisten… ohne Motorrad versteht sich!
Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen.