Wenn zu viele Minispiele das Spielerlebnis vermiesen
Ich mag intensive Story-Games und ich mag Minispiele. Also müsste ich «Final Fantasy VII Rebirth» lieben, denn das hat beides en masse. Leider ist es zu viel des Guten.
«Final Fantasy VII Rebirth» ist das vermeintlich perfekte Spiel, um am Feierabend für ein paar Stunden abzuschalten. Im Open-World-Spiel kann ich in meine Lieblingswelt eintauchen und mit Cloud und Co. kleine Aufgaben erledigen. Zeitdruck gibt es nicht und Vieles lässt sich in wenigen Minuten erledigen. Am Wochenende nehme ich mir die Story-Brocken vor, die mich längere Zeit vor den Bildschirm fesseln.
Mein Plan geht grösstenteils auf, wäre da nicht die niemals endende Welle aus Minispielen. Reise ich für die Story von einem Gebiet ins nächste, werde ich regelmässig von Minispielen aufgehalten. Erst, wenn ich sie erledigt habe, kann ich den nächsten Story-Abschnitt in Angriff nehmen. Anfangs bewältige ich sie mit Elan, weil sie mir richtig Spass machen. Und wenn ich schon dabei bin, versuche ich auch eine hohe Punktzahl zu erzielen. So schalte ich einen besseren Ausrüstungsgegenstand für meine Charaktere frei. Die Story muss dann halt warten. Aber das Wochenende ist ja noch lang.
Weiter geht’s – bis zum nächsten Minispiel. Also gut, ich schliesse gleich alles ab. So muss ich später nicht nochmal die Steuerung lernen. Nach wenigen Minuten Zwischensequenz erwartet mich wieder ein Minispiel. So geht der Spass von vorne los. Ehe ich mich versehe, ist das Wochenende vorbei und von der Geschichte habe ich praktisch nichts gesehen.
Die anfängliche Freude und Herausforderung entwickelt sich mehr und mehr zur Spassbremse für die eigentliche Handlung von «Final Fantasy VII Rebirth». Irgendwann habe ich so viele Minispiele absolviert, dass ich sie nicht mehr sehen kann. Also überspringe ich die Optionalen. Bei den obligatorischen Spielereien erfasst mich weiterhin das Grauen, wenn ich mich ihnen stellen muss. So zum Beispiel beim Boxkampf gegen den Besitzer des Gold Saucers, Dio. Entspannt den Vergnügungspark erkunden, ist nicht möglich. Stattdessen muss ich mich in einem «Punch Out!!»-ähnlichen Minispiel beweisen.
Erzwungene Ablenkung vom eigentlichen Geschehen
Ich kann mehr Zeit in einem wundervollen Spiel verbringen und beschwere mich darüber? Mit meinem Minispiel-Rant bin ich nicht alleine. In Square Enix’ Fantasy-Epos lenken die unzähligen Minispiele von der Hauptstory ab und zerstören damit den Spielrhythmus. Im Gegensatz zu den Nebenquests werden sie oft mitten in die Handlung eingestreut.
Viele der Minispiele aus «Final Fantasy VII Rebirth» gibt es auch im original «Final Fantasy VII». Qualitativ sind sie dort noch schlechter. Dafür nehmen sie deutlich weniger Platz ein.
Andere Spiele machen es längst besser
Auch «Yakuza: Like a Dragon» zwingt mir tonnenweise Minispiele auf. Die Entwickler der Reihe haben sich jedoch darauf spezialisiert. Ihnen gelingt der Spagat zwischen Minispielen und Spieltempo deutlich besser als «Final Fantasy VII Rebirth».
Auch «The Witcher 3» zeigt mit dem Kartenspiel «Gwent,» wie es anders geht. Das Minispiel funktioniert so gut, dass es mit «Thronebreaker: The Witcher Tales» sogar ein eigenes Spin-Off bekommen hat. Im Hauptspiel kann ich mich stundenlang gegen andere duellieren oder es komplett sein lassen.
Minispiele beschränken sich nicht nur auf Rollenspiele. Der Chao Garden aus «Sonic Adventure DX: Director's Cut» und «Sonic Adventure 2» ist ein zusätzlicher Modus, den ich kein einziges Mal im Hauptspiel anwählen muss. Dort kann ich einen niedlichen Chao wie ein Tamagotchi hegen und pflegen, bis er zu einem perfekten Wesen wird, das Wettkämpfe für mich gewinnt. Dieser Zusatz-Modus ist für ein Minispiel gut ausgearbeitet. Der Modus beschränkt sich nicht nur auf den Nintendo Gamecube selbst. Du kannst deinen Chao sogar unterwegs auf dem GameBoy Advance mitnehmen.
Noch weiter in der Vergangenheit zeigt «Super Mario Bros. 3», dass Minispiele unterhaltsam, aber auch kurzweilig sein können. Als Kind habe ich viele Stunden mit Freunden im Battle Mode verbracht. Der spielt sich wie ein Remake von «Mario Bros.».
Bonus statt Zusatz zum Hauptspiel
Ich plädiere nicht dafür, Minispiele abzuschaffen. Sie sollen zu dem zurückkehren, was sie einmal waren: Ein Bonus, der das Spielerlebnis ergänzt. Dieser Bonus darf auch umfangreich sein. Wenn Minispiele das eigentliche Spiel ausbremsen, dann sind sie über ihr Ziel hinausgeschossen.
Ich wende mich derweil wieder «Final Fantasy VII Rebirth» zu – Minispiel-Überfluss zum Trotz. Schliesslich muss ich wissen, wie es weitergeht und wie sich die legendäre Szene am Schluss abspielt. Nur dieses eine Chocobo-Rennen mache ich noch ganz kurz...
Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.