Mavic 3 Classic und Mini 3: Das taugen DJIs Budget-Drohnen
In den letzten zwei Monaten hat DJI günstige Varianten der kleinen Mini und der grossen Mavic veröffentlicht. Der Vergleichstest mit den Originalversionen der Drohnen zeigt: Sie sind nicht schlecht, aber unnötig.
Das Drohnensortiment von DJI ist ein Dschungel. In so ziemlich jeder Preis- und Grössenklasse bieten die Chinesen dir ein Gerät an. Die neueste Modeerscheinung: Leicht abgespeckte Versionen von «Pro»-Modellen für etwas weniger Geld. Die DJI Mavic 3 Classic ist eine Budget-Version der DJI Mavic 3, die DJI Mini 3 eine Billigvariante der DJI Mini 3 Pro. Ich könnte mich einen ganzen Artikel lang über die unlogische, willkürlich wechselnde Namensgebung aufregen. Stattdessen teste ich die beiden Budget-Drohnen im direkten Vergleich mit ihren grossen Schwestern. Die eine würde ich empfehlen, die andere nicht.
DJI Mini 3: Deutliche Nachteile
Als erstes schaue ich mir den neuesten Zugang in DJIs Line-up an – die Mini 3. Sie kostet mit Standard-Controller und ohne Zubehör 600 Franken oder 580 Euro. Das sind 300 Franken oder 250 Euro weniger als die Mini 3 Pro. Der Abstand verkleinert sich, wenn du die Bundles mit Zusatzakkus oder der RC-Fernbedienung willst. Letztere hat ein eigenes Display und funktioniert ohne Handy, was ich enorm praktisch finde. Auf was verzichtest du also, wenn du mit der Mini 3 dein Portemonnaie schonen willst?
Bildqualität: Gleicher Sensor, schlechtere Formate
Die Gute Nachricht zuerst: Die günstige Mini 3 erbt den 1/1,3 Zoll grossen Sensor und das lichtstarke f/1,7-Objektiv mit 24 mm Brennweite des Pro-Modells. Damit macht die 248 Gramm leichte Drohne gute Bilder und Videos. Bei schlechten Lichtverhältnissen rauschen die Aufnahmen nicht mal stärker als bei grösseren Modellen. Denn die Mini muss dank ihrer grossen Blendenöffnung die ISO nicht so stark hochdrehen. Sie filmt in 4K mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde (FPS) und 8 bit. Die Fotos haben eine Auflösung von 12 Megapixeln.
Diese Werte sind schlechter als bei der Mini 3 Pro. Die kann 4K mit bis zu 60 FPS und hat einen Highres-Modus für Standbilder mit 48 Megapixeln. Die grösseren Probleme der neuen Budget-Drohne sind für mich aber die beschränkten Farbprofile und Dateiformate: Während die Pro D-Cinelike mit 10 bit Farbtiefe und die bessere H.265-Komprimierung beherrscht, fehlt bei der Mini 3 beides. Wenn du deine Videos am Computer bearbeiten willst, ist das ein gravierender Nachteil. Fotos kann auch die günstige Drohne im RAW-Format aufnehmen.
Klar: Ein Grossteil der Zielgruppe hat ohnehin keine Lust, Videos am Computer zu graden und will einfach möglichst gute Aufnahmen mit möglichst wenig Aufwand. Dafür reicht das Standard-Farbprofil. Auch in diesem sehe ich aber in meinen Testaufnahmen einen Unterschied zur teureren Pro. Betrachte ich im Video oben den um 800 Prozent vergrösserten Ausschnitt, kann ich bei der Mini 3 Pro die Schrift noch gut lesen, bei der günstigen Mini 3 fast nicht mehr. Das ist pixel peeping im Labor, doch auch in der Praxis hat die Drohne mehr Mühe damit, feine Details wie Äste aufzulösen. Ich vermute, das liegt an einem schwächeren Bildprozessor oder einer schlechteren Komprimierung.
Features: Schau doch selber
Abstriche machen musst du auch in Sachen Hinderniserkennung. Eine solche hat die Mini 3 nämlich nur nach unten – und nicht einmal die ist sonderlich zuverlässig in meinen Tests. Das halte ich für ein grosses Problem bei einer Einsteiger-Drohne. Die Pro hat hingegen gut funktionierende Sensoren nach unten, vorne und hinten. Wenn du also die 300 Franken sparen willst, bist du besser geübt im Fliegen oder suchst dir eine Umgebung ohne Hindernisse. Hinzu kommt, dass die Budget-Drohne das Bildsignal nur in 720p auf den Controller überträgt. Bei der Pro kommen 1080p an. Auf die Bildqualität der Aufnahmen hat das keinen Einfluss, aber das Fliegen macht weniger Spass.
Tracking-Features suche ich vergebens. Das einzige, was die Mini 3 kann, sind ein paar Quickshots wie Dronie oder Spirale. Selbst die sehen bei mir aber ganz schön wackelig aus, ich gebe dem wahrscheinlich schwachen Prozessor und den fehlenden Sensoren die Schuld. Die Mini 3 Pro beherrscht indessen auch die neuen Mastershots und kann Personen oder Autos automatisch verfolgen.
Der Rest: Passt
Von den zwei grossen Unterschieden abgesehen liefert die Mini 3 die gleiche solide Leistung wie ihre grosse Schwester: Das Fliegen ist gewohnt einfach, beide Drohnen schaffen im Sportmodus etwa 40 Stundenkilometer und bleiben in der Praxis etwa eine halbe Stunde in der Luft. Das finde ich sehr gute Werte für diese Grösse. Auch die Übertragung ist mit der RC-Fernbedienung zuverlässig und die Reichweite mehr als ausreichend.
Was mir bei beiden Varianten der kleinen Drohne positiv auffällt, ist die geringe Lautstärke. Ich messe bei 30 Zentimeter Abstand 67 Dezibel. Zum Vergleich: Die grosse Mavic 3 surrt rund 10 Dezibel lauter. Sobald sich die Mini 3 etwas weiter weg befindet, ist sie aussergewöhnlich leise und viel weniger nervig für Unbeteiligte als andere Drohnen.
DJI Mavic 3 Classic: An der richtigen Stelle gespart
Die höhere Lautstärke der Mavic 3 kommt nicht von ungefähr. Sie ist verglichen mit der Mini ein massives Gerät. Seit diesem November gibt es DJIs grösste faltbare Drohne in einer Budget-Variante: Die Mavic 3 Classic kostet 1700 Franken oder 1600 Euro. In der Schweiz ist der Abstand zur originalen Mavic 3 klein, da diese seit Release günstiger geworden ist. Der Preisvorteil beträgt nur 170 Franken. In Deutschland sind es hingegen 330 Euro. Es ist zu erwarten, dass sich der Unterschied auch in der Schweiz in ein paar Monaten bei 300 Franken einpendeln wird. Die Classic gibt es im Bundle mit der RC-Fernsteuerung aber nicht als Fly More Combo. Bei der teureren Variante ist es genau umgekehrt. Warum? Keine Ahnung.
Bildqualität: Genau so gut
Im Gegensatz zur Mini musst du bei der günstigen Version der Mavic 3 keinerlei Abstriche bei der Bildqualität machen. Wie schon das Original filmt die Classic in 5,1K mit bis zu 50 FPS und in 4K sogar mit bis zu 120 FPS – beides auch im H.265 Codec und wahlweise im HLG- oder D-Log-Farbprofil. Letzteres ist noch flacher als das D-Cinelike-Profil der Mini Pro und behält besonders in kontrastreichen Szenen die meisten Details in dunklen und hellen Bereichen. Auch überschärft es die Aufnahmen nicht so sehr wie das Standard-Farbprofil. Dafür musst du danach etwas Arbeit am Computer investieren, um die Videos zu graden. Der Aufwand lohnt sich aber meiner Meinung nach. Das D-Log-Farbprofil wäre für mich einer der Hauptgründe, eine Mavic statt einer kleineren Drohne zu kaufen. Was ich sehr gut gelöst finde: Du kannst im kontrastarmen D-Log aufnehmen, dir aber auf dem Controller ein normales Farbprofil anzeigen lassen. So lässt sich die Belichtung trotzdem gut beurteilen.
Auch bei den Fotos gibt es keine Unterschiede zwischen den zwei grossen Brummern. Beide liefern 20 Megapixel in JPG oder RAW. Der 4/3 Zoll grosse Sensor sorgt für einen guten Dynamikumfang. Das Rauschverhalten ist ebenfalls in Ordnung, besonders im Vergleich mit anderen Drohnen. Wunder darfst du aber keine erwarten, ISO-Werte jenseits von 800 sehen nicht mehr besonders gut aus. Das 24-mm-Objektiv ist ebenfalls nicht über jeden Zweifel erhaben, auch wenn das Hasselblad-Logo auf dem Kameramodul prangt. In der Bildmitte löst es sehr feine Details auf, zu den Rändern hin fällt die Schärfe aber deutlich ab. Die Blende ist variabel, was vor allem bei Videoaufnahmen nützlich ist. Kleiner als f/7 würde ich sie aber nicht machen, da dann die Beugungsunschärfe einsetzt.
Features: Kein Tele, dafür eine C1-Klassifizierung
Das Einzige, was der Mavic 3 Classic fehlt, ist das Tele-Objektiv – die Originalversion hat neben der Hauptkamera eine zweite mit einem 1/2-Zoll-Sensor und 162 mm Brennweite. Doch die ist eher Spielerei: Erstens ist die Bildqualität damit erheblich schlechter als mit der Hauptkamera. Das Tele hat eine fixe f/4,4-Blende und ich kann nicht im D-Log-Farbprofil filmen. Wie du im Video unten siehst, lässt auch die Schärfe zu wünschen übrig. Zweitens ist das Sichtfeld für die meisten Anwendungen zu eng. Schade, denn ich filme oft Kletterszenen, wo ein anderes Objektiv als das immergleiche Weitwinkel durchaus nützlich wäre. Sinnvoll wäre aber eher etwas im Bereich von 50 mm. Die optische 7x-Vergrösserung der Mavic 3 ist mir viel zu viel. Und die digitale Erweiterung bis auf 28x eignet sich sowieso nur noch zur Spionage.
Auf dieses Feature kann ich gut verzichten. Davon abgesehen hat die Classic keinerlei Nachteile. Ihre Hinderniserkennung ist hervorragend, sie hat Sensoren in alle Richtungen, auch seitwärts und nach oben. Das finde ich enorm wertvoll, wenn ich mit der Drohne in der Nähe von Bäumen fliege – Meine private Air 2 mit weniger Sensoren hat schon mehrmals Bekanntschaft mit Ästen gemacht. Ansonsten spendiert DJI der Classic alle automatischen Modi wie Mastershots und das neueste Objekt-Tracking.
Als erste Drohne kommt die Classic ab Werk mit einer C1-Klassifizierung. Das wird spätestens ab 2024 relevant. Dann endet die Übergangsfrist für das neue Drohnengesetz, welches am 1. Januar 2023 in der Schweiz in Kraft tritt. Drohnen ab einem Gewicht von 250 Gramm ohne Klassifizierung unterliegen nach der Übergangsfrist deutlich strengeren Restriktionen. Die Mavic 3 Classic ist hingegen zukunftssicher und darf auch dann weiterhin in der Kategorie A1 fliegen. Was das genau bedeutet, kannst du auf dieser Webseite des BAZL nachlesen.
Der Rest: State of the Art
Durch ihre Grösse braucht die Mavic 3 Classic viel Power. Zum Glück ist der Akku entsprechend dimensioniert und hält über 40 Minuten. Dabei kann die Drohne über 60 Stundenkilometer schnell fliegen und hat durch DJIs Übertragungssystem O3+ massig Reserven in Sachen Reichweite. Die Mavic macht zwar viel mehr Lärm als die Mini, ist aber auch nicht ohrenbetäubend. Für diese Grösse finde ich die Lautstärke in Ordnung. Insgesamt gibt es an der Leistung der Mavic 3 Classic einfach nichts auszusetzen – ihre einzigen Nachteile sind Preis, Gewicht und Grösse.
Fazit: Ok, aber braucht es das wirklich?
Schlecht sind beide neuen Budget-Drohnen nicht. Ihre Verkaufspreise reihen die Mini 3 und die Mavic 3 Classic an den richtigen Stellen ins bestehende Sortiment ein. Mit der neuen Billig-Mini nimmst du aber deutliche Abstriche gegenüber der Pro-Version in Kauf: Auch wenn der Sensor der gleiche ist, schränken die verfügbaren Videoformate die Bildqualität ein. Noch schlimmer finde ich die quasi nicht vorhandene Hinderniserkennung. Hier spart DJI meiner Meinung nach am falschen Ende. Wenn du eine kleine Drohne willst, empfehle ich dir deshalb nach wie vor die Mini 3 Pro. Besonders in den Bundles lohnt sich der Aufpreis. Und mit richtig schmalem Budget würde ich eher zur älteren Mini 2 greifen. Die ist in der Fly More Combo ein echtes Schnäppchen.
Umgekehrt fällt meine Empfehlung bei der Mavic aus. Die neue Classic verzichtet nur auf das ohnehin nicht sehr nützliche Tele-Objektiv. Sonst bietet sie die gleich hervorragende Bildqualität und die gleich guten Flugeigenschaften wie die ursprüngliche Mavic 3. Ich würde mir deshalb die Mehrkosten sparen. Allerdings ist der Preisunterschied zum heutigen Zeitpunkt noch sehr klein, da die Classic frisch auf dem Markt ist. Wenn du Zeit hast, dürfte sich ein wenig Geduld lohnen.
Bei so kleinen Unterschieden zwischen den verschiedenen Modellen stellt sich die Frage: Braucht es die zusätzlichen Versionen wirklich? Nein, finde ich. Die schwindelerregende Geschwindigkeit, mit der DJI Drohnen auf den Markt schmeisst, bringt den meisten Kundinnen und Kunden schon lange nichts mehr. Sie ist eher frustrierend, da einerseits der Überblick verloren geht – und andererseits permanent das Gefühl herrscht, dass innert kürzester Zeit ein noch besseres oder günstigeres Modell kommt. Die hohe Frequenz dient nur dem Marketing. Denn jede neue Drohne bringt Medienpräsenz in Form von Tests, wie zum Beispiel diesem hier. Wir sehen uns bei der nächsten Runde auf dem Karussell.
Hinweis: 2023 tritt das EU-Drohnengesetz auch in der Schweiz in Kraft. Künftig brauchen Drohnen eine Klassifizierung, wobei nächstes Jahr noch eine Übergangsfrist gilt. Die Mavic 3 Classic ist die erste Drohne, die schon mit C1-Klassifizierung ausgeliefert wird. Für die Mavic 3 kann nachträglich eine C1-Klassifizierung beantragt werden. Momentan funktioniert das mit Schweizer Geräten aber noch nicht. Es ist zu erwarten, dass sich das bald ändert. Drohnen unter 250 Gramm wie die Mini 3 können auch nach der Übergangsfrist ohnehin unbeschränkt lange in der Kategorie A1 geflogen werden. Mehr zum Thema erfährst du in diesem Artikel von Kollege David Lee.
Titelbild: Samuel BuchmannMein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.