Beruhigend für Menschen, euphorisierend für Katzen – so wirkt Baldrian
Baldrian kam schon in der Antike bei Schlafstörungen zum Einsatz und ist bis heute ein geschätztes pflanzliches Beruhigungsmittel. Auch Katzen lieben die Heilpflanze, allerdings für einen ganz anderen Effekt.
Schon bei der Namensgebung war man sich offenbar der positiven Wirkung von Baldrian bewusst: Der wissenschaftliche Name der Heilpflanze Valeriana officinalis leitet sich vom lateinischen Wort «valere» ab und bedeutet «gesund sein».
Von der Antike bis heute: beliebtes Mittel bei Schlafstörungen und Nervosität
Sowohl die alten Griechen als auch die Römer schätzten die Pflanze für ihre möglichen medizinischen Eigenschaften. Der griechische Arzt Dioskurides und der römische Arzt Galen erwähnten Baldrian bereits in ihren Schriften im ersten Jahrhundert als Mittel gegen Schlaflosigkeit.
Im Mittelalter wurde Baldrian dann im europäischen Raum als Heilmittel gegen verschiedene Beschwerden eingesetzt. Mönche in Klöstern kultivierten die Pflanze und verwendeten sie zur Behandlung von Schlafstörungen und Nervosität.
Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin wurde Baldrian verwendet, allerdings nicht so häufig wie in Europa. Er fand seinen Platz als Mittel zur Beruhigung von Geist und Nerven.
Kräutermedizin (fast) mit wissenschaftlichem Nachweis
In der heutigen Kräutermedizin kommt Baldrian insbesondere zur Linderung von nervösen Spannungen und Schlafstörungen zum Einsatz. Präparate mit Baldrianextrakt sind in Form von Kapseln, Tinkturen oder Tee erhältlich.
Die aktuelle Studienlage liefert Hinweise, die auf die positive Wirkung von Baldrian bei Unruhe und Nervosität hindeuten. Noch ist die Forschung dazu jedoch nicht abgeschlossen. Die Stiftung Warentest hat bei der Beurteilung von 15 pflanzlichen Präparaten zur Beruhigung allein Baldrian als «mit Einschränkung geeignet» beurteilt. Alle anderen Pflanzen und Pflanzenkombinationen bekamen das Ergebnis «wenig geeignet».
Baldrianwurzelextrakt als Mittel der Wahl
Für Baldriantee oder -pulver gibt es zwar keine ausreichende Studienlage, Tabletten mit Wurzelextrakt können aber zur Beruhigung beitragen. Dabei musst du ein wenig Geduld mitbringen: Baldrian wirkt nicht unmittelbar. Bis eine Linderung einsetzt, kann es ein wenig dauern. Außerdem ist die Wirkung von Baldrian, wie auch bei anderen pflanzlichen Mitteln, subtiler als bei einem verschreibungspflichtigen Medikament. Wie stark man die Wirkung spürt, ist sehr individuell. Manche schwören auf die beruhigende Kraft, andere bemerken kaum einen Effekt.
Die Wirkung von Baldrian wird in der Wissenschaftswelt auf verschiedene Inhaltsstoffe zurückgeführt. Hauptverantwortlich dafür ist offenbar ein Stoff namens Nepetalacton, der mit beruhigenden Eigenschaften in Verbindung gebracht wird. Außerdem enthalten sind Valepotriate, volatile Öle wie Bornylacetat und Pinene und Alkaloide, denen ebenfalls beruhigende Wirkung nachgesagt wird.
Fellnasen im Rausch: Katzen lieben Baldrian
Interessanterweise zieht getrockneter Baldrian Katzen magisch an. Der Geruch von Baldrian löst eine euphorische Reaktion bei vielen Katzen aus. Deswegen gibt es auch bei uns im Shop inzwischen eine große Auswahl an Baldriankissen für die Vierbeiner.
Die euphorisierende Wirkung wird ebenfalls auf den Inhaltsstoff Nepetalacton zurückgeführt. Eine chemische Verbindung, die in den Öldrüsen von Baldrianwurzeln vorkommt. Wenn Katzen mit diesem Stoff in Kontakt kommen, reagieren sie häufig mit einer Art von Ekstase. Die Wirkung von Nepetalacton auf Katzen ähnelt in gewisser Weise der Reaktion auf Katzenminze (Nepeta cataria), die einen ähnlichen Stoff enthält. Bei Katzen bindet Nepetalacton an Rezeptoren in der Nasenschleimhaut und löst eine Kettenreaktion aus, die zu verändertem Verhalten führt, zum Beispiel zu intensivem Schnurren, Rollen, Reiben, Miauen, Springen und Spielen.
Die Hormone sind schuld
Was ist nun der Grund dafür, dass Katzen nahezu gegenteilig auf Baldrian reagieren als Menschen? Ganz einfach: Nepetalacton ähnelt einem Katzenpheromon, das für gewöhnlich in der Paarungszeit abgesondert wird. Deswegen reagieren sehr junge und sehr alte Katzen in der Regel auch weniger stark auf Baldrian als diejenigen im Paarungsalter.
Nutzt du Baldrian und wirkt er bei dir? Oder setzt du es lieber für deine Katze ein? Lass es die Community und mich in einem Kommentar wissen.
Titelfoto: sasirin pamai/ShutterstockWissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.