Kurze Pause innerhalb des Sets, Drop-Set oder traditionelles Krafttraining – Was führt zu mehr Kraft oder grösseren Muskeln?
Mit traditionellem Krafttraining ist meist die Kombination aus einer beliebigen Anzahl von Sätze und Repetitionen gemeint. Weitere Trainingsarten sind das Drop-Set oder ein Set, das eine kurze Pause innerhalb des Sets beinhaltet. Was bringt mehr bezüglich Kraft und Muskelmasse?
Es ist bekannt, dass Krafttraining zur Erhöhung von Kraft und Muskelmasse führt und deswegen auch als Intervention von Ärzten und/oder Physiotherapeuten verschrieben wird [1]. Krafttraining besteht aus mehreren modifizierbaren und nicht-modifizierbaren Faktoren. Die modifizierbaren Faktoren können manipuliert werden. In der Forschung werden diese Faktoren manipuliert, häufig mit dem Ziel, eine Steigerung der Effizienz und/oder Effektivität nachzuweisen. So werden auch unterschiedliche Krafttrainingsarten miteinander verglichen.
Eine kurze Pause während des Sets, ein Drop-Set oder traditionelles Krafttraining
Zusätzlich zu «traditionellen» Krafttraining, das meistens aus einer Anzahl von Sätzen und einer Anzahl von dazugehörigen Repetitionen besteht, gibt es eine Vielzahl weiterer Trainingsarten. Eine Möglichkeit stellt das Drop-Set dar. Hier wird ein Set mit einer vorgegebenen Masse [kg]/Intensität [% des 1-Repetitionsmaximiums] bis zur Erschöpfung trainiert. Beim Erreichen der Erschöpfung wird die Masse/Intensität üblicherweise um 20-25% [2] reduziert und bis zur Erschöpfung weitertrainiert, was zusätzliche Repetitionen erlaubt [3,4].
Eine weitere Trainingsart ist, eine kurze Pause (engl. rest-pause) während des Sets zu machen und dann weiter zu trainieren. Die Pause ist üblicherweise kurz (10 – 20 Sekunden) und erlaubt es Personen, die die vorgegebene Anzahl Repetitionen nicht erreichen, sich kurz zu erholen und die fehlenden Repetitionen gleich im Anschluss an die Pause zu absolvieren [4,5].
Wozu das Ganze
In der Forschung wird spekuliert, dass unterschiedliche Trainingsarten im Körper ein Milieu schaffen, das für den Kraft- und Muskelzuwachs förderlich ist [5–8]. Das Drop-Set erhöht z.B. den metabolischen Stress, indem bis zur Erschöpfung viele Repetitionen ausgeführt werden [7,8], während eine Pause innerhalb des Sets hilfreich ist, den mechanischen Stress zu erhöhen, indem die Spannungsdauer verlängert wird [5,9].
Die höhere mechanische und metabolische Belastung durch die unterschiedlichen Trainingsarten, könnten zu mehr Kraftzuwachs und zu mehr Muskelmasse führen [5,7–11]. Doch ist das tatsächlich so? Dieser Frage hat sich ein Forschungsteam um Alysson Enes angenommen [12]. Sie untersuchten, was die Effekte auf die Kraft und die Muskelmasse sind, wenn die unterschiedlichen Trainingsarten miteinander verglichen werden, und zwar so, dass alle Gruppen das gleiche Trainingsvolumen absolvierten. Sie nahmen an, dass Drop-Set und/oder eine Pause innerhalb des Sets zu mehr Kraft und Muskelmasse führen als das traditionelle Krafttraining.
Studiendesign und Methoden
Hierzu untersuchten sie 28 krafttrainingserfahrene Männer zwischen 18 und 30 Jahren. Diese teilten sie in drei Gruppen ein. 9 Probanden waren der Drop-Set Gruppe zugeordnet, 10 der Pausen-Gruppe und 9 absolvierten ein traditionelles Krafttraining. Die Studiendauer betrug 8 Wochen, wobei 2 Mal pro Woche trainiert wurde. Dabei trainierten die Probanden die folgenden Übungen immer in derselben Reihenfolge: Kniebeuge mit der Langhantel, 45° Beinpresse, Kniestreckung sitzend, Kreuzheben mit gestreckten Beinen und Kniebeugung sitzend.
Die Trainingsprotokolle sahen wie folgt aus:
Gruppe | Sets | Repetitionen | Intensität [% 1-RM] | Pause [s] |
---|---|---|---|---|
Drop-Set | 3 | 10 + 6 | 75
55 | Zwischen des Sets: 120 |
Kurze Pause | 3 | 10 + 6 | 75 | Innerhalb des Sets: 20
Zwischen den Sets: 120 |
Traditionelles Krafttraining | 4 | 12 | 70 | Zwischen den Sets: 120 |
Das totale Trainingsvolumen wurde berechnet als Produkt der Anzahl Sätze, der Anzahl Repetitionen und der Trainingsintensität. Um die Trainingsarten zu vergleichen, wurde das Volumen zwischen den Gruppen ausgeglichen. Zudem wurden die Teilnehmer aufgefordert, ihre gewohnte Ernährung beizubehalten, um die Resultate nicht zu beeinflussen. Die Kraft wurde mittels direktem 1-Repetitionsmaximum-Tests, bei dem die Masse bei jedem erfolgreichen Versuch um ca. 5% gesteigert wurde, gemessen. Dies für alle Übungen.
Die Muskeldicke wurde mittels Ultraschall gemessen. Dies bei 30%, 50% und 70% des Abstands vom Hüft- bis zum Kniegelenk, beginnend beim Hüftgelenk. Hierbei wurde die Muskeldicke aus der Kombination des m. vastus lateralis und des m. vastus intermedius gemessen.
Die Resultate
Vergleicht man die Kraft bei allen Trainingsgruppen zwischen Ende und Anfang der Studiendauer, haben alle Gruppen höchst signifikant (P < 0.001) an Kraft zugelegt. Die Gruppe, diewelche innerhalb des Satzes eine kurze Pause machte, hatte einen signifikant höheren Kraftzuwachs (P > 0.001) im Vergleich zu der Gruppe, welche traditionell trainierte. Zwischen der Drop-Set- und der Pausengruppe gab es jedoch keinen signifikanten (P = 0.093) Unterschied.
Die Muskeldicke nahm bei allen Gruppen im Vergleich zum Ausgangswert höchst signifikant zu bei den proximalen (P = 0.0001) und mittleren (P = 0.0001) Abschnitten des seitlichen Oberschenkels. Jedoch nicht für den distalen, also den am weitesten entfernten Abschnitt der Muskeldickenmessung (P = 0.495). Zwischen den einzelnen Gruppen gab es bei keiner Muskeldickenmessung bei einem der drei Messpunkte einen signifikanten Unterschied (P = 0.61). Auch die Analyse der Makronährstoffe (P = 0.751) oder der Gesamtenergiezufuhr (P = 0.476) ergab keinen Unterschied zwischen den Gruppen.
Schlussfolgerungen
Die Studie zeigt, dass bei gleichem Trainingsvolumen, der Muskeldickenzuwachs bei allen Gruppen ähnlich gross und nicht von statistisch signifikantem Unterschied ist. Das heisst, dass es bei gleichem Trainingsvolumen bei diesen Trainingsarten ein ähnlich grosser Muskelmassenzuwachs zu erwarten ist.
Alle Gruppen erhöhten ihre Kraft gegenüber dem Ausgangswert. Die Gruppe, die innerhalb des Satzes eine kurze Pause absolvierte, zeigte jedoch gegenüber dem traditionellen Training einen signifikant grösseren Kraftzuwachs. Im Vergleich zum Drop-Set Training fiel der Zuwachs an Kraft jedoch nicht statistisch signifikant aus. Die kurze Pause innerhalb des Sets ermöglichte es den Probanden die höhere mechanische Belastung über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Das könnte aufgrund der Spezifität der Anpassung zu einem höheren Kraftzuwachs geführt haben. Die Frage, weshalb der distale, also der weitest entfernte Teil des Oberschenkelmuskels nicht signifikant gewachsen ist im Vergleich zum Ausgangswert, kann nicht vollumfänglich beantwortet werden. Es wird davon ausgegangen, dass das Muskelwachstum nicht homogen über die gesamte Länge ist und mit der regionsspezifischen Aktivierung und mit strukturellen Veränderungen, z.B. dem Fiederungswinkel, entlang der Muskellänge im Zusammenhang steht [13–16].
Betrachten wir die Effizienz, ist das Drop-Set nicht zu schlagen. In der Studie wurden 1 s für die konzentrische Kontraktionsphase und 2 s für die exzentrische Kontraktionsphase verwendet. Die isometrischen Kontraktionsphasen betrugen 0 s. Das heisst, dass pro Repetition 3 s benötigt wurden und somit fürs Drop-Set für einen Satz 48 s. Bei 15 Sätzen für 5 Übungen macht dies eine totale Trainingszeit von 2400 s oder 40 min. Rechnen wir das für die Pausengruppe, erhalten wir pro Satz 68 s. Die totale Trainingszeit 2700 s oder 45 min. Für die traditionelle Trainingsgruppe ergibt sich eine Satzdauer von 36 s. Bei 20 Sätzen für 5 Übungen, schlägt die Trainingszeit mit 3000 s oder 50 min zu Buche. Dies für einen ähnlichen Muskelmassenzuwachs. In diesem Beispiel beträgt somit die Steigerung der Effizienz beim Vergleich von Drop-Set-Trainingsart mit traditionellem Krafttraining bereits 20%.
Wir arbeiten an der ETH Zürich intensiv an der Digitalisierung und Motorisierung des Krafttrainings, das uns eine weitere Effizienzsteigerung durch personalisierte Trainingsarten ermöglicht. Wir hoffen, mit dieser Forschung das Krafttraining effektiver und effizienter zu gestalten und den Faktor Zeit insofern zu minimieren, dass er nicht mehr als Hindernis für Krafttraining gilt. Wir hoffen so zum Paradigmenwechsel beitragen zu können und möchten erreichen, dass Krafttraining als eine unverzichtbare Komponente eines gesunden Lebensstils und einer nachhaltigen Gesundheitsförderung anerkannt wird.
Referenzen
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Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.