Green Protein
Deutsch, Rebekka Trunz, 2022
Ich lebe seit über zwanzig Jahren größtenteils vegetarisch. Nun folgt der nächste Schritt: Ich stelle meine Ernährung für mindestens eine Woche auf vegane Lebensmittel um. Eingestellt habe ich mich auf Verzicht, stattdessen aber ganz neue Ernährungswelten entdeckt.
Ein Geständnis vorweg: Diese Ausprobiert-Woche habe ich einige Male verschoben, bis ich mich tatsächlich daran gewagt habe. Wie sich herausstellte, war meine anfängliche Sorge allerdings unbegründet, denn es fiel mir wesentlich leichter als gedacht. Und auch der befürchtete Verzicht war nicht in der Form nötig, wie befürchtet.
Vor allem um meine tägliche Dosis Schokolade war ich besorgt, die ich doch ungern missen wollte. Hier kam eine Erkenntnis sehr schnell: Es gibt jegliche Süßigkeitenvariante inzwischen in veganer Form. Aber auch zum Frühstück kommen bei mir durchaus regelmäßig tierische Produkte zum Einsatz. Ganz zu schweigen von einem spontanen Essengehen in ein gewöhnliches Restaurant. Wie sollte ich da etwas Veganes finden?
Zum Start in den ersten Ausprobiert-Morgen darf (nach dem Zitronenwasser) der obligatorische Kaffee nicht fehlen. Für die vegane Woche macht mir das glücklicherweise keine Umstände, weil ich schon vor einiger Zeit die Kuhmilch gegen Hafermilch getauscht habe. Die Auswahl bis hin zu Barista-Varianten ist mittlerweile ja gigantisch. Alternativ stünden noch Soja-, Mandel- oder Reismilch zur Verfügung. Mir schmeckt Hafermilch am besten. Croissant gibt es heute keines, stattdessen ein frisches Brot mit veganem Linsenaufstrich.
Auch das Mittagessen bleibt ohne größeren Aufwand: Es gibt einen gemischten Salat, der gut ohne tierische Produkte auskommt. Ein kleiner Funke von Wehmut kommt allerdings auf, als ich den Mozzarella im Kühlschrank entdecke. Ohne mein veganes Vorhaben wäre der jetzt direkt im Salat gelandet. Es geht aber auch ohne und ich nehme mir vor, für den nächsten Salat eine kleine Alternative wie Kichererbsen oder Tofu zu besorgen.
Zum Frühstück gibt es heute einfach ein Vollkornbrötchen mit Olivenöl und Salz, aufgehübscht mit Tomate, Gurke und Paprika. Das Mittagessen muss aus Zeitmangel ausfallen. Damit mich vor dem Abendessen keine Heißhungerattacke überfällt, esse ich auf dem Weg einen Apfel, eine Banane und ein paar Nüsse. Nüsse sind für mich sowieso das ultimative Essen für Zwischendurch: Sie können überall gegessen werden, sättigen schnell und nachhaltig und sind obendrein ein Quell an tierfreien Proteinen und vielen Vitaminen und Mineralstoffen.
Nach diesem, zugegeben doch eher minimalistischen Ausbeute bisher, koche ich am Abend dafür mit voller Hingabe. Um mir ein paar Ideen und Anregungen zu holen, habe ich mir aus der unendlichen Fülle an veganen Kochbüchern eines ausgesucht, das besonderen Wert auf ausreichend Proteine im Essen legt. Denn damit vegane Ernährung nicht zur Mangelernährung wird, ist es wichtig, auch ohne tierische Produkte ausreichend Proteine zu sich zu nehmen.
Ich könnte mich mit großer Freude einmal quer durch all die tollen Gerichte futtern. Allerdings muss das Essen auch für meinen Mann und Sohn, die beide nicht vegan essen, etwas hermachen. Deswegen fällt meine Wahl heute auf vegane Burger mit selbstgemachten Pommes.
Nach Rezept mache ich alles selbst, sogar die Burgerbrötchen, und bin froh, dafür ausreichend Zeit eingeplant zu haben. Denn wie immer, wenn man ein Rezept zum ersten Mal zubereitet, dauert alles einfach ewig: Teig für die Brötchen vorbereiten und daraus die Brötchen backen, die Zutaten für die Patties vorbereiten und die Patties braten, Salat, Tomaten und Gurken zum Belegen anrichten und dann noch Kartoffeln in Pommes-Form schneiden und in den Ofen schieben. Insgesamt bin ich zwei Stunden mit Kochen beschäftigt. Definitiv kein Gericht für jeden Tag. Wobei es beim nächsten Mal sicher schneller gehen wird und ich auch den Aufwand, die Brötchen selbst zu backen, nicht immer betreiben müsste.
Nach dem hohen Zeitaufwand zum Kochen gestern, habe ich heute weder Zeit noch Muße für ein ähnlich aufwändiges Gericht. Deshalb mache ich es mir einfach: Zum Frühstück gibt es wieder Brot mit veganem Aufstrich, nachmittags esse ich die Reste vom gestrigen Abendessen. Damit ich morgen etwas Abwechslung zum Frühstück habe, bereite ich am Nachmittag Overnight-Oats für die kommenden Tage vor. Ein Rezept dafür finde ich ebenfalls in meinem neuen Kochbuch.
Wenn dir die Overnight-Oats auch so viel Appetit machen wie mir, kannst du hier noch mehr zu dieser praktischen und ausgewogenen Frühstücks-Alternative lesen:
Zum Abendessen gibt es Eintopf aus Kartoffeln und verschiedenem Gemüse, verfeinert mit Curry und einer Sauce aus passierten Tomaten und Kokosmilch. Das ist ein schnelles, unkompliziertes Essen, das ich auch vor meiner veganen Woche oft gekocht habe. Ich mache immer gleich so viel, dass wir mehrere Tage davon essen können. Außerdem lässt es sich wunderbar einfrieren und an einem vollen Tag schnell auftauen.
Am vierten Tag stelle ich fest, dass die vegane Ernährung tatsächlich wesentlich weniger Aufwand bedeutet, als ich erwartet habe. Mir geistern viele Rezepte im Kopf herum, die ich in dieser Woche noch testen möchte, ohne mich dafür groß verbiegen zu müssen oder sehr von Verzicht geplagt zu sein. Allerdings fehlt mir die Zeit, um jeden Tag ein neues Rezept auszuprobieren. Deswegen gibt es heute schnelles Wok-Gemüse statt des eigentlich geplanten «Teriyaki-Wok mit Mie-Nudeln und Tempeh» aus dem neuen Kochbuch.
Heute ist Bürotag, das sollte aber keine Probleme für meine Versuchswoche mit sich bringen. Als Frühstück habe ich ja meine vorbereiteten Overnight-Oats, die ich auch bequem mit ins Büro nehmen kann. An der Salatbar in einem nahegelegenen Markt kann ich zwar auch vegan ordentlich zugreifen, allerdings bleiben Mozzarella, Feta und Ei meiner Schüssel heute fern. Und auch mit der Soße muss ich aufpassen. American oder Joghurt Dressing sind raus, dafür nehme ich Essig und Öl.
Abends bin ich zum Essen in einer Pizzeria verabredet. Auch hier ist es nicht schwer, etwas Veganes für mich zu finden, weil ich Pizza ohne Käse sehr gerne mag. Es bleibt der Nachtisch, der Probleme macht. Tiramisu ist heute tabu, Erdbeeren mit Mascarpone muss ich mir ebenfalls verkneifen. Ich verzichte schließlich zähneknirschend auf eine Nachspeise. Das ist dann wohl der Weg, wie sich durch vegane Ernährung abnehmen lässt.
Nach dem gestrigen Nachspeise-Flop backe ich mir heute meinen Nachtisch einfach selbst. Vegane Brownies stehen auf dem Plan. Ich bin erstaunt und etwas skeptisch über die Hauptzutat: Schwarze Bohnen. Kann das schmecken? Eine Stunde später weiß ich: Oh ja – und wie! Der Teig ist schnell zusammengerührt und das Ergebnis überzeugt sogar meine nicht-veganen Testesser.
Am Abend muss es dann schnell gehen: Spaghetti Napoli landen auf dem Teller. Auf den Parmesan verzichte ich ohne allzu großen Wehmut. Die Spaghetti sind aus Dinkel, ohne Ei versteht sich. Auch hier kostet das wenig Umdenken, da ich schon lange auf Nudeln ohne Eier umgestiegen bin, weil hierfür fast immer Eier aus schlechten Haltungsbedingungen verarbeitet werden. Außerdem schmecken mir die Ei-freien Nudeln sowieso besser.
Die Overnight-Oats haben sich an meinem Bürotag bereits als sehr praktisch herausgestellt. Auch am Wochenende freue ich mich wieder darüber, ohne Aufwand ein ausgewogenes, leckeres Frühstück zu haben.
Abends gibt es wieder die einzige Kartoffel-Variante, die mein Siebenjähriger freiwillig isst: selbstgemachte Pommes. Dazu mache ich mir noch Feldsalat mit gebratenen Champignons. Der Rest der Familie verspeist genüsslich Fisch – der ist für mich auch ohne Ausprobiert-Woche in der Regel raus.
Damit würde meine vegane Ausprobiert-Woche nun zu Ende gehen. Doch wie schon häufiger nach einer Woche Selbstversuch, bleibe ich erst einmal bei der neuen Gewohnheit. Mittlerweile sind es drei Wochen, die ich ganz auf tierische Produkte verzichte und bislang war da keine Versuchung, wieder aufzuhören.
Hier findest du weitere Ausprobiert-Wochen von mir, in denen ich regelmäßig gesunde Gewohnheiten teste:
Quellen:
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.