
«Ahsoka», Folge 5: Ein Triumph für «Star Wars»
Für mich war’s nicht nur ein Stückchen Kindheit, das Regisseur Dave Filoni mit der fünften Folge von «Ahsoka» zurückgebracht hat. Sondern der Beweis, dass «Star Wars» auch unter Disney eine Zukunft hat. Ordnen wir [SPOILER] ein.
Achtung: In diesem Artikel gibt es SPOILER zu «Ahsoka», Folge 5: «Shadow Warrior». Schau dir zuerst die Folge an, bevor du weiterliest.
Dann war das also tatsächlich Anakin Skywalker. Keine Illusion. Kein Trick der Dunklen Seite. Sondern wirklich er, Ahsokas Meister, Waffenbruder und Freund. Vergangene Woche hatte ich noch meine Zweifel. Zweifel, die nach dieser Folge zwar noch nicht völlig ausgeräumt sind. Aber die es womöglich gar nie sein müssen. Schliesslich reden wir von der Macht. Von ihren Mysterien. Gänzlich erklären liessen die sich noch nie.
Dennoch: Regisseur Dave Filoni, der als einstiger Protegé George Lucas’ schon immer einen direkten Draht zu jener Person hatte, die die Macht und ihre Konzepte überhaupt erst erfand, liefert uns viele neue Indizien, die mehr über die Macht verraten. Puzzleteile, wenn du so willst.
Setzen wir sie zusammen, so gut wir können.
Ist die Welt zwischen den Welten echt?
«Fangen wir nochmals von vorn an», sagt Anakin zu Ahsoka am Ende der fünften Folge. Wir tun dasselbe.
Vergangene Woche habe ich dir erklärt, wo sich Anakin und Ahsoka gerade befinden. Nämlich in der sogenannten Welt zwischen den Welten. Ein Ort in der Macht, der nicht nur auf physischer, sondern vielmehr auf metaphysischer Ebene existiert. Dort, wo sich in einem unendlichen Raum aus Brücken und Pfaden alles, was je passiert ist und je passieren wird, gleichzeitig abspielt. Denn wenn Obi-Wan Kenobi einst über die Macht sagte, dass sie uns umgebe, durchdringe und die Galaxis zusammenhalte, dann stellt die Welt zwischen den Welten genau das dar.
Aber wo ist die Welt zwischen den Welten genau?
In «Rebels, Staffel 4, Folge 13» begegnete sie uns zum ersten Mal. Nun, eigentlich schon in «Rebels, Staffel 2, Folge 18», als der Held der Serie, Ezra Bridger, durch Jedi-Meditation mit Yoda in Kontakt treten konnte, ohne physisch am selben Ort zu sein. Nur wusste damals noch niemand, um was für einen Ort es sich handelte.
Wie und wann jemand Zugang zur Welt zwischen den Welten erhält, ist nicht bekannt. Ezra wird später, in der vierten Staffel, gar eine Art Portal auf seinem Heimatplaneten Lothal finden, durch das er in sie gelangt. Diesmal sogar physisch. Tatsächlich gelingt es ihm, durch ein anderes Portal in die Vergangenheit zu treten und dort Ahsoka vor dem Tod durch Darth Vaders Klinge zu retten.
Bedeutet das, dass die Welt zwischen den Welten ein physischer Ort ist, an den man durch Machtportale gelangt? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Anders als in «Rebels» gibt es in «Ahsoka» kein Portal, durch das die titelgebende Hauptfigur in die Welt zwischen den Welten tritt. Vielmehr scheint sich die ganze Begegnung mit Anakin in Ahsokas Kopf abzuspielen – was sie nicht minder real macht.
Viel eher glaube ich, dass wir einfach immer noch nicht genau wissen, wie diese mysteriöse Welt zwischen den Welten funktioniert. Sicher scheint nur, dass Ahsokas Geist irgendwo auf ihrer Reise vom Diesseits ins Jenseits den Zugang gefunden hat. Oder womöglich gar von der Macht selbst bekommen hat. Wer weiss das schon?
Wir werden’s wohl nie erfahren. Und das ist okay.
Die erste Vision: Ryloth
Nun zu Anakin. Gleich zu Beginn eröffnet er Ahsoka, zurückgekehrt zu sein, um ihre Ausbildung abzuschliessen. Es gäbe nämlich noch eine letzte Lektion, die er ihr beizubringen habe.
«Leb – oder stirb.»

Quelle: Disney / Lucasfilm
Natürlich ist die Lektion nicht so plump, wie sie klingt. Es wäre nicht Dave Filonis Schreibe, wenn’s anders wäre. Schon in «The Clone Wars» und «Rebels» war Filoni Meister darin, seine Figuren weiterzuentwickeln, ohne uns Zuschauenden ständig alles vorzukauen und mundgerecht zu servieren. Worum’s hier also wirklich geht, erfahren wir, wenn wir die Puzzleteile der einzelnen Visionen zusammensetzen.
Die erste Vision. Die Klonkriege wüten noch nicht lange. Der junge Anakin in guter alter «The Clone Wars»-Rüstung eilt der noch jüngeren Ahsoka Tano zu Hilfe. Schauplatz: Ryloth. Nicht nur an der rauen, orangen Umgebung zu erkennen. Sondern auch an den Twi’leks im Hintergrund der Szenerie, die sich mit Captain Rex unterhalten.
«The Clone Wars»-Fans erkennen die Schlacht sofort: Sie stammt aus der ersten «The Clone Wars»-Staffel, Folgen 19 bis 21. Damals war Ahsoka noch eine schnippische Göre (darum nennt Anakin sie ständig «Snips»), keine erfahrene, reife Machtnutzerin und Anführerin. Auf ihrem Weg dorthin musste sie erst viele Fehler machen und ihre Lehren daraus ziehen. Eine der Einschneidendsten erfuhr sie während eben jener Befreiung von Ryloth. Im Eifer, sich entgegen Anakins Mahnung zur Vorsicht beweisen zu wollen, führte sie sich und ihr Kommando direkt in eine Falle – und verlor.

Quelle: Lucasfilm
Ahsoka überlebte dank Anakins Rettung. Die meisten ihrer Klontruppler nicht. Vom Gewicht ihrer Schuldgefühle an ihren Tiefpunkt gerissen, ist es in der Animationsserie Anakin, der sie zu ihrer eigenen Überraschung nicht tadelt, sondern ermuntert, trotzdem weiterhin an sich und ihre Fähigkeiten zu glauben. Tatsächlich ist das der erste grosse Wendepunkt in der Charakterentwicklung Ahsokas. Wurde sie zuvor von Fans noch als viel zu nervig abgetan, geschah es während dieser Schlacht, dass erste Fans Ahsoka in ihr Herz schlossen – bis sie später zu einer der beliebtesten «Star Wars»-Figuren überhaupt wurde.
In «Ahsoka» läuft’s ähnlich ab. Anakin erklärt seiner Schülerin, dass auch Anführerinnen und Anführer nicht vor Fehlern gefeit seien. Dass der Krieg immer seinen Preis einfordere. Das dürfe Ahsoka nicht entmutigen und davon abhalten, weiterzukämpfen. Sein Job sei es schliesslich, sie zur Soldatin auszubilden. Zur Anführerin. Auch das gehöre zum Jedi-Dasein. Denn wer sich nicht den Zeiten anpasst, gehe unter. Aber Ahsoka steigt nicht mit ein. Fragt sich, ob zu kämpfen alles sei, was sie ihren eigenen Padawanen je beibringen werde.
Anakin wendet sich derweil wieder der Schlacht zu – und Dave Filoni zeigt uns eine der schönsten Einstellungen, die «Star Wars» womöglich je gesehen hat.

Die zweite Vision: Mandalore
Nächste Vision. Erneut entführt uns Filoni zu einem aus der siebten Staffel von «The Clone Wars» bekannten Schauplatz. Nämlich zur Belagerung von Mandalore, der letzten grossen Schlacht der Klonkriege. Anakins und Ahsokas Wege trennten sich da, weil Anakin und Obi-Wan zurück nach Coruscant mussten, um den entführten Kanzler Palpatine zu retten – die Eröffnungssequenz aus «Episode III – Revenge of the Sith». Dann verfiel Anakin dem Imperator. Wurde zu Darth Vader. Und würde Ahsoka viele Jahre nicht mehr begegnen.

Quelle: Disney / Lucasfilm
«Du hast dich gut geschlagen. Du bist zur Kriegerin geworden. Dazu habe ich dich ausgebildet», stellt Anakin fest.
«Ist das alles?», entgegnet Ahsoka trocken.
Aha. Wir nähern uns dem Kern der Sache. Anakin erklärt Ahsoka, dass sie alles in sich tragen würde, was er sei. Jegliches Wissen, das er besässe. Genauso wie er das Wissen seines Meisters besässe, und der das von seinem.
«Du bist Teil eines Vermächtnisses.»
Da. Der Kern.
Ahsoka ringt mit sich, mit ihrer Rolle als Sabines Meisterin, weil sie genau dieses Vermächtnis fürchtet. Ein Vermächtnis aus Krieg, Tod und Zerstörung. Vielleicht sogar mehr als das. Schlimmeres als das. Schliesslich war Anakin ebenfalls stärker und gefährlicher, als irgendwer ahnen konnte. Und wenn Ahsoka alles in sich trägt, was Anakin ist – was Anakin war –, dann auch seine tiefsten Abgründe. Und wenn sie weiter macht, dann würde auch sie fallen. Sie. Sabine. Die Galaxis. War es nicht genau das, was Baylan Skoll ihr in ihrem Kampf zuvor prophezeite?
«Darum geht’s dir also?», blafft Anakin sie an. «Du hast nichts gelernt. Fangen wir nochmals von vorn an.»
Der Meister und seine Schülerin
Wir sind wieder am Anfang. Bei der Lektion: «Leb oder stirb.» Und zum ersten Mal sehen wir Anakin Skywalker mit Sith-Augen und rotem Lichtschwert. Jung. Agil. Strotzend vor Macht. Frei von seinem einengenden, schwarzen Anzug mit dunkler Maske. Und durch und durch böse. Oder anders gesagt: Wir sehen ihn als jenen Darth Vader, den Obi-Wan Kenobi dem Imperator verwehrt hat.
Filoni, du Teufelskerl.

Quelle: Disney / Lucasfilm
Beinahe knickt Ahsoka ein. Letztlich gelingt es ihr aber, den bösen Anakin zu besiegen. Und für einen kurzen Moment, als sie Anakins rotes Lichtschwert ihrem einstigen Meister an die Kehle hält, blitzen auch ihre Augen im Rot der Sith auf. Aber Ahsoka fällt nicht. Sie deaktiviert das Lichtschwert, mit der Erkenntnis, dass sie Anakins Vermächtnis zwar in sich trägt, aber stark genug ist, sogar stärker als Anakin, nicht in dieselben Abgründe zu fallen wie er.
Ahsoka lässt von Anakin los. Wählt das Leben. Wählt, weiterzumachen. Ihre eigene Geschichte zu schreiben. Voller Überzeugung. Und nicht mehr im Zweifel über ihren Platz darin zu ertrinken. Denn die Vergangenheit ist genau das – vergangen.
Anakins Augen nehmen wieder ihre natürliche Farbe an. Sogar ein verschmitztes Lächeln huscht über sein Gesicht. Dann ein letzter Satz, bevor er verschwindet.
«Es gibt also doch noch Hoffnung für dich.»
Das war die Lektion.
Wiedergeburt
Was war Anakin denn nun? Ein Machtgeist? Glaube ich nicht. Dafür fehlte ihm das typische, blaue Schimmern. Oder aber Machtgeister schimmern nur dann, wenn sie sich in der physischen Welt manifestieren. Hier aber manifestierte er sich in Ahsokas Geist – in der Welt zwischen den Welten gar. Das könnte eine Erklärung sein. Aber auch das gehört zu den Dingen, die ich nicht bis ins kleinste Detail erklärt bekommen brauche.
Was dann folgt, ist gut-christliche Symbolik. Die Wiedergeburt Ahsokas durch die Flutung der Welt zwischen den Welten. Und gereinigt von ihren Schuldgefühlen, Zweifeln und mentalen Qualen, trägt sie endlich jenes weisse Poncho, das sie schon am Ende von «Rebels» zum ersten Mal trug. Breit grinsend. Als wäre sie von einer Last befreit worden, die sie jahrelang mit sich trug. Endlich ist sie bereit, sich weiterzuentwickeln. Sich – und vielleicht auch den Jedi-Orden. So, wie es Anakin ihr einst vor all diesen Jahren während der Befreiung von Ryloth beibrachte.
Das ist ihr Vermächtnis.
Ganz ihrem wiederentdeckten Vertrauen in sich und in die Macht entsprechend, ist es diesmal keine Sternenkarte, der sie vertraut, um sich auf die Suche nach Sabine zu begeben. Es sind ihre Instinkte. Vielleicht sogar die Macht selbst. Wer weiss nämlich schon, wohin die walähnlichen Purrgil auf ihrer extragalaktischen Migration als nächstes springen?
«Die Macht wird mit dir sein. Immer», sagte einst Obi-Wan Kenobi zu Luke Skywalker.
Sie wird auch mit Ahsoka sein.
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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»