Das erste Mal Windows nach zehn Jahren Mac
Ich mag mein bequemes Apple-Gärtli: MacBook, iPhone, iPad und Airpods funktionieren zusammen harmonisch. Nur zocken kann ich nicht. Dafür setze ich nach Jahren einen selbstgebauten PC mit Windows auf – und tue mich stellenweise schwer.
Einen PC selber zusammenbauen können alle – auch nach jahrelanger Pause, wie ich kürzlich gemerkt habe. Doch mit der letzten angezogenen Schraube ist es nicht getan: In der letzten Dekade habe ich nur noch mit Mac gearbeitet. Seit genau so langer Zeit habe ich keinen Windows-Rechner mehr aufgesetzt und nur selten einen bedient.
Startschwierigkeiten
Gleich zu Anfang stehe ich vor einer essenziellen Herausforderung: Wie bekomme ich das Betriebssystem auf die leere Festplatte? In einer vergangenen Ära hätte ich eine gecrackte Windows-Installations-CD mit einem alten Rechner gebrannt und diese dann ins Laufwerk des neuen geschoben. Ich habe aber keinen alten Windows-Rechner. Und CDs und Laufwerke gibt es heute auch nicht mehr – zumindest in den meisten Maschinen. Google klärt mich auf, dass ich stattdessen boot-fähige USB-Sticks erstellen kann. Alles klar…
…oder auch nicht: Nach längerer Recherche stelle ich fest, dass es keinen einfachen Weg gibt, auf meinem M1-Macbook ein Windows-11-Installationsmedium zu erstellen. Es gibt zwar Möglichkeiten, die Anleitung dazu erstreckt sich aber über fünf Seiten und beinhaltet Homebrew und Terminal-Befehle von einer nicht-verifizierten Website. Nope.
Ich rufe meinen Yoda
Signifikant einfacher ist es, einen Kevin zu haben – derselbe, der mir die PC-Komponenten zusammengestellt hat. Er gibt mir einen boot-fähigen Stick, mit dem ich ans Werk gehen kann. Anfangs scheint alles glatt zu laufen – Stick einstecken, PC einschalten, Sprache auswählen und warten. Doch nach wenigen Sekunden erscheint eine Fehlermeldung: «Dieser PC unterstützt Windows 11 nicht.» A…ha?
Ich rufe wieder nach meinem Yoda. Kevin erklärt mir Padawan, dass ich tief im BIOS des Mainboards die Option «AMD CPU fTPM» aktivieren muss. Darauf wäre ich alleine nie gekommen. Ich lasse mir erklären, dass es sich dabei um ein Sicherheitsmodul handelt, das seit Windows 11 Pflicht ist. Fairerweise sollte ich erwähnen, dass die Einstellung laut Kevin bei den meisten neuen Mainboards bereits standardmässig richtig ist.
Mit aktiviertem fTPM klappt es endlich und eine halbe Stunde später ist Windows 11 installiert. Bei einem Mac müsste ich nur noch einen Knopf drücken, um alle Treiber- und Betriebssystem-Updates zu machen. Ein grosser Vorteil der kompletten Integration von Hard- und Software. Windows ist anders. Das Betriebssystem ist von Microsoft, Hardware-Komponenten kommen von unterschiedlichen Herstellern und alle haben eigene Update-Zyklen. Zwar liefert Microsoft für alles einen Standard-Treiber, Dinge wie Grafikkarten entfalten aber erst mit den aktuellsten Treibern ihre volle Leistung. Diese muss ich mühsam manuell downloaden und installieren.
Dellen in der Hochglanz-Oberfläche
Nachdem alles erledigt ist, widme ich mich zum ersten Mal der Benutzeroberfläche von Windows 11 und bin angenehm überrascht. Die Designsprache finde ich klarer als früher, das Startmenü ist mittlerweile genau wie bei Apple zentriert. Ganz so poliert wie in MacOS sieht die Oberfläche meiner Meinung nach jedoch noch immer nicht aus. Das liegt auch daran, dass gewisse Dialogfenster selbst auf meinem extrem dichten 27-Zoll-Monitor mit 4K-Auflösung aussehen wie vor 20 Jahren. Funktionell gesehen ist das egal, ästhetisch ist es mir ein Dorn im Auge.
Toll finde ich hingegen, dass ich Fenster an die Bildschirmränder heften kann und sie sich automatisch richtig skalieren. Dafür brauche ich auf dem Mac eine App. Ein weiterer Segen, den nur Mac-User verstehen werden: Das Fenstermanagement in Windows finde ich um Welten besser. Während Apple mich bei einem Klick auf den grünen Knopf in der Fensterleiste in einen Vollbildmodus zwingt, maximiert sich das Fenster bei Windows lediglich. Mit Alt-Tab kann ich nicht nur zwischen verschiedenen Programmen, sondern auch zwischen verschiedenen Fenstern desselben Programms wechseln. Halleluja.
Ich habe für meinen Selbstversuch keine Windows-Lizenz. Das scheint nicht weiter schlimm zu sein: Die einzigen Einschränkungen, die ich erkennen kann, sind das fixe Hintergrundbild und Design sowie ein Wasserzeichen unten rechts im Bild. Letzteres würde mich auf Dauer nerven und ich würde eine Lizenz kaufen. Dass mich Microsoft das Betriebssystem aber auch ohne legal nutzen lässt, finde ich super.
Im Apple-Gärtli gefällt es mir für Kreativ-Arbeit besser
Weil ich bisher im Apple-Gärtli arbeitete, habe ich mich daran gewöhnt, dass alles reibungslos funktioniert. Passwörter landen automatisch im Schlüsselbund und werden genau wie mein iCloud Drive zwischen allen Geräten synchronisiert. Das Gleiche passiert mit meinen Kontakten, Kalendern und E-Mail-Konten. Für solche Dinge gibt es bestimmt auch für Windows gute Tools. Die muss ich aber zuerst finden, installieren und konfigurieren. Das scheint mir noch immer ein grundsätzlicher Unterschied zwischen MacOS und Windows: Bei Apple ist alles «out of the box» genau so, wie ich es haben will, bei Microsoft muss ich für die Konfiguration Zeit und Energie investieren. Und an die verdammte CTRL-Taste gewöhne ich mich wahrscheinlich nie mehr.
Ähnliche Unterschiede sehe ich bei der Hardware. Mac-Computer kann ich nur minimal individualisieren, dafür kommt alles wie aus einem Guss. Dank der kompletten Integration aller Komponenten und den neuen Apple-Silicon-SoCs läuft mein M1 Max MacBook Pro in 99 Prozent der Zeit komplett lautlos – und bringt für Kreativ-Arbeiten wie Videoschnitt und Bildbearbeitung trotzdem hervorragende Leistung. In der Windows-Kiste drehen hingegen ständig die Lüfter, sie heizt mein Zimmer stärker auf und ich finde sie weniger hübsch. Bestimmt spricht da der Apple-Fanboy in mir, aber für mich sind das genug Gründe, um für Arbeitszwecke beim MacBook zu bleiben. Ich weiss auch, dass ich einen Laptop mit einem Desktop vergleiche, doch ich könnte das MacBook auch mit einem Mac Mini oder Mac Studio ersetzen und würde zum gleichen Schluss kommen. Genauso bewusst bin ich mir, dass ich Apples Ästhetik und Effizienz teuer bezahle.
Endlich zocken, was ich will
Und etwas kann ich trotz der hohen Preise mit keinem Apple-Gerät: Gamen. Wie oft habe ich in den letzten zehn Jahren ein Spiel gesehen und gedacht: «Oh, das sieht cool aus, da würde ich gerne mal ein paar Stunden reinstecken» – nur um im nächsten Moment unweigerlich festzustellen, dass es nur mit Windows kompatibel ist. In der Vergangenheit konnte ich Spiele ohne grossen Leistungshunger wenigstens über Bootcamp auf meinem Mac spielen. Mit Apple Silicon geht das nicht mehr und selbst mit Workarounds wie Parallels oder Crossover funktionieren nur wenige Games.
Mit dem Windows-PC fühle ich mich in dieser Hinsicht wie im Schlaraffenland – endlich zocken, was ich will! Ich lade mir «Age of Empires IV» herunter, das ich vor einem Jahr verpasst habe. Obwohl der PC unter meinem Tisch eine günstige Konfiguration für knapp 1000 Franken ist, läuft das Spiel flüssig in 2160p-Auflösung und mit hohen Detaileinstellungen. Das bin ich mir als Apple-Kunde nicht gewohnt. Von der «Age of Empires»-Neuauflage selbst bin ich etwas enttäuscht.
Fazit: Ich will beides
Damit bin ich am Ende meines Selbstversuchs. Ich muss den PC wieder formatieren – die Komponenten sind von den Herstellern gesponsert und die Kiste wird verlost. Du kannst sie gewinnen, indem du unten auf den «Teilnehmen»-Knopf klickst. Ich selber werde mir früher oder später auch wieder einen eigenen Windows-PC zum Gamen bauen, für die Arbeit aber bei meinem MacBook bleiben. Sind beide Systeme erstmal installiert, sind die Unterschiede in der Handhabung heutzutage kleiner als früher und es lässt sich problemlos hin und her wechseln – von der verdammten CTRL-Taste mal abgesehen.
Budget-Gaming-PC
Falls du an der Verlosung teilnehmen willst, klick auf den Button.
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.