Können bereits kurze intensive Aktivitäten unser Leben verlängern?
Bewegung ist gesund und hält uns mental fit. Es muss nicht immer das Fitnessstudio oder eine lange Joggingrunde sein. Sportmuffel aufgepasst – schon wenige Minuten intensiver alltäglicher Aktivitäten können das Leben verlängern. Dies haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden.
Obwohl körperlich intensive Aktivitäten ein grosses gesundheitliches Potenzial besitzen, treiben die meisten Erwachsenen im Alter von 40 Jahren und darüber keinen Sport oder führen keine anstrengende körperliche Betätigung aus [1–3]. Lange wurde dem gesundheitlichen Wert von körperlichen Aktivitäten mit einer Dauer von weniger als 10 Minuten keine grosse Aufmerksamkeit geschenkt [4,5] [4,5]. Da die Auswirkungen auf unsere Gesundheit jedoch intensitätsabhängig sind, können schon kurze, intensive Aktivitäten positive Auswirkungen haben [6–9].
Wie wirken sich nun kurze, aber intensive körperliche Anstrengungen auf das Sterberisiko aus?
Um diese Frage zu beantworten, haben Forschende um Emmanuel Stamatakis der Universität Sidney Daten von 25 241 Nicht-Sportlern (Durchschnittsalter 61.8 Jahre, 14 178 Frauen und 11 063 Männer, keine sportliche Betätigung und nicht mehr als ein Spaziergang pro Woche) aus der UK Biobank inkludiert und über einen Zeitraum von knapp sieben Jahren beobachtet[10]. Die UK Biobank ist eine grosse Datenbank, die genetische und gesundheitsbezogene Informationen von einer halben Million Teilnehmern aus Grossbritannien enthält. Sie wird von Wissenschaftlern weltweit genutzt, um die Ursachen von Krankheiten zu erforschen und Behandlungen zu entwickeln. Stamatakis und Kollegen erfassten, wie viele Personen im Beobachtungszeitraum von 6.9 Jahren starben und woran. Hierzu analysierten die Forscher die Daten von Studienteilnehmenden, die 7 Tage einen Aktivitätstracker am Handgelenk getragen haben. Dank den Beschleunigungsmessdaten aus den Wearables konnten sie unerforschte Bewegungsmuster wie kurze Phasen intensiver intermittierender körperlicher Aktivität (engl.vigorous intermittent lifestyle physical activity (VILPA)) erfassen. VILPA bezieht sich auf kurze und sporadische Phasen intensiver körperlicher Bewegung im Alltag von bis zu 1-2 Minuten, wie bspw. sehr schnelles Gehen auf dem Arbeitsweg oder Treppensteigen. In der Studie wurde der Zusammenhang zwischen VILPA und der Gesamtmortalität sowie der Sterberate von Herzkreislauf-Erkrankungen und Krebs untersucht. Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass ein geringes Mass an intensiver körperlicher Aktivitätmit einer deutlich niedrigeren Sterblichkeit verbunden ist. Teilnehmende mit einem mittleren VILPA-Aktivitätsmuster von drei Einheiten pro Tag mit 1-2 Minuten konnten das Gesamt- und Krebsmortalitätsrisiko um 38 bis 40 % und das Herzkreislauf-Erkrankung-Mortalitätsrisiko sogar um 48 bis 49 % verringern, im Vergleich zu Personen, die keine VILPA aufwiesen. Die Forscher haben somit entdeckt, dass schon wenige kleine VILPA pro Tag dazu führen, das Leben zu verlängern und Krankheiten vorzubeugen.
Wer Bus und Zug hinterher rennt, könnte sein Leben verlängern
Das Bundesamt für Sport empfiehlt aktuell für erwachsene Personen mindestens 2.5 Stunden Bewegung pro Woche in Form von Alltagsaktivitäten oder Sport mit mindestens mittlerer Intensität bzw. 1.25 Stunden Sport oder Bewegung mit hoher Intensität durchzuführen. Aktivitäten, die mehr als 10 Minuten dauern, können im Laufe eines Tages zusammengezählt werden. Falls du jedoch mit Sport nichts anfangen kannst oder keine Zeit dafür findest, solltest du darauf achten, wenigstens im Alltag für ein paar kleine hoch-intensive Aktivitäten zu sorgen – sei es beim Treppensteigen, Bergaufgehen, mit dem Hund spielen oder zum Bus laufen. Der neue Schwerpunkt liegt also auf allen körperlichen Aktivitäten, unabhängig von der Dauer der Belastung. Als künftige Empfehlung könnte also gelten, dass du auch aus kurzen hoch-intensiven Aktivitäten gesundheitliche Vorteile erzielen kannst.
Referenzen
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- Stamatakis E, Chaudhury M. Temporal trends in adults’ sports participation patterns in England between 1997 and 2006: the Health Survey for England. Br J Sports Med. British Association of Sport and Excercise Medicine; 2008;42: 901–908. doi:10.1136/BJSM.2008.048082
- O’Donovan G, Lee IM, Hamer M, Stamatakis E. Association of “Weekend Warrior” and Other Leisure Time Physical Activity Patterns With Risks for All-Cause, Cardiovascular Disease, and Cancer Mortality. JAMA Intern Med. American Medical Association; 2017;177: 335–342. doi:10.1001/JAMAINTERNMED.2016.8014
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- Wang Y, Nie J, Ferrari G, Rey-Lopez JP, Rezende LFM. Association of Physical Activity Intensity With Mortality: A National Cohort Study of 403 681 US Adults. JAMA Intern Med. American Medical Association; 2021;181: 203–211. doi:10.1001/JAMAINTERNMED.2020.6331
- Rey Lopez JP, Gebel K, Chia D, Stamatakis E. Associations of vigorous physical activity with all-cause, cardiovascular and cancer mortality among 64 913 adults. BMJ Open Sport Exerc Med. BMJ Specialist Journals; 2019;5: e000596. doi:10.1136/BMJSEM-2019-000596
- Rey Lopez JP, Sabag A, Martinez Juan M, Rezende LFM, Pastor-Valero M. Do vigorous-intensity and moderate-intensity physical activities reduce mortality to the same extent? A systematic review and meta-analysis. BMJ Open Sport Exerc Med. BMJ Specialist Journals; 2020;6: e000775. doi:10.1136/BMJSEM-2020-000775
- Stamatakis E, Ahmadi MN, Gill JMR, Thøgersen-Ntoumani C, Gibala MJ, Doherty A, et al. Association of wearable device-measured vigorous intermittent lifestyle physical activity with mortality. Nat Med 2022 2812. Nature Publishing Group; 2022;28: 2521–2529. doi:10.1038/s41591-022-02100-x
Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.