Sony Alpha 7C R: Das Megapixel-Mönsterchen
Produkttest

Sony Alpha 7C R: Das Megapixel-Mönsterchen

David Lee
5/10/2023

Auflösungsmonster im Taschenformat: Die Sony Alpha 7C R bietet eine attraktive Mischung aus Kompaktheit und herausragender Bildqualität. Bei der Ausstattung zeigt sie aber Schwächen.

61 Megapixel in einem kompakten Body – das bietet die Sony Alpha 7C R. So etwas gibt es bisher kaum. Doch wofür soll das gut sein? Meine Vermutung: In erster Linie für Landschafts- und Architekturaufnahmen, wenn du zu Fuss unterwegs bist. Da sind hohe Auflösungen gefragt, und gleichzeitig willst du dabei nicht allzu viel Gewicht tragen.

Um zu testen, ob meine Vermutung stimmt, habe ich die 7C R während gut zehn Tagen in Schottland ausprobiert. Als Objektiv kommt das neue 16-35mm zum Einsatz. Dieses ist leichter und kompakter als sein Vorgänger und passt daher ins Konzept. Kamera und Objektiv wiegen zusammen weniger als ein Kilogramm.

Sony Alpha 7C R (61 Mpx, Vollformat)
Kamera

Sony Alpha 7C R

61 Mpx, Vollformat

Sony FE 16-35mm F2.8 GM II (Sony E, Vollformat)
Objektiv
EUR3159,–

Sony FE 16-35mm F2.8 GM II

Sony E, Vollformat

Der Haken: Mit dieser Kombination bin ich auf Weitwinkel beschränkt. So toll das für Landschaft und Architektur auch ist – ich möchte in den Ferien nicht ausschliesslich Weitwinkelaufnahmen machen. Es müsste also mindestens ein weiteres Objektiv mit. Dann aber ist Schluss mit «leicht und kompakt». Das übliche Dilemma bei der Ferienausrüstung.

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Meine Lösung in diesem Fall ist unorthodox, hat für mich aber gut funktioniert. Ich nehme als Ergänzung die RX100 VII mit. Die Brennweite dieser Kompaktkamera reicht auf das Vollformat umgerechnet bis 200 Millimeter. Damit ist von 16-200 Millimeter alles abgedeckt, ohne dass ich viel schleppen muss. Der Nachteil ist natürlich, dass die Kompaktkamera nicht die gleiche Bildqualität aufweist wie die Vollformatkamera.

Ruthven Barracks.
Ruthven Barracks.
Quelle: David Lee

Die Kehrseite der Kompaktheit

Wie erwartet, erweist sich die Alpha 7C R unterwegs als praktisch. Ich hatte die Kamera immer dabei – nicht etwa, weil ich einen Test machen musste, sondern weil sie mir nicht zur Last fiel.

Die kompakten Abmessungen haben aber auch Nachteile. Im Vergleich zur Sony Alpha 7R V, die den gleichen Sensor, aber einen grösseren Body hat, fehlt der Joystick. Bei statischen Motiven ist das nicht weiter schlimm. Ich kann mir Zeit nehmen und das Fokusfeld auch über die vier Richtungstasten rund um den OK-Button verschieben. Da diese Tasten mehrfach belegt sind, passiert es hin und wieder, dass ich nicht das Fokusfeld verschiebe, sondern eine andere Funktion aufrufe. Etwas nervig, aber kein Beinbruch. Im grossen Ganzen lässt sich die Kamera trotz enger Platzverhältnisse gut bedienen.

Auf der Rückseite der kleinen Kamera hat kein Joystick Platz.
Auf der Rückseite der kleinen Kamera hat kein Joystick Platz.
Quelle: David Lee

Mein grösster Kritikpunkt ist der Sucher. Dessen Auflösung beträgt 2,4 Millionen Bildpunkte, das heisst im Klartext: mickrige 1024 × 768 Pixel. Das steht in einem krassen Missverhältnis zur hohen Auflösung des Sensors. Ich kann nur schwer erkennen, ob meine Aufnahmen wirklich scharf werden.

Die Vergrösserung von 0,7 ist ebenfalls bescheiden, hell ist der Sucher auch nicht, und es fehlt eine Augenmuschel. Das alles führt nicht unbedingt zu schlechteren Bildern, aber das Fotografieren macht weniger Spass. Als Linkshänder kommt mir der Sucher zudem in die Quere, wenn ich die Menütaste drücke. Dann schaltet der Bildschirm aus und der Sucher an, weil ich mit der Hand in die Nähe des Sensors komme.

Wo ich gerade am Nörgeln bin: Dass die Kamera nur ein Kartenfach hat, stört mich zwar nicht, aber viele Fotografen mögen das gar nicht. In dieser Preisklasse darf man zwei Fächer erwarten. Selbst meine günstige Canon EOS R7 hat zwei.

Dass Sucher und Kartenfach nicht besser ausgestattet sind, liegt nicht nur am fehlenden Platz. Nikon beispielsweise hat bei der Nikon Z f einen miniSD-Slot eingebaut, weil kein Platz für zwei Fächer war. So hätte man das hier auch machen können. Aber Sony verwendet für die 7C R das exakt gleiche Gehäuse wie für die wesentlich günstigere Alpha 7C II. So lassen sich natürlich Produktionskosten sparen. Bei den geringen Stückzahlen, die heutzutage verkauft werden, ist es verständlich, dass die Hersteller Komponenten mehrfach verwenden. Aber die Ausstattung ist in diesem Fall einseitig auf die 7C II ausgerichtet und für den hohen Preis der 7C R unangemessen.

Perfekt für Architekturfotos

Die hier getestete Kombination aus Kamera und Objektiv eignet sich gut, um grosse Gebäude zu fotografieren. Du brauchst einen weiten Winkel, um das Motiv überhaupt ins Bild zu bringen. Damit die senkrechten Linien gerade sind und nicht gegen den Himmel zusammenlaufen, musst du die Kamera gerade halten. Dabei stehst du in der Regel nicht auf halber der Höhe des Gebäudes, was ideal wäre, sondern ganz unten. Das hat zur Folge, dass ein grosser Teil des Bildes von Bodenfläche eingenommen wird, den du in der Nachbearbeitung wegschneidest.

Damit die senkrechten Linien gerade verlaufen, darf die Kamera nicht nach oben gerichtet sein. Als Folge davon liegt das Gebäude nicht in der Mitte des Bildes. Der untere Teil muss weggeschnitten werden.
Damit die senkrechten Linien gerade verlaufen, darf die Kamera nicht nach oben gerichtet sein. Als Folge davon liegt das Gebäude nicht in der Mitte des Bildes. Der untere Teil muss weggeschnitten werden.
Quelle: David Lee

Es gibt spezielle Tilt-Shift-Objektive, mit denen du das mechanisch ohne Auflösungsverlust machen kannst. Die haben aber keinen Autofokus und sind nicht universell einsetzbar. Für leichtes Reisen ist das nicht das Richtige.

Hier kommen die 61 Megapixel der 7C R ins Spiel. Sie geben mir so viel Reserve, dass ich den unteren Teil des Bildes bedenkenlos wegschneiden kann. Selbst wenn ich die Hälfte löschen muss, habe ich immer noch 30 Megapixel. Mit anderen Worten: Genug für ein Foto, das auch auf einem grossen Bildschirm oder Ausdruck in der Schärfe überzeugt.

Dieser Ausschnitt aus obigem Bild ist immer noch 34 Megapixel gross.
Dieser Ausschnitt aus obigem Bild ist immer noch 34 Megapixel gross.
Quelle: David Lee

Bildqualität: Spitzenklasse

Die Bildqualität ist praktisch gleich wie bei der Sony Alpha 7R V. Der Sensor ist der gleiche, und der ist Weltklasse. Trotz der hohen Auflösung bietet er einen sehr hohen Dynamikumfang und rauscht wenig. Zudem wird das Bild bei 61 Megapixeln fast immer herunterskaliert, wodurch das Rauschen zum allergrössten Teil verschwindet.

Und falls ein Bild doch mal leicht rauschen sollte, lässt sich das heutzutage per Software nachträglich eliminieren: Die KI-gestützte Rauschverminderung von Adobe Lightroom leistet ganze Arbeit.

Hier ein Bild mit 10000 ISO. Auf Webgrösse herunterskaliert siehst du nichts vom Rauschen.

Bei der Verkleinerung auf Webseitengrösse spielt das Bildrauschen keine Rolle.
Bei der Verkleinerung auf Webseitengrösse spielt das Bildrauschen keine Rolle.
Quelle: David Lee

Ein kleiner Ausschnitt aus der Bildmitte zeigt, dass es rauscht. Kein Wunder. Wie gesagt: 10000 ISO.

Erst in der Vergrösserung wird das Rauschen sichtbar.
Erst in der Vergrösserung wird das Rauschen sichtbar.
Quelle: David Lee

Nachdem ich in Lightroom die KI-basierte Rauschentfernung angewendet habe, sieht das Foto auch in der vergrösserten Ansicht makellos aus.

Mit der Rauschentfernung gelingt selbst ein 10000-ISO-Foto in guter Qualität.
Mit der Rauschentfernung gelingt selbst ein 10000-ISO-Foto in guter Qualität.
Quelle: David Lee

Auf dem Papier hat die Alpha 7R V den leicht besseren Bildstabilisator. Er soll acht Belichtungsstufen kompensieren statt sieben wie bei der Alpha 7 CR. Von diesem winzigen Nachteil merke ich im Alltag nichts. Es war nie nötig, länger als 1/30 Sekunde zu belichten, und mit dieser Verschlusszeit werden alle Bilder vollkommen scharf. Falls die Angaben von Sony stimmen, müssten noch wesentlich längere Belichtungszeiten drin liegen.

Bei der hohen Auflösung brauchst du ein entsprechend scharfes Objektiv. Das 16-35mm GM II erfüllt die hohen Anforderungen vollkommen. Es projiziert ein durchgängig scharfes Bild auf die 61 Megapixel. Selbst im maximalen Weitwinkel von 16 Millimetern ist das Bild bis in die Ecken vollkommen scharf.

16mm, f/8
16mm, f/8
Quelle: David Lee
Ein Ausschnitt aus der Bildmitte.
Ein Ausschnitt aus der Bildmitte.
Die linke untere Ecke ist ähnlich scharf.
Die linke untere Ecke ist ähnlich scharf.

Keine Videokamera trotz geeignetem Bildschirm

In meinen Ferien habe ich kaum Videos gedreht. Bei Landschaftsaufnahmen fand ich das nicht besonders sinnvoll, und zudem sehe ich die Alpha 7C R auch nicht als Videokamera. Sie hat zwar einen sehr guten Video-Autofokus, liefert aber keine optimale Qualität. 8K kann sie nicht, obwohl die Auflösung dafür hoch genug wäre. 4K mit Oversampling ist nur mit einer 1,5-fachen Verengung des Bildwinkels möglich und nur mit maximal 30 Frames pro Sekunde (FPS). Oversampling bedeutet, dass 4K aus einer höheren Auflösung heruntergerechnet wird. Das führt zu einem schärferen Bild. 4K-Videoaufnahmen ohne Crop sind nur mit Subsampling und auch nur mit maximal 30 FPS möglich.

Der Bildschirm lässt sich um 180 Grad seitlich herausklappen und dann nach oben oder unten kippen. Dieser Drehmechanismus eignet sich für Videokameras und fürs Filmen perfekt. Fürs Fotografieren wäre mir ein Kippmechanismus ohne vorheriges Ausklappen lieber. Das ist aber Geschmackssache und ich fotografiere sowieso am liebsten mit dem Sucher. Am besten wäre der Drehmechanismus der Sony Alpha 7R V, der beides in einem vereint.

Erwähnenswerte Features und Akkulaufzeit

Als Akku kommt der FZ-100 zum Einsatz, der sich zum Beispiel auch in der Sony Alpha 7 IV befindet. Laut CIPA-Standard liegt die Akkulaufzeit mit 530 Bildern leicht unter der A7 IV. Die Akkulaufzeit ist nicht überragend, aber die Kamera hält problemlos einen Tag durch. Mehr brauche ich nicht, wenn ich nicht abseits jeglicher Zivilisation bin.

Zum Lieferumfang gehört ein Handgriff. Er enthält weder einen Akku noch einen Auslöseknopf fürs Hochformat, sondern macht bloss den bestehenden Handgriff etwas grösser. Mit meinen kleinen Händen brauche ich das nicht, zumal die Alpha 7C R deutlich ergonomischer ist als die Alpha 7C. Da mein Ziel eine kompakte Ausrüstung war, habe ich den Griff zu Hause gelassen.

Die Alpha 7C R bietet eine Pixel-Shifting-Funktion. Mit 4 oder gar 16 Aufnahmen lassen sich Bilder in noch höherer Auflösung erstellen. Bis zu 240 Megapixel liegen da drin. Allerdings brauchst du dafür ein Stativ. Das wiederum will ich auf Reisen nicht, darum bleibt das für mich Theorie.

Genau gleich verhält es sich mit dem Focus Stacking. Für die Perfektionisten unter den Landschaftsfotografen ist das eine tolle Sache. Das 16-35mm-Objektiv ist mit relativ weit geöffneter Blende noch einen Ticken schärfer als bei kleinen Blenden um f/16. Dann aber fehlt oft die nötige Tiefenschärfe. Mit Focus Stacking gibt es beides: perfekte Schärfe im Fokusbereich und Schärfe über das ganze Bild.

Fazit: Attraktive Kamera mit Schwächen in der Ausstattung

So viel Bildqualität in so einem kleinen Gehäuse habe ich noch nie gesehen. Noch mehr Auflösung gibt es nur im Mittelformat, bei dem die Ausrüstung sehr viel grösser und schwerer ist. Zudem ist die Alpha 7C R günstiger als andere Kameras mit vergleichbarer Auflösung.

Das neue 16-35mm-Objektiv lässt selbst bei 61 Megapixeln keinerlei Schwächen erkennen und ist damit die ideale Ergänzung. Diese Kombination ist nicht gerade günstig, eignet sich aber perfekt für Architekturaufnahmen. Auch für Landschaftsaufnahmen, für die du weit zu Fuss gehen musst und nicht viel mitschleppen willst, ist das Mini-Monster zusammen mit dem leichten Weitwinkel-Zoom perfekt.

Falls für dich die Videofunktion wichtig ist, empfehle ich dir die Kamera nicht. Im Gegensatz zur Alpha 7R V kann sie nicht in 8K filmen, trotz gleichem Sensor. Und bei 4K bedeutet die hohe Auflösung, dass die Kamera nur mit Crop in Oversampling-Qualität aufnehmen kann.

Wenn du hauptsächlich fotografierst, ist die Sony Alpha 7C R jedoch sehr attraktiv. Nur zwei Dinge passen bei der Ausstattung nicht in das Konzept und trüben den ansonsten guten Gesamteindruck: Eine Kamera, die so viel kostet, sollte einen wesentlich besseren Sucher und zwei Kartenslots haben.

Titelfoto: David Lee

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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