Sony The Last of US Part II Remastered
PS5, Multilingual
Das kostenpflichtige PS5-Upgrade des PS4-Hits «The Last of Us Part II» punktet mit spannenden Zusatzinhalten. Grafisch hat sich nicht viel getan.
«The Last of Us Part II» ist eines der besten Spiele aller Zeiten. Die erdrückende Rachegeschichte überzeugte zum Release 2020 mit emotionalem Storytelling, brutalem Gameplay sowie einer atemberaubenden Präsentation. Mit dem Remaster löst sich das Spiel von den Fesseln der veralteten PS4-Hardware und lässt auf der PS5 ihre Muskeln spielen – zumindest theoretisch.
Im Gegensatz zu vielen anderen PS4-zu-PS5-Ports ist «The Last of Us Part II: Remastered» kein kostenloses Upgrade. Nebst minim besserer Grafik und Performance rechtfertigt Entwicklerstudio Naughty Dog den Aufpreis mit neuen Inhalten und einem Roguelike-Modus. Ob die Rechnung aufgeht?
Für den Test starte ich zunächst den Story-Modus. Meine Spielstände, Trophäen und den New-Game-Plus-Modus der PS4-Version kann ich ohne Probleme übernehmen. Schon nach wenigen Sekunden packt mich das Game wieder. Die Zwischensequenzen sehen unglaublich gut aus und überzeugen mit natürlichen Dialogen sowie hervorragenden schauspielerischen Leistungen. Naughty Dog spielt in einer anderen Liga. Und ja, diese eine verdammte Szene schmerzt immer noch wie vor vier Jahren.
Auch nach den Zwischensequenzen fesselt mich das Spiel an den Controller. Naughty Dog hat ihr actionreiches Stealth-Gameplay in «Part II» perfektioniert. Es macht verdammt viel Spass, in den Levels nach Ressourcen zu suchen und eklige Clicker-Monster mit selbstgebastelten Waffen zu erledigen. Die Kämpfe gegen menschliche Gegner fühlen sich immer noch unangenehm brutal an. Ganz grosses Kino.
Auch in die Grafik des Spiels verliebe ich mich erneut. Die In-Game-Animationen sehen besser aus als so manche Zwischensequenz in anderen Spielen. Die Level fühlen sich mit der dichten Vegetation, heruntergekommenen Gebäuden und unzähligen interaktiven Objekten unheimlich glaubwürdig an. Abgerundet wird die visuelle Pracht von kleinen Details. Abbys Zopf baumelt beim Rennen hin- und her. Charaktere hinterlassen im Schnee realistische Abdrücke. Einfach herrlich.
Aber: Sieht das Spiel in der Remastered-Version wirklich besser aus als auf der PS4? All die Punkte, die ich oben erwähne, treffen auch auf die Originalversion zu. Zudem hat Naughty Dog die PS4-Version rund ein Jahr nach dem Release bereits mit einem PS5-Patch versehen. Mit diesem lief das Spiel in 1080p bei 60 Frames pro Sekunde. Wozu also eine native PS5-Version?
Gemäss Naughty Dog bietet das PS5-Upgrade höher aufgelöste Texturen, mehr Details in der Ferne, schönere Schatten sowie flüssigere Animationen. In der Praxis spüre ich davon wenig. Die Unterschiede muss ich mit der Lupe suchen. Klar, die Grafik ist absolut umwerfend. Das war aber schon auf der PS4 der Fall.
Viel deutlicher ist hingegen der Unterschied in der Performance. Ich habe die Wahl zwischen einem Fidelity- und Performance-Modus. Ersterer läuft in 4K bei 30 Frames und zweiterer in 1440p mit 60 Frames pro Sekunde. In beiden Modi sind die Unterschiede in der Bildqualität und Schärfe im Vergleich zur PS4-Version deutlich zu erkennen.
Hast du einen TV, der VRR unterstützt, kannst du die Framerate-Begrenzung in beiden Modi deaktivieren. Der Fidelity-Modus läuft so meist mit über 30 FPS und der Performance-Modus meist mit über 60 FPS. Das ist ein echter Game-Changer, der vor allem den 4K-Modus massiv aufwertet. Dieser fühlt sich ohne Framerate-Begrenzung ähnlich flüssig an, wie der normale 60-FPS-Modus.
Sonst hat sich am Hauptspiel nichts geändert. Im Kern ist es immer noch das gleiche Game, wie in der PS4-Originalversion. Die grafischen und technischen Updates sind insgesamt zu klein, um den Upgrade-Preis von 10 Franken oder Euro zu rechtfertigen. Dem scheint sich auch Naughty Dog bewusst zu sein. Das Entwicklerstudio spendiert der Remastered-Version deshalb neue Zusatzinhalte. Und die haben es in sich.
Die grösste Neuerung ist der Spielmodus «No Return». In diesem separaten Roguelike-Modus metzle ich mich durch insgesamt sechs zufällige Level. Am Ende jedes Durchgangs wartet ein furchterregender Boss auf mich. Sterbe ich in einem Level, verliere ich alle Upgrades und Waffen und muss von vorne anfangen.
«No Return» ignoriert die Geschichte von «The Last of Us Part II» und lässt mich das actionreiche Stealth-Gameplay ohne Story-Kontext erleben. Die explizite Gewaltdarstellung, die im Hauptspiel so bedrückend und unangenehm ist, verkommt so zu einem spassigen, wenn auch inhaltlich substanzlosen Spektakel. Die philosophischen Gedanken rund um Liebe, Hass und Rache, die «The Last of Us Part II» bei mir ausgelöst haben, muss ich für «No Return» aus dem Fenster werfen. Hier heisst es: Hirn ausschalten und Headshots verteilen.
Pro Durchgang habe ich die Wahl zwischen insgesamt zehn freischaltbaren Charakteren. Neben Ellie und Abby stehen mir auch andere Charaktere aus dem «The Last of Us»-Universum zur Verfügung. Balsam für meine traumatisierte Fan-Seele: Ich kann auch als Joel spielen.
Jeder Charakter hat einzigartige Fähigkeiten und ist auf unterschiedliche Waffen spezialisiert. Mir hat Abbys Spielstil am meisten zugesagt. Das Muskelpaket brilliert im Nahkampf und heilt sich mit dem Verteilen von Schlägen selbst.
Pro Durchgang werden Level, Regeln und Gegner zufällig ausgewählt. Mal muss ich im «Ansturm-Modus» alle mörderischen Sektenmitglieder auslöschen und mal muss ich im «Gejagt-Modus» anstürmende Pilz-Zombies für eine bestimmte Zeit überleben. Nach und nach schalte ich neue, komplexere Modi frei.
Alle Modi sind extrem stressig. Ständig bin ich auf der Suche nach Ressourcen, damit ich ein paar Sekunden länger durchhalte. Viele Level überlebe ich nur um Haaresbreite. Mein Puls ist konstant hoch, meine Hände schwitzig und mein Blick ständig auf die tickende Uhr gerichtet. «No Return» ist nichts für schwache Nerven.
Zwischen den Leveln kehre ich in mein Versteck zurück. Dort kaufe ich neue Waffen, verbessere meine Fähigkeiten oder installiere Waffen-Mods. Je souveräner ich ein Level meistere, desto mehr Upgrade-Punkte bekomme ich. Einige Zusatzmissionen in den Levels versprechen mir mehr Upgrade-Punkte oder gar seltene Waffen. Diese Mini-Missionen sind immer mit einem gewissen Risiko behaftet und zwingen mich, aus meiner Komfort-Zone zu gehen und neue Gameplay-Mechaniken zu testen.
Star der «No Return»-Show sind aber die verrückten Mods, die in einigen Level aktiviert werden. Diese stellen das Gameplay komplett auf den Kopf und machen extrem Spass. Im Test habe ich dank Mods unter anderem gegen durchsichtige Gegner gekämpft, verheerende Molotov-Regen überlebt oder Feinde mit Faustschlägen in Brand gesetzt. Ja, richtig gelesen. Aber es kommt noch besser: Mit der «Custom Run»-Option kann ich meine Durchgänge selber gestalten und für maximales Chaos bis zu sechs Mods gleichzeitig aktivieren.
Um alle Level, Mods und Charaktere in «No Return» freizuschalten, kannst du über zehn Stunden Spielzeit einrechnen. Mit täglichen Herausforderungen und globalen Bestenlisten hast du zudem einen Grund, noch länger zu spielen. Ich habe mich nach rund sieben Stunden am blutrünstigen Spektakel sattgesehen und mich stattdessen an den anderen Zusatzinhalten versucht.
Ein weiteres Highlight im Remaster-Paket sind die «Lost Levels». In diesen habe ich die Gelegenheit, drei Spielumgebungen zu testen, die es nicht in das fertige Game geschafft haben. Dabei handelt es sich um grobe Skizzen. Teilweise fehlen Animationen, Texturen oder die Charaktere sind stumm. Eingeleitet werden die drei kurzen Spielabschnitte von Game Director Neil Druckmann. Er erklärt, wieso und wann die Inhalte gestrichen wurden. In den Level selbst sind zudem Aussagen der Leveldesigner und Entwicklerinnen hinterlegt, die im Detail verraten, wie die Spielmechaniken im fertigen Game funktioniert hätten.
Noch mehr Behind-the-Scenes-Eindrücke erhalte ich in den neuen Audiokommentaren. Während den Zwischensequenzen verraten mir unter anderem Neil Druckmann, Ashley Johnson (Ellie), Troy Baker (Joel) und Laura Bailey (Abby), wie es am Set zu und hergegangen ist. Ich erfahre, wie Kussszenen in einem Motion-Capture-Anzug funktionieren, welche Last-Minute-Änderungen am Script vorgenommen wurden und über welche Dialoge die Schauspielerinnen und Drehbuchautoren gestritten haben.
Sowohl die verlorenen Level als auch Audiokommentare sind eine tolle Art und Weise, um hinter den Vorhang einer grossen AAA-Videospielproduktion zu sehen. Von mir aus hätten es gerne noch ein paar mehr Level-Beispiele sein können.
Abgerundet wird das Remaster-Paket mit ein paar netten Spielereien, wie dem «Guitar Free Play»-Modus. In diesem kann ich das Gitarren-Minigame aus dem Hauptspiel mit verschiedenen Instrumenten, Effekten und Charakteren spielen.
Kompetitive Fans werden am Speedrun-Mode Freude haben. Mit diesem spiele ich das ganze Game, oder einzelne Abschnitte, mit einem Timer. Meine Zeit wird dabei in globalen Leaderboards festgehalten. Frischen Wind in das Hauptspiel bringen zudem neue Skins. Diese reichen von normalen Kleidungsstücken, wie T-Shirts mit Game-Logos, bis hin zu verrückten Outfits wie einem Weltraumanzug.
Ist «The Last of Us Part II: Remastered» den Aufpreis von 10 Franken oder Euro wert? Ja. Aber nicht aufgrund der grafischen Upgrades. Diese fallen insgesamt zu gering aus. Einzig erwähnenswert sind die neuen Performance-Optionen, die vor allem auf VRR-fähigen TVs super aussehen.
Viel spannender ist der neue Roguelike-Modus «No Return». Dieser gibt dem ausgefeilten Action-Stealth-Gameplay eine gebührende Bühne und sorgt trotz fehlender Story für Spielspass. Für grosse «The Last of Us»-Fans sind die neuen Audio-Kommentare sowie die verworfenen Level eine wahre Goldgrube an spannenden Hintergrundinformationen.
Falls du «The Last of Us Part II» nie gespielt hast, solltest du beim Remaster unbedingt zugreifen. Es ist die beste Version eines der besten Spiele aller Zeiten. Falls du die PS4-Version schon besitzt, lohnt sich das Upgrade, wenn du die zusätzlichen Spielmodi und Inhalte spannend findest. Oder das Spiel unbedingt in der bestmöglichen Qualität zocken möchtest.
«The Last of Us Part II: Remastered» ist ab dem 19. Januar erhältlich für PS5. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Sony zur Verfügung gestellt.
Titelbild: Naughty DogMeine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.