Sapphire AMD RADEON RX 7900 XTX MBA
24 GB
AMDs aktuelles Grafikkarten-Flaggschiff stellt sich im Test dem Nvidia-Gegenstück. Nur in einem Bereich kann die Karte gleichziehen. In einem anderen holt sie sich immerhin den Trostpreis.
Mit der RX 7900 XTX verliert AMD wieder den Anschluss an Nvidia. Sie kann nicht mit der RTX 4080 mithalten. Ist sie deshalb eine schlechte Grafikkarte? Nein, aber sie krankt am selben Defizit wie alle neuen Modelle: Sie ist zu teuer.
Die RX 7900 XTX wirkt im Vergleich zu RTX 4090 und RTX 4080 geradezu niedlich. Mit 28,7 × 13,5 × 5,1 Zentimetern dürfte die Karte auch in kleinere Systeme passen als die Schlachtschiffe von Nvidia. Drei 85 Millimeter Lüfter und ein Kühlkörper sollen die Temperaturen tief halten. Die Karte verfügt über zwei Beleuchtungszonen: oberhalb und unterhalb des mittigen Lüfters. Insgesamt wirkt sie gut verarbeitet und sieht schlicht aus.
Die RX 7900 XTX nutzt die PCIe-4.0-Schnittstelle. Sie bietet einen HDMI-2.1-Anschluss und zwei DisplayPort-2.1-Anschlüsse. Mit dem ersten sind bis zu 7680 × 4320 Pixel mit 60 Hz möglich. Mit dem zweiten sogar 10 240 × 4320 mit 60 Hz. Ein USB-C-Anschluss rundet die Konnektivität ab.
Die Radeon RX 7900 XTX setzt auf die dritte Generation der RDNA-Grafikarchitektur (RDNA3). Neu bei der 7000er-Serie ist das Chiplet-Design. Dabei wird die Grafikeinheit nicht in einem monolithischen Verfahren gefertigt, sondern setzt sich aus sogenannten Chiplets zusammen. Die zentrale Recheneinheit, die sogenannte Graphics Compute Die (GCD), wird im 5-nm-Verfahren bei TSMC gefertigt. Sie profitiert vom fortschrittlichen Fertigungsverfahren. Komponenten wie der L3-Cache oder Speichercontroller, die sogenannten Memory Cache Die (MCD), profitieren weniger davon. Deshalb werden sie im 6-nm-Verfahren bei TSMC gefertigt. Diese einzelnen Elemente werden dann zur GPU zusammengeführt. Dadurch sollen die Produktionskosten gesenkt werden.
Das Chiplet-Design ist nicht die einzige Innovation. Die Navi-31-GPU, welche die RX 7900 XTX befeuert, verfügt über 96 Recheneinheiten, das sind 20 Prozent mehr als bei der Vorgängergeneration. Sie sollen bei gleichem Takt 17,4 Prozent höhere Instruktionen pro Zyklus (IPC) ermöglichen. Insgesamt beträgt der Leistungszuwachs gemäss AMD so bis zu 54 Prozent. Hier die Spezifikationen auf einen Blick:
Sapphire AMD Radeon RX 7900 XTX | Asus Tuf Gaming GeForce RTX 4080 OC | Asus Rog Strix GeForce RTX 4090 OC | Nvidia GeForce RTX 3090 | |
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Architektur und Fertigung | RDNA 3.0 Navi 31 TSMC 5 und 6 nm | Ada Lovelace AD103-300-A1 TSMC N4 | Ada Lovelace AD102-300 TSMC N4 | Ampere GA102-300-A1 Samsung 8 nm |
Shader-Einheiten | 6144 | 9728 | 16384 | 10496 |
TMUs / ROPs | 384 / 192 | 304 / 112 | 512 / 128 | 328 / 112 |
Basistakt | 1855 MHz | 2205 MHz | 2230 MHz | 1395 MHz |
Boosttakt | 2499 MHz | 2625 MHz | 2520 MHz | 1695 MHz |
Speicher | 24 GB GDDR6 | 16 GB GDDR6X | 24 GB GDDR6X | 24 GB GDDR6X |
Speicherbus | 384 bit | 256 bit | 384 bit | 384 bit |
Speicherbandbreite | 960 GB/s | 716.8 GB/s | 1008 GB/s | 936.2 GB/s |
TDP | 355 Watt | 320 Watt | 450 Watt | 350 Watt |
Folgende Komponenten verwende ich für das Review. Sie wurden mir von den Herstellern für die Tests zur Verfügung gestellt:
Das System läuft auf Windows 11 in der Version 21H2 (22000.1098). Ich verwende die BIOS-Version 0502 und aktiviere XMP. Sonst lasse ich alles auf Standard, Resizable BAR ist deaktiviert. Bei der Grafikkarte verwende die Version 22.12.2 des Treibers.
Hier zum Überblick die verschiedenen Benchmarks:
Alle Benchmarks mache ich dreimal und nehme das beste Ergebnis. Bei den Games verwende ich die höchstmöglichen Voreinstellungen. Sonst lasse ich bis auf die Auflösung alles auf Standard. DLSS oder FSR lasse ich deaktiviert. In diesem Review interessiert mich bei den Games die Rasterization- und Raytracing-Leistung ohne zusätzliche Hilfsmittel.
Auf den folgenden Slides siehst du das arithmetische Mittel der Frames per Second (FPS) der neun Benchmark Games im Vergleich zur Konkurrenz von Nvidia. Klickst du in den Galerien weiter, siehst du die Resultate der einzelnen Spiele.
In den Auflösungen 1080p und 2160p nehmen sich die RX 7900 XTX und die direkte Konkurrentin RTX 4080 nichts. Nur in 1440p muss sich AMD um knapp zwei Prozent geschlagen geben. Gegenüber dem ehemaligen Nvidia-Flaggschiff RTX 3090 ist die AMD-Karte um 10, 12 und 14 Prozent besser. Wie bereits von AMD selbst angekündigt, reicht es nicht für einen Schlagabtausch mit der RTX 4090. Hier liegt die 7900 XTX in UHD 23 Prozent zurück.
Immerhin holt sich die AMD-Karte einen Trostpreis. Bei den Frametimes in Perzentilen liegt sie vor der RTX 4080. Die Messwerte der Perzentile sind klassisch in Millisekunden gemessene Frametimes. Also die zeitlichen Abstände von Bild zu Bild. 99 Perzentil bedeutet, dass 99 Prozent aller Messwerte schneller als der angegebene Messwert sind. Kurz: Mit der RX 7900 XTX hatte ich in den Tests weniger Ruckler als mit der RTX 4080.
Bei den drei Raytracing-Games hat die RX 7900 XTX keine Chance. Sie liegt zwischen elf Prozent in 2160p- und 18 Prozent in 1080p-Auflösung hinten. In «Shadow of the Tomb Raider» und «Far Cry 6» sind die Unterschiede über alle Auflösungen hinweg nicht so enorm wie in «Cyberpunk 2077». Das liegt daran, dass in den beiden ersten Games nur Schatten respektive Schatten und Reflexionen ray-traced sind. In Cyberpunk hingegen sind es zusätzlich Umgebungsverdeckung und Beleuchtung. Das belastet die Grafikkarte stärker.
In den synthetischen Game-Benchmarks von 3DMark werden spielähnliche Szenarien gerendert. Daraus berechnen sie einen Score, der die theoretische Leistung in Games angibt. Ich gebe dir ausschliesslich die Werte der Grafikkarte an. Dies, weil ich bei der Overall-Wertung immer wieder grosse Unterschiede in den Tests habe. In der Grafik siehst du das arithmetische Mittel der vier Benchmarks.
Ausser im Fire Strike Benchmark liegt die RX 7900 XTX immer vor der RTX 4080. Die Unterschiede sind jedoch gering und betragen über die vier Benchmarks hinweg lediglich 1,5 Prozent.
Die Produktivitäts-Benchmarks testen die Leistung der Grafikkarten und des gesamten Systems in verschiedenen Situationen. Der Blender Benchmark rendert in der Version 3.4 drei Szenen in der 3D-Grafiksuite und errechnet daraus drei Scores. Ich rechne diese jeweils zu einem Endscore zusammen. Beim Photo Editing Benchmark und Video Editing Benchmark UL Procyon werden verschiedene Workloads in der Adobe Creative Suite simuliert. Am Schluss berechnet der Benchmark einen Score. Der Übersichtlichkeit halber habe ich den Durchschnittswert aller Scores in einer Grafik zusammengefasst.
In Sachen Produktivität hat die neue AMD-Karte keine Chance gegen die Konkurrenz von Nvidia. Nicht einmal gegen das ehemalige Flaggschiff RTX 3090 kann sie bestehen. Der Unterschied zur RTX 4080 beträgt 35 Prozent. Besonders gross ist er im Blender-Benchmark. Dass die Karte in den Adobe-Benchmarks nicht gut abschneidet, ist nicht überraschend. Adobe ist sehr langsam, wenn es um die Anpassung der Software an neue Hardware geht. Würde ich den Benchmark in ein, zwei Monaten nochmal laufen lassen, würde sich hier ein besseres Ergebnis zeigen. Das gilt aber auch für die beiden neuen Nvidia-Grafikkarten.
Die maximale thermische Design-Leistung (TDP) von 355 Watt erreicht die RX 7900 XTX nur selten, aber sie ist nahe dran. Durchschnittlich liegt die Leistungsaufnahme bei 347 Watt in 2160p-Auflösung über die ganze Benchmark-Suite hinweg. Damit benötigt die AMD-Karte etwa gleich viel Leistung wie die RTX 4090 mit 340 Watt. Im Vergleich zur RTX 4080 ist die AMD-Karte deutlich hungriger: Die Konkurrentin benötigt gerade mal 270 Watt. Genauer: Fürs selbe Resultat benötigt die 7900 XTX 28,5 Prozent mehr Leistung als die 4080. Ein 750-Watt-Netzteil sollte dennoch gut ausreichen.
Die Temperaturen erreichen in Games maximal 66 Grad Celsius. Durchschnittlich habe ich über alle Games hinweg 64 Grad Celsius auf dem offenen Testbench gemessen.
Gleich viel Leistung wie in den Spielen verlangt die Karte im Time Spy Extreme Benchmark. Sie wird mit maximal 70 Grad Celsius auch wärmer. Bei voller Auslastung mit FurMark während 20 Minuten beträgt die Maximaltemperatur 73 Grad Celsius. Dabei sind die Lüfter mit maximal 45,5 dB aus 30 Zentimetern Entfernung deutlich hörbar.
Apropos Lautstärke: Im Leerlaufbetrieb ist mit 35 dB fast nichts von der Karte zu hören, obwohl die Lüfter mit 500 Umdrehungen pro Minute arbeiten. So zieht die 7900 XTX 17 Watt und bleibt mit 38 Grad Celsius kühl. Das ist aber deutlich mehr als die RTX 4080. Die benötigt nur 5 Watt und wird 28 Grad Celsius warm. Bin ich am Browsen oder Netflixen, zieht die AMD-Karte bis zu 55 Watt Leistung, wird aber nicht über 43 Grad Celsius heiss. Auch das sind höhere Werte als mit der RTX 4080 bei 32 Watt Leitung und einer Temperatur von 40 Grad Celsius.
Zuletzt habe ich die Leistungsaufnahme während des Blender-Benchmarks gemessen. Hier zieht die RX 7900 XTX genau wie bei den Games durchschnittlich 347 Watt und wird maximal 66 Grad Celsius heiss. Das ist ein grosser Unterschied zur RTX 4080, die durchschnittlich nur 205 Watt benötigt und maximal 54 Grad Celsius heiss wird.
Als AMD vor etwas mehr als zwei Jahren die Radeon-6000-Serie vorgestellt hat, war sie der Kracher. Zum ersten Mal seit Jahren waren die Karten mit jenen von Nvidia vergleichbar. Vor allem in Sachen Effizienz übertrafen sie die Konkurrenz. Entsprechend hohe Erwartungen hatte ich an die Radeon-7000-Serie. Die wurden leider enttäuscht.
AMD kann zwar in klassischen Rasterizer-Spielen immer noch mit Nvidia mithalten, aber bei der Effizienz hat sich der Wind gedreht: Die RTX 4080 erreicht in UHD-Auflösung in meinen Benchmark-Spielen rund 0,4 FPS pro Watt. Die RX 7900 XTX gerade mal 0,32. Noch deutlicher ist das Ergebnis beim Blender-Benchmark: Pro Watt liefert die Nvidia-Karte 45,5 Punkte, die von AMD hingegen mickrige 10,5. Bei den Produktivitäts-Benchmarks wird sie bei den Scores gnadenlos in den Boden gestampft. Dasselbe passiert in Raytracing-Games, wo die RTX 4080 bis zu 18 Prozent mehr FPS liefert.
AMD muss deshalb über den Preis, um konkurrenzfähig zu sein. 1179 Franken oder Euro kostet die Karte zur Markteinführung. Dabei handelt es sich um das Referenzmodell. Das heisst: Hersteller wie in diesem Fall Sapphire übernehmen das Design von AMD und verkaufen es unter eigenem Namen. Von Nvidias RTX 4080 habe ich die Asus TUF Gaming GeForce RTX 4080 OC Edition getestet. Sie kostete zum Release 480 Franken mehr als die getestete AMD Karte. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Custom-Modell. Das sind eigene Designs der Hersteller, die in der Regel teurer sind. Der Preisvergleich ist also nicht ganz fair. Für ein Custom-Modell der 7900 XTX musst du etwa 200 Franken mehr hinblättern als für das Referenzmodell. Sprich: Die Preisdifferenz zur RTX 4080 beträgt noch etwa 280 Franken. Bist du lediglich aufs Zocken von klassischen Rasterizer-Games aus, scheint der Preis fair. Ich setze dem zwei Aber gegenüber:
Die RX 7900 XTX kann ich dir nur empfehlen, wenn dein Portemonnaie locker sitzt und du ausschliesschlich Rasterizer-Games zockst. Dann liefert sie mehr Frames pro Franken als die RTX 4080 – jedoch auf Kosten der FPS pro Watt. In allen anderen Situationen ist AMDs neues Flaggschiff ein schlechter Deal.
Titelbild: Kevin HoferTechnologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.