«De Bubi isch jetzt bi de Stärnli…»
Trauer ist ein Gefühl, das jede und jeden mal ereilt. Auch der Tod eines geliebten Haustieres kann einem schmerzlich bewusst machen, wie endlich das Leben ist. Kommt dieser Tod plötzlich und unerwartet, fällt die Lektion umso schwerer aus.
«…it hurts like so, to let somebody go …», singen Coldplay und Selena Gomez aktuell im Radio. Ja, jemanden gehen lassen zu müssen, tut weh. Umso mehr, wenn jemand stirbt. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier handelt. Das erfuhren wir als Familie kürzlich am eigenen Leib.
Letzten Sommer mussten wir Clyde gehen lassen … Er wurde angefahren und zum Sterben am Strassenrand liegengelassen. Ausgerechnet er, unser getigerter Kater, noch keine sieben Jahre alt. Er, der Schmuser par excellence, der am liebsten die ganze Zeit auf dem Schoss von jemandem lag. Und was mithin am schwersten wog: Er, der «Bubi» von unserer Tochter, die eine Welt ohne ihn gar nicht kannte. Die beiden waren praktisch unzertrennlich, die Kleine war noch keine Woche alt, da legte er sich schon zu ihr hin.
Und nun war er plötzlich weg, von einem Tag auf den anderen. So etwas ist für ein zweieinhalbjähriges Kleinkind kaum zu begreifen, es ist ja schon für uns Erwachsene schwer. Auf jeden Fall haben wir unserer Tochter erklärt, dass ihr Bubi jetzt bei den Sternen ist, und dass er von dort nicht mehr zurückkommen kann. Er wird aber für immer auch in ihrem Herz bleiben. Das scheint sie auch tatsächlich zu verstehen, meistens … Ab und an kommt es trotzdem vor, dass sie nach ihrem Bubi fragt, und dass sie ihn vermisst. Das sind dann die Momente, wo es uns Eltern beinahe zerreisst und wir ihr mit wässrigen Augen wieder erklären müssen, dass Clyde nicht mehr zurückkommt. Manchmal weint sie dann etwas … Und unsere Eltern-Herzen brechen noch ein wenig mehr.
«Zusammenbruch» im Krematorium
Damit wir uns richtig verstehen: Mein Herz brach schon in dem Moment, als uns die Gemeinde anrief und uns mitteilte, dass Angestellte des Werkhofs unseren Clyde tot am Strassenrand gefunden und mitgenommen hatten. Darauf folgte die Frage am Telefon: «Wollen Sie ihn abholen? Wir können ihn auch auf der Kadaversammelstelle entsorgen.» ENT-SOR-GEN. Unser geliebtes Büsi, das fast sieben Jahre Teil unseres Lebens war und uns so viel gegeben hat in dieser Zeit?! My ass! Lange Rede, kurzer Sinn: Bubi liegt heute eingeäschert in unserem Garten, unter einem Bäumchen. Wir haben ihn begraben und konnten uns so noch mit einer kleinen Zeremonie von ihm verabschieden.
Es war ein tränenreicher Abschied, und es hat gutgetan. Da hatte ich meinen persönlichen emotionalsten Gefühlsausbruch schon hinter mir. Erlebt hatte ich den im Tierkrematorium. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, wurde ich gefragt, ob ich mich noch ein paar Minuten von Clyde verabschieden wolle. Diese einfühlsame Geste, gepaart mit der wütenden Trauer in meiner Brust, die ich zuvor mühsam runterschlucken musste, um die Fassung zu wahren, übermannten mich schliesslich. Ich hockte neben unserem Kater auf den Boden und heulte minutenlang wie ein Schlosshund. Es war befreiend. Entscheidend war in dem Moment die Empathie der Dame vom Krematorium. Sie kann es nachfühlen, dass da nicht einfach «nur ein Tier entsorgt» wird, sondern eben ein Familienmitglied geht. Dafür war ich ihr so dankbar und bin es heute noch.
Nicht alle reagieren so empathisch. Es wäre auch vermessen, das zu erwarten. Trotzdem sind Sprüche wie «Jetzt krieg dich wieder ein, es war ja nur ein Tier» schwer zu verdauen. Niemand muss Tierliebe persönlich nachvollziehen können, trotzdem wünsche ich mir in solch einem Moment etwas Akzeptanz für meine Gefühle. Und sonst ist nichts zu sagen noch immer besser als etwas Kaltes.
Trauer hat viele Gesichter
Unsere kleine Episode über den Tod eines geliebten Haustiers, die Trauer und der Umgang damit ist rein persönlich. Sie ist weder Ratgeber noch hat sie Anspruch auf jegliche Form von Allgemeingültigkeit. Die eine Trauer gibt es nicht, Worte wie richtig oder falsch sind dabei bedeutungslos. Jede und jeder geht anders damit um, und das ist gut so. Wichtig ist auf jeden Fall, dass du damit umgehst. Wegschieben und ignorieren lässt sich die Trauer auf Dauer nicht. Wie alle Gefühle muss auch sie raus, besser früher als später. Fällt dir das schwer? Dann lass dir helfen, sei es im persönlichen Umfeld oder auf professioneller Ebene.
Für mich persönlich war es in der Vergangenheit jeweils am wichtigsten, den Tod eines geliebten Wesens zu akzeptieren. Das mag banal klingen, für mich war das aber jeweils der grösste und entscheidende Schritt, um wieder nach vorne zu schauen. Den Tod an sich oder die Umstände, die dazu führten, die werde ich wohl nie ganz verstehen. Und das muss ich auch nicht.
Was ich wiederum weiss: Bubi bleibt für immer in unseren Herzen, auch wenn er jetzt bei den Sternen ist.
Titelfoto: Patrick VogtIch bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen.