Stefanie Lechthaler
Produkttest

Mein erster Linoldruck: grob, kantig – und trotzdem perfekt

Linoldruck verbindet Tradition mit Kreativität. Mit ein paar Werkzeugen und etwas Geduld erschaffst du handgemachte Unikate. Ich habe mich an die Technik herangewagt und zeige dir, wie du selbst loslegen kannst.

Ich gebe es zu – hin und wieder bin ich echt verbissen und habe bei DIY-Projekten einen Hang zum Perfektionismus. Insbesondere, wenn ich mir Inspiration aus dem Internet hole und dabei denke: «Easy! Das schaff’ ich locker.». Dabei sollte ich langsam wissen, dass die Dinge, die leicht aussehen, meist die kniffligsten sind. Zum Glück wusste schon Bob Ross, dass happy little accidents das Basteln erst richtig … authentisch macht.

Also wage ich mich wieder einmal aus meiner Komfortzone: Linoleumdruck hat, vor allem bei einer Anfängerin wie mir, immer Ecken und Kanten. Und habe ich die Vorlage erstmal geschnitzt, gibt es kein Zurück mehr. Ob Fehlschnitte oder verrutschter Druck – rückgängig kann ich es nicht mehr machen. Da hilft nur noch bedingungslose Akzeptanz. Eine Lektion fürs Leben.

Das umfangreiche Starter-Kit beinhaltet alles, was ich für den Einstieg brauche.
Das umfangreiche Starter-Kit beinhaltet alles, was ich für den Einstieg brauche.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Für meinen Einstieg in das Kunsthandwerk nehme ich das Starterset von Essdee. Darin enthalten sind unterschiedlich grosse Linol- und SoftCut-Platten, einschliesslich zwei runder Platten für Stempel. Ausserdem bekomme ich sechs verschiedene Linolschneider, ein Tintenroller, eine Tube mit schwarzer Linoldruckfarbe, sowie einen Handschutz und eine Farbplatte.

Auswahl der Platte

Für den ersten Versuch entscheide ich mich für eine der SoftCut Platten. Im Gegensatz zur klassischen Linoldruckplatte hat sie eine weichere und flexiblere Oberfläche und lässt sich dementsprechend auch mit weniger Kraftaufwand schnitzen. Dafür soll sie aber auch weniger langlebig sein und mit der Zeit spröde werden.

Von der Zeichnung zum Stempel

In der Grösse der Platte zeichne ich mein Postkartenmotiv auf einem Blatt Papier vor. Dabei behalte ich im Hinterkopf, dass das Sujet möglichst simpel sein soll und schlussendlich spiegelverkehrt auf der Postkarte landet. Das ist insbesondere für den Text wichtig. Im Nachhinein hätte ich mit einem noch weniger filigranen Sujet beginnen sollen, aber dazu später mehr. Wenn du also Frust vermeiden willst, solltest du mit einem ganz einfachen Motiv starten.

Ich versuchs mal mit einem einfachen Motiv … glaube ich zu diesem Zeitpunkt noch.
Ich versuchs mal mit einem einfachen Motiv … glaube ich zu diesem Zeitpunkt noch.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Motiv übertragen

Sobald ich mit dem Motiv zufrieden bin, bemale ich die komplette Rückseite des Blattes deckend mit Bleistift und lege sie auf die Linolplatte. Alternativ könntest du ein Kohlepapier zwischen Zeichnung und Platte legen. Dann übertrage ich das Sujet auf die Platte, indem ich mit etwas Druck die Konturen mit dem Stift nachziehe.

Die Rückseite des Motivs bemale ich mit Bleistift …
Die Rückseite des Motivs bemale ich mit Bleistift …
... um das Sujet anschliessend auf die Platte zu übertragen.
... um das Sujet anschliessend auf die Platte zu übertragen.
Quelle: Stefanie Lechthaler
Mit Foldbackklammern fixiere ich das Blatt auf der Linolplatte, damit es beim Übertragen nicht verrutscht.
Mit Foldbackklammern fixiere ich das Blatt auf der Linolplatte, damit es beim Übertragen nicht verrutscht.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Der richtige Ansatz Aufsatz

Die grosse Auswahl an Klingen ist überwältigend. Es hat solche für breite Kerben und andere für detaillierte Linien. Und ich – bin planlos. Mehrmals wechsle ich die Aufsätze, bis ich einschätzen kann, wie tief die Schnitte sein sollen. Dann setze ich den Sicherheitsschneider ein. Der hat zwei «Flügel», die verhindern, dass die Klinge zu tief ins Material eintaucht. Ab da läuft alles wie am Schnürchen.

Verschiedene Aufsätze für verschiedene Zwecke. Ich teste alle auf einer freien Fläche, bevor ich die passende finde.
Verschiedene Aufsätze für verschiedene Zwecke. Ich teste alle auf einer freien Fläche, bevor ich die passende finde.
Quelle: Stefanie Lechthaler
Der Sicherheitsschneider gibt mir einen Anhaltspunkt, wie tief die Umrisse sein sollen.
Der Sicherheitsschneider gibt mir einen Anhaltspunkt, wie tief die Umrisse sein sollen.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Das meiste zumindest. Mein Motiv ist doch anspruchsvoller als gedacht. Das zeigt sich, wenn ich den kurvigen Umrissen der Figuren nachzufahren versuche. Die erste Hand der Figuren gelingt mir ziemlich gut, die andere endet in einem Massaker. Als Konsequenz daraus schnitze ich die Zehen zu viereckigen Klötzchen.

Mit der Zeit habe ich den Dreh wirklich raus und kann abschätzen, an welcher Stelle ich welche Klinge einsetzen muss. Und apropos schätzen. Die Dauer von sieben Stunden bis zum fertigen Linolschnitt hatte ich deutlich unterschätzt.

Den Handschutz verwende ich übrigens nicht. Für Kinder und blutige Beginnende mag der sicherlich nützlich sein und vor ekelhaften Unfällen bewahren. Aber hey … nur wer viel riskiert, kann die grossen Gewinne abschöpfen.

They see me rollin …

Jetzt geht es ans Drucken. Vor der Malerei überprüfe ich, ob alle Stellen gemäss meiner Vorlage ausgehöhlt sind. Dann ist die Schablone gut zum Druck. Dafür lege ich meinen Linolschnitt auf eine Plexiglasscheibe und gebe einen Klecks schwarze Farbe auf die mitgelieferte Walzplatte. Mit der Walze verteile ich die Farbe so lange, bis sie gleichmässig aufgenommen ist.

Der Schlüssel zum Erfolg: Ich muss die Farbe gleichmässig mit der Walze auf die Linolplatte auftragen.
Der Schlüssel zum Erfolg: Ich muss die Farbe gleichmässig mit der Walze auf die Linolplatte auftragen.
Quelle: Stefanie Lechthaler
Papier darauflegen und abziehen – schon ist das Motiv auf dem Papier.
Papier darauflegen und abziehen – schon ist das Motiv auf dem Papier.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Ich lege ein Papier darauf, drücke es mit der Hand ein bisschen an und ziehe es ab. Der erste Versuch sieht schon mal nach etwas aus. Aber nach dem dritten Exemplar fällt mir auf, dass die Farbe eher unregelmässig und durchlässig ist – anders als ich es mir vorgestellt hatte. Also greife ich zum Wallholz. Nicht um dem Linolschnitt eins überzuziehen, sondern um das Papier fester auf die Schablone zu drücken. Mit dieser Methode erziele ich schon viel bessere Ergebnisse. Die schönsten Resultate erhalte ich, als ich die Farbrolle abwasche und das Wallholz damit ersetze. Leider ist dieser Vorgang sehr umständlich, darum werde ich mir für meinen nächsten Versuch eine zweite Linolwalze anschaffen.

I love you und I love Lindoldruck.
I love you und I love Lindoldruck.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Die SoftCut-Platte kann ich ganz einfach unter dem Wasser abspülen. Bei der Linolplatte darf ich nur mit einem feuchten Lappen darüber. Diese sollte nicht zu lange mit Wasser in Kontakt kommen.

Dem Set sind zwei runde SoftCut-Platten zum Stempeln beigelegt.
Dem Set sind zwei runde SoftCut-Platten zum Stempeln beigelegt.
Quelle: Stefanie Lechthaler
Damit kann ich mir mein eigenes Briefsiegel schnitzen.
Damit kann ich mir mein eigenes Briefsiegel schnitzen.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Perfekt unperfekt

Mit der Zeit bekomme ich zwar ein Gefühl dafür, wie viel Farbe ich auftragen muss, wann diese zu trocken ist und wann ich die Rillen im Linolschnitt mit einem Zahnstocher säubern muss. Aber trotzdem wird kein Druck wie der andere. Anfangs ärgere ich mich darüber, aber nachdem ich bei allen den Rand abschneide, auch bei den «Misslungenen», erkenne ich, dass die wahre Schönheit in der Einzigartigkeit der Motive liegt. So poetisch.

Die Produktion der Unikate läuft auf Hochtouren.
Die Produktion der Unikate läuft auf Hochtouren.
Quelle: Stefanie Lechthaler

Du willst neue Bastel- und Gestaltungsmethoden kennenlernen und auf dem aktuellen Stand der DIY-Trends bleiben? Dann folge mir als Autorin oder dem Thema Basteln.

Fazit

Tolles, umfangreiches Einsteigerset

Mit diesem Linoldruck-Kit fiel mir der Einstieg in das Kunsthandwerk ganz einfach. Es beinhaltet Linoleum- sowie Soft Cut-Platten, um zu die verschiedenen Materialien auszuprobieren. Ausserdem wird eine grosse Menge an Schneider beigelegt. Für Kinder hat es einen Handschutz dabei – so verläuft der Einstieg unfallfrei. Die leicht verständliche Anleitung führte mich Schritt für Schritt zu wunderschönen und einzigartigen Ergebnissen.

Pro

  • leicht verständlich
  • Handschutz
  • eine zusätzliche Sicherheitsschneide für den einfachen Einstieg
  • fünf verschiedene Schneiden
  • unterschiedliche Platten zum Herumexperimentieren
Titelbild: Stefanie Lechthaler

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