Hintergrund

Macht Nintendo mit der Switch 2 den gleichen Fehler wie Sony mit der PS3?

Macht Nintendo Schluss mit preiswerten Konsolen? Die Switch 2 kostet fast so viel wie die PS5 zum Launch. Mehr Parallelen hat die Konsole aber zur PS3. Das gleiche Schicksal wie Sony damals dürfte Nintendo dennoch nicht ereilen.

Der Preis der Switch 2 und besonders der Spiele sorgt für rote Köpfe. Galten Nintendo-Konsolen bis anhin als preisgünstige Familien-Geräte, musst du für die Switch 2 tiefer in die Tasche greifen. Das weckt unschöne Erinnerungen an Sony anno 2006.

Im Gegensatz zum Mic-Drop-Moment bei der Preisverkündung der günstigen PS1, schluckten die Zuschauer bei der Vorstellung der PS3 leer.
Im Gegensatz zum Mic-Drop-Moment bei der Preisverkündung der günstigen PS1, schluckten die Zuschauer bei der Vorstellung der PS3 leer.
Quelle: Youtube/Noclip

Sony verschätzte sich

Das Playstation-Unternehmen surfte vor 20 Jahren auf einer riesigen PS2-Erfolgswelle. Mit über 160 Millionen verkauften Einheiten ist sie bis heute die meistverkaufte Konsole aller Zeiten. Dieses Hoch verleitete Sony dazu, die PS3 zu einem gesalzenen Preis zu verkaufen. Für die 20-GB-Version mussten Spieler 499,99 US-Dollar und für die 60-GB-Version 599,99 US-Dollar hinblättern. Das entspricht heute Preisen von 790, respektive 950 US-Dollar. Sony überschätzte jedoch die eigene Popularität. Nur ein Jahr später senkte das Unternehmen die Preise um 100 US-Dollar, um mit den günstigeren Xbox 360 und Wii Schritt halten zu können.

Nintendo findet sich mit der Switch 2 in einer ähnlichen Situation wieder. Die Switch 1 steht aktuell mit über 150 Millionen verkauften Einheiten auf Platz drei, direkt hinter dem Nintendo DS. Die 2007 gelaunchte Hybrid-Konsole ist ein gigantischer Erfolg für das japanische Unternehmen. Während die erste Switch allerdings für 299.99 US-Dollar auf den Markt kam, kostet die Nachfolgerin 449 US-Dollar. Inflationsbereinigt ist das ein Aufschlag von 80 US-Dollar.

Schweiz ist nicht gleich USA

Dennoch ist die Switch 2 «nur» die knapp drittteuerste Nintendo-Konsole aller Zeiten – gerechnet anhand der US-Preise. Das liegt auch daran, dass Preisaufschläge selten waren. In den 80ern und 90ern hielt die japanische Spieleschmiede lange am gleichen Preis von 199 US-Dollar fest. Erst 2006 traute sich das Unternehmen, für die Wii 50 US-Dollar mehr zu verlangen.

Günstig ist Switch 2 also nicht. Eine PS5 ist bereits ab 400 Franken/Euro zu haben und die hat deutlich mehr Leistung. Dafür ist sie nicht portabel. Auch beim Zubehör spart Nintendo. Der mitgelieferte Joy-Con-Grip, der aus zwei Joy-Cons einen Controller macht, hat erneut keine Ladefunktion. Das entsprechende Modell kostet extra. Genau wie die integrierte Chat-Funktion, die mit der neuen C-Taste gestartet wird. Die funktioniert nur mit dem kostenpflichtigen Nintendo-Online-Abo. Ohne ist die Taste nutzlos.

In der Schweiz erschienen Nintendos Konsolen lange Zeit deutlich später als in den USA und auch als in anderen europäischen Ländern. Als wir den NES in der Migros kaufen konnten, stand in den USA bereits der Super Nintendo in den Läden. Darum verwundert es nicht, dass die erste Nintendo-Konsole in der Schweiz die günstigste von allen ist. Die teuerste ist die Switch 2, dicht gefolgt vom Nintendo 64.

Zur besseren Vergleichbarkeit mit den USA habe ich die Schweizer Preise zusätzlich auf die damaligen Dollar-Kurse umgerechnet und anschliessend mit dem US-Inflations-Rechner auf 2025-Niveau angehoben. Die Mehrwertsteuer habe ich ausser Acht gelassen.

Die Preisentwicklung in der Schweiz ist nicht 1:1 mit den USA vergleichbar. Zum einen unterscheiden sich Kaufkraft und Teuerung, zum anderen sind die Preise für NES, SNES, Nintendo 64 und Gamecube alten Migros-Inseraten entnommen. Möglich, dass andere Händler andere Preise hatten. Offizielle Schweizer Preise folgten erst viel später. Und erst seit der Wii erscheinen die Konsolen weltweit mehr oder weniger zeitgleich.

In einem Inserat im Brückenbauer, dem Vorgänger der Migros Zeitung, wird der NES zusammen mit «Super Marios Bros.» für 210 Franken angepriesen. Das Inserat stammt vom Oktober 1991.
In einem Inserat im Brückenbauer, dem Vorgänger der Migros Zeitung, wird der NES zusammen mit «Super Marios Bros.» für 210 Franken angepriesen. Das Inserat stammt vom Oktober 1991.
Quelle: Migros

Wie viel ist «Mario Kart» Wert?

US-Nintendo-Chef Doug Bowser begründet den hohen Preis mit der verbesserten Hardware und der allgemeinen Game-Erfahrung, die das Gerät im Vergleich zur Vorgängerin bieten soll. Mit den neuen US-Zöllen soll der Preis hingegen nichts zu tun haben.

Der Hauptunterschied zu Sony, die sich mit der Playstation 3 verkalkulierten, sind die Spiele. Niemand sonst kann auf so viele exklusive Millionenseller wie «Super Mario», «The Legend of Zelda» oder «Pokémon» zählen. «Mario Kart 8» alleine verkaufte sich über 67,35 Millionen mal. Damit ist es nicht nur das mit Abstand bestverkaufte Switch-Game, sondern auch das fünftbeste überhaupt – die Wii-U-Verkäufe mit einberechnet. Das scheint Nintendo nun auszunutzen.

Für «Mario Kart World» musst du besonders tief in die Tasche greifen, sofern du es nicht im Bundle mit der Konsole kaufst.
Für «Mario Kart World» musst du besonders tief in die Tasche greifen, sofern du es nicht im Bundle mit der Konsole kaufst.
Quelle: Nintendo

Denn auch die eigenen Spiele werden drastisch teurer. Für das wohl begehrteste von allen, «Mario Kart World», verlangt Nintendo satte 70 US-Dollar – für die digitale Version. Die physische kostet sogar 80 US-Dollar. Für die verbesserte Switch-2-Version von «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» sind 80 US-Dollar fällig – ein Spiel, das ursprünglich für die Wii U erschien. Und die Erweiterung ist auch nicht enthalten. Der Standard-Preis für AAA-Spiele liegt gemeinhin bei 60 US-Dollar. Allerdings haben Sony und Microsoft diesen bereits mit dem Launch der PS5, respektive Xbox Series, bei einigen Titeln auf 70 US-Dollar angehoben. Auch Nintendo hat für «The Legend of Zelda Tears of the Kingdom» zehn Dollar mehr verlangt.

Für das neue «Donkey Kong Bananza» verlangt Nintendo ebenfalls mehr, allerdings zehn Dollar weniger als für «Mario Kart World». Bowser nennt das flexible Preispolitik und daran will man offenbar festhalten. «Jedes Game ist eine einzigartige Erfahrung, darum werden wir die Preise entsprechend variieren», sagte das amerikanische Nintendo-Oberhaupt gegenüber The Verge.

Spielpreise sinken

Historisch gesehen sind die neuen Spielpreise allerdings weniger hoch, als sie den Anschein machen. Das zeigt eine Auswertung des Techblogs Arstechnica. In den 90er-Jahren entwickelten sich die absoluten Spielpreise steil nach oben. Erst das Aufkommen der CD-Rom und digitalen Spielen führte zu einer Preisentlastung. Inflationsbereinigt sieht die Sache noch einmal anders aus. «Centipede» für den Atari 2600 kostete 1983 34,99 US-Dollar. Das sind heute fast 90 US-Dollar. Im oben gezeigten Migros-Inserat aus dem Jahr 1991 wird für NES-Spiele geworben, die zwischen 65 und 115 Franken kosteten. Das entspricht heute bis zu 149 Franken. Die Grafik zeigt dann auch, dass seit Ende der 90er-Jahre die tatsächlichen Game-Preise stetig gefallen sind.

In den vergangenen 30 Jahren sind Game-Preise konstant gesunken, wenn die Inflation einberechnet wird.
In den vergangenen 30 Jahren sind Game-Preise konstant gesunken, wenn die Inflation einberechnet wird.
Quelle: Kyle Orland/Ars Technica

80 US-Dollar für «Mario Kart World» ist im historischen Kontext also nicht aussergewöhnlich teuer. Und wenn man bedenkt, was für Preise für «GTA 6» herumgeistern, ist es sogar zu verkraften. Bis zu 100 US-Dollar könnte Rockstar offenbar für seinen nächsten Hit verlangen, prognostizieren Analysten. Während das Openworld-Gangster-Abenteuer aber inklusive Marketing eine Milliarde US-Dollar kosten könnte, dürfte Nintendo einen Bruchteil davon in «Mario Kart World» investiert haben.

Die leicht verbesserte Version von «The Legend of Zelda: Breath of the Wild», das für die Wii U entwickelt wurde, erscheint zum Premium-Preis auf der Switch 2.
Die leicht verbesserte Version von «The Legend of Zelda: Breath of the Wild», das für die Wii U entwickelt wurde, erscheint zum Premium-Preis auf der Switch 2.
Quelle: Nintendo

Möglich, dass Nintendo dank seines einzigartigen Portfolios mit den höheren Preisen davonkommt. Allerdings haben auch deren Fans gezeigt, dass sie sich nicht alles bieten lassen. Beim 3DS zog Nintendo nach weniger als vier Monaten die Notbremse und senkte den Verkaufspreis von 250 auf 170 US-Dollar. Ob das bei der Switch 2 wieder passiert, ist allerdings fraglich.

Die Switch 2 erscheint am 5. Juni. Dann, respektive in den kommenden Wochen und Monaten, wird sich zeigen, ob sich Nintendo verkalkuliert hat oder ob Mario und Co. genug starke Zugpferde sind.

Mehr über das Thema reden wir in der aktuellen Folge des Tech-telmechtel-Podcasts

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