Wie ein Mikrofon im Ohr frühe Zeichen von Alzheimer erkennt
Ein neuer Forschungsansatz, um Demenzerkrankungen zu diagnostizieren, könnte Erleichterung für Betroffene und Behandelnde bringen: Mit Hilfe von Mikrofonen für die Ohrmuschel, sogenannten Hearables, können frühe Anzeichen der Alzheimer-Krankheit erkannt werden.
Manchmal überrascht die Forschung mit neuen und unerwarteten Denkansätzen. Oder hättest du damit gerechnet, dass man die Augenbewegung eines Menschen mit einem Mikrofon im Ohr messen kann? Und dass sich anhand dieser Daten dann auch noch vorhersagen lässt, ob die Person bald an Alzheimer erkranken könnte?
Alzheimer: frühe Diagnose gleicht bislang Detektivarbeit
Obwohl Alzheimer mehr als 50 Millionen Menschen weltweit betrifft, gibt es bisher keinen einzelnen Test, mit dem sich die neurodegenerative Erkrankung unkompliziert und verlässlich diagnostizieren lässt. Behandelnde Ärztinnen und Ärzte müssen verschiedene Diagnoseverfahren kombinieren und versuchen anhand der Ergebnisse von kognitiven Tests, Gehirnscans, sowie Untersuchungen der Rückenmarksflüssigkeit und des Bluts Rückschlüsse auf eine bevorstehende Demenzerkrankung zu ziehen. Eine mühselige, ungenaue und für Betroffene aufreibende und schmerzhafte Prozedur.
Nun könnte aber die kreative Suche nach besseren Lösungen dazu führen, dass nicht nur die Diagnose von Alzheimer, sondern auch anderer neurodegenerativer Krankheiten in Zukunft schmerzfrei und unkompliziert abläuft.
Forschende der École de Technologie Supérieure in Montreal und der Geisel School of Medicine in Dartmouth arbeiten derzeit an der Entwicklung einer Alzheimer-Früherkennung mittels sogenannter «Hearables», kleinen In-ear-Mikrofonen, die frühe Anzeichen der Krankheit aufnehmen können. Ihre bisherigen Ergebnisse präsentierten sie auf dem 187. Treffen der Acoustical Society of Amerika.
Versteckte Hinweise auf Alzheimer im Ohr
Den Schlüssel dazu liefern die ersten fast unmerklichen Symptome bei einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung. So ist schon in einem sehr frühen Stadium die motorische Kontrolle bei Betroffenen beeinträchtigt. Auch die sogenannten Sakkaden, schnelle Augenbewegungen, um ein neues Ziel im Blick zu fixieren, sind durch die beginnende Degeneration verändert. Die Zerstörung der Nerven führt häufig zu langsameren Augenbewegungen und Betroffenen gelingt es nicht mehr immer, mit dem Blick etwas zu verfolgen.
Bei den Sakkaden, also den schnellen Augenbewegungen, entstehen Vibrationen im Trommelfell. Hier kommen die empfindlichen In-ear-Mikrofone ins Spiel. Mit ihnen können die Schwingungen aufgenommen und dann analysiert werden. Mithilfe von Algorithmen können jene Signale identifiziert werden, die auf eine neurodegenerative Zerstörung wie bei Alzheimer hinweisen.
Aktuell konzentrieren sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Langzeitüberwachung von Alzheimer-Betroffenen, um ihre Systeme mit ausreichend Daten füttern zu können. Zukünftig wollen sie sich auch weiteren neurodegenerativen Krankheiten widmen, die mit Hearables erkannt werden könnten.
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.