
«Microtopia» ist ein Automatisierungsspiel für Tüftler – und das ohne Förderbänder
Nicht Förderbänder erledigen den Transport-Job im Automatisierungsspiel «Microtopia», sondern Ameisen. Und die wollen von mir angeleitet werden. Stundenlang tüftle ich an meinem Logistiknetzwerk herum und habe damit viel Spaß.
Schon wieder rennt eine Ameise irgendwohin, wo sie nicht hin soll. Und hat auch noch eine wertvolle Ameisenlarve im Gepäck. Die brauche ich doch in meiner Brutfabrik! Wie ist das passiert? Irgendwo muss ein Logikgatter die emsige Ameise auf den falschen Pfad geleitet haben. Und Logikgatter – das sind sozusagen Wegweiser – gibt es in «Microtopia» viele. Immer wieder gelangen einzelne kleine Krabbler durch meine Versäumnisse auf ungewollte Wege oder sterben auf einer vergessenen Wegschleife.
«Microtopia» ist ein Automatisierungsspiel wie «Factorio» oder «Dyson Sphere Program» – nur anders. Nicht Förderbänder transportieren die Ressourcen und Produkte, die ich herstellen lasse, sondern kleine Wesen, die an Roboterameisen erinnern. Das fühlt sich neu an und birgt andere Herausforderungen als Förderbänder. Meine Ameisen laufen unermüdlich auf festgelegten Ameisenstraßen und nehmen Materialien mit, auf die sie unterwegs stoßen. Bis sie alt werden und sterben.
Ziel des Spiels ist, meine Ameisenkolonie immer weiter zu vergrößern. Mit Forschungspunkten schalte ich neue Gebäude, Ameisenarten und Technologien frei – dadurch wird das Spiel immer komplexer. Alles in «Microtopia» dreht sich um die Logistik: Mit Filtern – sogenannten Logikgattern (im Englischen «Gates», also Tore) – versuche ich, die Ameisen so zu leiten, dass alles dort ankommt, wo es hinsoll.
Ein Kreislauf aus Leben und Tod
Damit ich überhaupt Ameisen zum Herumbefehlen habe, benötige ich die Königin. Ich platziere sie irgendwo mitten in der Landschaft. Sie hat eine Entourage aus vier unsterblichen Roboterameisen dabei, die erste Aufgaben übernehmen. Eigentlich handelt es sich bei der Königin um eine reine Larvenproduktionsmaschine. Brauche ich mehr Ameisen-Arbeiterinnen, muss ich die Königin mit Energiekugeln füttern, die auf bestimmten Pflanzen wachsen. Mit Ameisenstraßen lasse ich die Energiekugeln ernten, sie zur Königin transportieren und die resultierenden Larven zum Ausbrüten an Inkubatoren liefern.

Quelle: Debora Pape
Das funktioniert wie bei Produktionsgebäuden: Ich werfe etwas hinein und auf der anderen Seite kommt etwas hinaus. Auf die gleiche Weise schmelze ich Alteisen zu Eisen und verarbeite das Eisen zu Schrauben und Platten. Füttere ich die Königin schnell genug, steigt ihr Energiebalken an und nach einer Weile steigt sie in ein höheres Level auf: Dann produziert sie pro Minute auch mehr Ameisen. Die schnelle Lieferung muss ich aber aufrechterhalten. Das Aufleveln der Königin nimmt bei höheren Leveln viel Zeit in Anspruch.

Quelle: Debora Pape
Der entscheidende Punkt bei «Microtopia» ist, dass die so ausgebrüteten Ameisen nur eine kurze Lebenszeit haben. Ich muss also für einen stetigen Nachschub an frischen Larven sorgen, sonst bricht mein ganzes Produktions- und Transportnetzwerk zusammen. Das unterscheidet «Microtopia» von anderen Automatisierungsspielen: Ich baue nicht nur ein Logistiknetzwerk auf, sondern muss auch sicherstellen, dass die nachkommenden Ameisen fortlaufend in die erforderlichen Kreisläufe gelangen.

Quelle: Debora Pape
Oder in anderen Worten: Stundenlang tüftle ich an Möglichkeiten, meine Logistik zu optimieren und eine gute Balance zwischen der begrenzten Menge an Ameisen und den zahlreichen zu produzierenden Produkten zu finden. Tüfteln macht mir immer Spaß und schnell summieren sich die Stunden im Spiel.

Quelle: Debora Pape
Ameisen mittels Logikgatter filtern und steuern
Alte Ameisen, die kurz vor ihrem Ableben stehen, kann ich in andere Ameisenkasten verwandeln. Kasten bezeichnen in «Microtopia» verschiedene Ameisenarten und deren Rollen. So kombiniere ich beispielsweise zwei «kleine Arbeiterinnen» in einem speziellen Gebäude zu einer «Arbeiterin». Arbeiterinnen leben länger und können zudem Pflanzenfasern aus Pflanzen schneiden.

Quelle: Debora Pape
Aber auch Arbeiterinnen werden alt – dann werden sie zum Beispiel zusammen mit einem Stück Stoff zu Flugdrohnen umfunktioniert. Durch dieses Recycling hole ich das Maximum an Arbeitskraft aus einer Larve heraus.
Um die alten Ameisen aus meiner emsigen Ameisenkolonie herauszufiltern, nutze ich Altersgatter. Das ist eine Form der vielen Logikgatter, die es in «Microtopia» gibt. Gelangt eine Ameise zu einem solchen Logikgatter, prüft das Spiel, ob der gesetzte Filter zutrifft oder nicht – in diesem Fall: Ist die Ameise alt? Wenn ja, wird die Ameise über das Gatter auf einen abzweigenden Weg geführt, zum Beispiel zu einem Recyclinggebäude. Wenn nicht, läuft sie auf dem ursprünglichen Weg weiter.

Quelle: Debora Pape
«Microtopia» hält zahlreiche Logikgatter für mich bereit. Der richtige Einsatz ist der Schlüssel zu einer funktionierenden Ameisenkolonie. Das erinnert an Software-Programmierung und deren Wenn-dies-dann-tue-das-aber-nur-wenn-jenes-Schleifen. Die Tüftelei macht viel Spaß – erfordert aber auch eine Menge Mikromanagement.

Quelle: Debora Pape
Viele Gatter bedeuten viel Mikromanagement
Eine wachsende Kolonie bringt stetig neue Anforderungen mit sich: neue Produkte, neue Fertigungsstraßen, neue Ameisenkasten. Kreisläufe und Filter, die ich einmal eingestellt habe, funktionieren nach einer Weile nicht mehr so gut wie am Anfang.
Beispielsweise lege ich mittels Zählgatter fest, dass in der angeschlossenen Eisenproduktion immer fünf Ameisen arbeiten sollen. Ist diese Anforderung erfüllt, schließt sich das Gatter, bis wieder ein Platz frei wird.

Quelle: Debora Pape
Benötige ich aber mehr Eisen, sind auch mehr Ameisen erforderlich. Also muss ich das Gatter anpassen und beispielsweise acht Ameisen durchlassen. Dadurch gelangen aber drei Ameisen weniger zu anderen Bereichen. Ich kann nicht auf Wunsch mehr Ameisen produzieren, um das zu kompensieren.
Mit anderen Worten: Die weiter vorn gelegenen Produktionsstätten greifen die Arbeiterinnen ab und arbeiten immer mit voller Ameisenpower, während bei den hinteren kaum noch Ameisen ankommen. Ein Gatter, das zum Beispiel jede dritte Ameise durchlässt, sodass zwei Drittel der vorbeikommenden Ameisen weitermarschieren, gibt es nicht. Ich muss also Wege finden, die verfügbare Ameisenzahl bedarfsgerecht zu verteilen.
Eine Möglichkeit sind Zählgatter in Kombination mit Zeitgattern. Letztere lassen nur alle X Sekunden eine Ameise passieren. Das ist fummelig einzustellen und lässt sich nicht einfach an neue Situationen anpassen. Vor allem nicht, wenn viele Fertigungsstraßen betroffen sind.

Quelle: Debora Pape
Effizienz, Effizienz, Effizienz!
Ich brauche recht lange, um mich durch Learning by Doing in die Regeln einzuarbeiten. So weiß ich nun, dass es zu langsam geht, wenn die Energiekugel-Sammlerinnen am Ende ihrer Tour gleich die Königin füttern. Effizienter ist es, Sammelrouten vom Fütterungsprozess abzukoppeln und den Job stattdessen speziellen Transportameisen zu überlassen.
Erst nach vielen Stunden wird mir klar, wie sehr es auf die Effizienz jeder einzelnen Ameise ankommt. Eine Ameise mehr oder weniger im Fertigungssystem macht viel aus. Mindestens so wichtig wie die Zahl der Ameisen ist auch die Wegoptimierung: Es ist ein riesiger Unterschied, ob eine Sammlerin, die schon an der ersten Pflanze eine Faser geerntet hat, noch die gesamte Route ablaufen muss oder früh eine Abkürzung zurück zum Sammellager nimmt.

Quelle: Debora Pape
Jede Ameise soll möglichst kurze Laufwege haben, um möglichst viel zu arbeiten. Das gesamte System dabei immer wieder umzubauen und zu optimieren, ist Teil des Prozesses. Zum Glück kostet mich der Umbau nichts als Zeit – beim Abreißen bekomme ich alle Ressourcen zurück. So experimentiere ich immer wieder mit neuen Produktionssetups, reiße ab und baue neu. Schon lange hatte ich nicht mehr so viel Spaß daran, ideale Routen auszutüfteln.
Das System ist allerdings außerordentlich fragil. Bekommt die Königin zu wenig Energiekugeln, produziert sie weniger Larven, als Ameisen sterben. Dadurch kann die ganze Kolonie ins Wanken geraten. Fehlen bestimmte Produkte, werden entsprechende Ameisenkasten nicht mehr hergestellt, was ebenfalls das Netzwerk beeinflussen kann. Meine Aufmerksamkeit ist konstant gefragt.
Quality-of-Life-Probleme, die nicht sein müssten
Leider wird das Optimieren durch einige Hindernisse erschwert. Ganze Gebäudereihen lassen sich am Stück verschieben und auch einzelne Straßenknotenpunkte kann ich an eine andere Stelle ziehen. Ich kann aber nicht mehrere Knotenpunkte auswählen und verschieben. Wenn ich also eine Fertigungsstraße verschiebe, um Platz zu schaffen, muss ich danach alle zugehörigen Straßenverbindungen neu erstellen. Das macht das Umplatzieren von Produktionsstätten aufwendig und nervig.

Quelle: Debora Pape
Bis jetzt kenne ich auch noch keine Möglichkeit, Gebäude zu kopieren und einzufügen, um schnell eine neue Fertigungsstraße nach einem bestehenden Schema aufzubauen. Ich kann nicht einmal das in einem Gebäude eingestellte Fertigungsschema (zum Beispiel Schrauben) kopieren und auf andere übertragen. Nein, ich muss jedes Gebäude einzeln öffnen und das Schema einstellen.
Besonders ärgerlich ist, dass ich nicht sehe, wo bereits ein Schema hinterlegt ist und wo nicht. Etwa in Form von Symbolen an Gebäuden, die anzeigen, welche Produkte dort produziert, ausgegeben und gelagert werden. Meistens muss ich auf ein Gebäude klicken, um dieses wichtige Detail zu sehen.

Quelle: Debora Pape
Bei Flugameisen, die Waren zwischen verschiedenen Inseln transportieren, ist das noch nerviger: Nicht mal ein Klick auf das Individuum gibt an, welchen Gegenstand es trägt. Ich muss nah heranzoomen, um das transportierte Produkt zu sehen – und dann sehen sich viele Teile auch zum Verwechseln ähnlich. Ich hoffe, dass das Entwicklerstudio hier noch Verbesserungen nachliefert.
«Microtopia» ist seit dem 18. Februar 2025 auf Steam erhältlich. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Goblinz Studio zur Verfügung gestellt.
Fazit
Das Optimieren hört niemals auf – im Guten und im Schlechten
Ich liebe es, Abläufe zu analysieren und zu verbessern. Viele Stunden beobachte ich meine Ameisen und greife ins System ein. Immer wieder mache ich Fehler und erarbeite Workarounds, um sie zu beheben. Das macht großen Spaß – gerade, weil «Microtopia» keines der üblichen Förderband-Spiele ist. Funktionieren meine Filter, ist es eine große Freude, den Arbeiterinnen beim Krabbeln zuzuschauen und mein eigenes Werk zu bewundern.
Zu schaffen macht mir das Mikromanagement und Quality-of-Life-Patzer wie eine fehlende gute Übersicht.
Pro
- viel Tüfteln und Optimieren
- Recycling-Aspekt
- unverbrauchtes Automatisierung-Gameplay
Contra
- schlechte Übersicht, fehlende Kopier- und Verschiebemechanik
- zu viel Mikromanagement
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Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.