Die ultimative Game-Boy-Konsole: GBA Consolizer Mod im Test
Wer die Game-Boy-Konsole «GBA Consolizer» möchte, benötigt dasselbe Glück und Budget wie beim Kauf einer Playstation 5 oder Xbox Series X. Dafür spielt sie Game Boy, Game Boy Color und Game Boy Advance Games in nie dagewesener HD-Qualität.
Vor zweieinhalb Jahren hat der Modder Woozle, mit bürgerlichem Namen Stephen Williams, die erste Version seines Game Boy Advance Mods «GBA Consolizer» vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine FPGA-basierte Upscaling-Lösung. Sie macht aus einem Game Boy Advance eine Mini-Konsole mit HDMI-Ausgabe und Super Nintendo Controller Port – damit daddelst du sämtliche Game-Boy-Module in HD-Qualität auf dem TV.
Folgende Features bietet der GBA Consolizer im Überblick:
- 720p Digital Video Output über Mini-HDMI-Ausgang
- 60 Hz Vsync (ruckelfrei und ohne Screen Tearing), 59,7-Hz-Modus für authentische Speedrunnings
- Spielt Video in 4:4:4 RGB direkt ab GBA
- 4-fache und 4,5-fache Skalierung für GBA Games
- 5-fache Skalierung für GB und GBC Games
- Audioausgabe über Klinkenanschluss oder direkt per DVI+ bei 48 KHz
- Unterstützt Super Nintendo Controller, kabellos spielbar mit einem 8Bitdo Retro Receiver
- Input Lag frei
- Stromversorgung über Micro-USB (5V/1A)
- OSD-Menü mit vielen Einstellungen
Angesichts des existierenden Super Game Boy und des Game Boy Player für die GameCube mag eine Game-Boy-Konsole für den TV nichts Neues sein, doch kann der Woozle-Mod erheblich mehr und vor allem in besserer Qualität. Der GBA Consolizer zoomt das 240 x 160 Pixel grosse Originalbild mittels Nearest Neighbor Integer Scaling auf die 4- oder 5-fache Grösse beziehungsweise mit Bilinear Scaling auf die 4,5-fache. Die Ausgabe zum TV erfolgt dann mit 1280 × 720 Pixel. Weiter ist ein OSD mit unzähligen Einstellungsmöglichkeiten dabei, die das Bild etwa mit Kantenglättung aufbereiten, farblich beeinflussen oder Gridlines hinzufügen.
Mod-Komponenten und Kosten
Nach über zwei Jahren des Wartens, Hoffens und Bangens habe ich endlich eine fertig modifizierte Game-Boy-Konsole zum moderaten Preis von 500 Schweizer Franken inklusive Versandkosten auf ebay ersteigert. Moderat, da die Konsolen auf Wiederverkaufsplattformen auch zeitweise für 1000 Franken und mehr verkauft werden. Schade daran ist lediglich, dass ich ursprünglich keine fertige Konsole, sondern nur den Mod kaufen und selber installieren wollte. Doch habe ich es bis heute trotz Newsletter-Registration verpasst, einen auf game-tech.us zu ergattern.
Nun bin ich seit Kurzem stolzer Besitzer und schlussendlich glücklich darüber, nicht schon früher eine besorgt zu haben. Dieser Mod hat seit seiner Geburt einiges an Entwicklung durchgemacht und scheint mir erst seit rund einem Jahr perfekt zu sein. Die erste Version des Mods war ein Aufsatz, der das Display des Game Boy ersetzte und ihn mit einem Mini-HDMI-Ausgang, einem Micro-USB-Anschluss für Strom und einem Super Nintendo Controller Port ergänzte.
Die heutige Version verzichtet auf das Original-Game-Boy-Gehäuse und kommt mit einem neuen aus dem 3D-Drucker. Das gibt es in verschiedenen Farben und mit regelmässigem Design Upgrade. Beim Vorgänger meiner Version war der Power-Knopf noch ein Power-Kippschalter.
Bei meinem blauen GBA Consolizer kann dank Plexiglas-Oberseite das Board des Game Boy Advances bestaunt werden. Eine andere, neue Gehäuse-Version ist an das Game Boy Advance Design angelehnt.
Wer das Glück hat, einen Game Boy Advance zu besitzen und auch noch ein GBA Consolizer Kit inklusive Gehäuse erlangt, darf ab 160 US-Dollar plus Versandkosten ein Wochenende lang löten und basteln. Der Mod beinhaltet ein GBA Consolizer Gehäuse und Gummifüsse, ein FPGA Mainboard, Power PCB, Power Switch, Custom Flex Panel inklusive 40-auf-32-Pin-Adapter, 40 Pin FFC und einen Super Nintendo Controller Port.
Was nicht dabei ist, aber mitbestellt werden kann, sind neue Elektrolytkondensatoren. Die originalen Elkos des Game Boy Boards müssen alle durch qualitativ bessere ersetzt werden. Ebenfalls nicht dabei sind eine Power LED plus Widerstand, für welche das Power PCB einen Platz bietet. Zu guter Letzt benötigt die Modderei weitere kleine Kabel, einen Lötkolben und Löt-Zubehör.
Falls du wissen möchtest, wie der Mod angewandt wird, kann ich folgendes Video empfehlen.
Das bietet der GBA Consolizer Mod
Mit dem Mod wird nicht nur das Bild auf die 4-, 4,5- oder 5-fache Grösse gezoomt und verbessert in 720p ausgegeben. In einem OSD können viele Detaileinstellungen zur Videoausgabe und dem System vorgenommen werden.
Was leider nicht geht, ist ein Update der Firmware ohne Zusatztool einzuspielen. Das geht nur mit In-System-Programmierung. Immerhin dürfte das kaum notwendig sein, da die Firmware von 2020 stabil läuft und massig Features bietet. Überhaupt ist fraglich, ob es jemals noch eine weitere Firmware geben wird. Sollte dennoch eines Tages das Bedürfnis für ein Firmware Update oder auch Downgrade da sein, braucht es dazu jedenfalls einen SPI oder JTAG Flash Programmer. Hier zeigt ein Youtuber, wie das Update gemacht wird.
Das On-Screen-Display-Menü kann jederzeit mit den Tasten Select und Down aufgerufen werden. Das Menü bietet Einstellungen zu Bild und System. Die System-Optionen erlauben es, DVI+ für die HDMI-Durchschleifung des Tones zu aktivieren, von 59,7 auf 60 Hz umzustellen, die Knöpfe A und B zu vertauschen und die Einstellungen zu speichern, laden oder zurückzusetzen.
Die 59,7 Hz entsprechen übrigens dem Originalwert des Game Boy Advance. Einen Unterschied zu 60 Hz kann ich nicht feststellen. Auch Qualitativ nicht. Doch richtet sich die Einstellung auch eher an Speedrunner, was ich keinesfalls bin. Gut Ding will Weile haben.
Fine-Tuning-Bild-Einstellungen
Spannender als die System-Optionen sind die Einstellungen zum Bild. Darin ist als erstes der Menüpunkt «Smooth» zu finden, der nur Auswirkung auf GBA-Spiele hat. Bei Smooth kann eine Option «2x» oder «2x+Blend» aktiviert werden. Damit wird eine Skalierung mit Kantenglättung (2x Nearest Neighbor) plus bedarfsweiser zusätzlicher Interpolation aktiviert. Das wirkt sich folgendermassen aufs Bild aus:
Ich habe lange zwischen den drei Modi hin und her gewechselt und war mir nicht schlüssig, ob ich lieber ein authentisches oder ein nachbearbeitetes Bild mit weniger Treppeneffekten bevorzuge. Mittlerweile habe ich mich für das hübschere, nachbearbeitete Bild entschieden. Allerdings nehme ich in den meisten Games den 2x Smooth, da der etwas kontrastreicher wirkt als der 2x+Blend.
Unter dem zweiten Menüpunkt kann die bereits beschriebene Zoom-Stufe gewählt werden. Unten sind Beispiele eines GBA Games zu sehen. Der 5-fache Zoom ist für GB und GBC Games gedacht, deren Videoausgabe damit in der Höhe aufs volle Bild aufgezogen wird.
Im Untermenü «Color Adjustment» kann die Farbgebung des Bildes angepasst werden. Dabei wird ein Zielsystem gewählt, dessen Farbgebung dann übernommen wird. Bei der auf meiner Konsole laufenden Firmware mit Version 1.1.0b kann die Option deaktiviert oder für Game Boy Advance, Game Boy Color, Nintendo DS und VisualBoyAdvance aktiviert werden.
Unter einem vierten Punkt kann das Gamma 10-stufig angepasst werden. Ein fünfter namens «Palette» bietet ein interessantes Feature, das von Nintendos Super Game Boy abgekupfert ist. Damit kannst du die Darstellung der ersten, monochromen Game-Boy-Spiele anpassen. Wähle einfach aus 40 vordefinierten Paletten und geniesse deine Games ganz in Grün oder Pink.
Der letzte Menüpunkt ist für alle, welche auf Scanlines oder Gridlines stehen. Damit kann das Pixelraster eines Game Boy LCD imitiert werden. Die Intensität der horizontalen Linien und des Gitters kann dreistufig gewählt werden.
Das Bild in Originalgrösse gibt es hier.
Da Scanlines nicht in die Welt des Game Boy passen, können die mich nicht beeindrucken. Doch die Gridlines in geringster Intensität haben es mir angetan. Ich aktiviere und deaktiviere nach Lust und Laune.
Game Boy mit UHD TV und Theater Sound System – leider geil?
Klingt alles wunderbar, was mir hier geboten wird. Doch kann das Teil wirklich sämtliche Versprechen einlösen?
Um die Konsole an den Start zu bringen, nutze ich folgende zusätzliche Hardware:
Erst schliesse ich den GBA Consolizer im Wohnzimmer an meinen vierjährigen und 55 Zoll grossen, gebogenen UHD Samsung TV. Der bietet auch einen weissen USB-Ausgang, welchen ich als Stromquelle nutze und daher erstmal das Netzteil bei Seite lasse. Gebannt betätige ich den Power-Knopf und bestaune die dynamische LED, welche langsam die Farbe wechselt. Doch der Blick zum TV enttäuscht mich, da er kein Bild anzeigt. Desillusioniert drehe ich den Lautstärkeregler meines Yamaha AV Receiver hoch und kratze mich ob meinem lautlos bleibenden 1990er Bose Acoustimass Theater Speaker System am Kopf.
Wenige Minuten später bin ich mit der Konsole im Schlafzimmer zugange. Da steht ein 55 Zoll grosser Philips Momentum, der streng genommen kein TV, sondern ein riesiger Bildschirm ist. Ich betätige erneut den Powerbutton und freue mich darüber, als ein gestochen scharfes, aber dennoch gewohnt verpixeltes Game Boy Logo auf dem matten UHD HDR Panel erscheint. Nach Aktivierung von DVI+ in den Einstellungen funktioniert ausserdem auch die Tonausgabe auf eine Samsung Soundbar und deren Subwoofer.
Dass mein Wohnzimmer-TV das DVI-Signal nicht entgegennehmen kann, ist jammerschade. Und es lässt mir keine Ruhe. Ich möchte nicht von einem einzelnen Gerät abhängig sein.
Fortuna ist mir hold, weshalb sich das Problem kurze Zeit später beinahe von selbst löst, als ich die Basisstation meines etwas in die Jahre gekommenen Sony-9.1-Wireless-Surround-Kopfhörers zwischen den TV und die Konsole hänge. Der Soundprozessor beherrscht DVI und DVI+ – das Signal wird nach der Durchschleifung vom Samsung TV erkannt und ausgegeben.
Endlich: Grösser, besser und einfach nur Wow!
Ich verstehe zwar noch nicht ganz wieso, doch funktioniert endlich alles. Und damit meine ich wirklich alles. Jede einzelne Option des OSD wirkt sich wie gewünscht auf die Videoausgabe aus und obendrein wird auch der Sound direkt über HDMI mit einer Samplingrate von 48 KHz ausgegeben.
Was für ein riesiges, scharfes Game Boy Game!
Und was für ein satter 8-Bit-Sound!
Begeistert entfährt mir spontaner Jubel. Es ist wie damals 1989, als ich zum ersten Mal im Kino sass. Oder wie damals, einige Jahre später, als ich erstmals meinen eigenen Game Boy mit eingelegtem Super Mario Land 2 gestartet habe. Es ist Game Boy Gaming in einer neuen Dimension. Wortwörtlich.
Und dieser Mario hüpft erneut zielgenau, ruckelfrei und absolut flüssig. Nur dass er etwa 21-mal grösser ist.
So gut. Pixelbrei vom Feinsten.
Darauf gönne ich mir mit dem grössten Game Boy Display ever einige weitere GBA-Module, welche sich dank höherer Auflösung und farbigem Bild besser auf 55 Zoll machen. Insbesondere Games wie Yoshi’s Island oder Mario Kart versprühen darauf ein Super Nintendo Feeling. Am meisten freue ich mich jedoch nun auf «The Legend of Zelda: The Minish Cap», «Golden Sun» und «Advance Wars».
Wie gut das Bild gegenüber der bisher besten, offiziellen Lösung für Game-Boy-Spass auf dem TV ist, zeigt folgender Vergleich mit dem Game Boy Player der Nintendo GameCube, die mit 720 x 480 Pixel auflöst:
Hier und da gibt's die Bilder auch im Original. Ausserdem finden sich auf der Herstellerseite mehr Vergleichsbilder.
Nun gut, das war es soweit. Abschliessend möchte ich festhalten, dass meine Begeisterung für die kleine Konsole echt keine Grenzen kennt. Ich kann sie trotz den hohen Anschaffungskosten empfehlen. Den Kauf bereue ich keine Sekunde und zocke damit momentan ähnlich oft, wie mit meiner PS5, die auch erst wenige Wochen dasteht.
Falls du dir nun ebenfalls einen GBA Consolizer Mod oder eine fertig modifizierte Game-Boy-Konsole besorgen möchtest, solltest du im Hinterkopf behalten, dass nicht jeder TV ihr DVI-Signal verarbeiten kann. Ausserdem benötigst du wegen der beschränkten Verfügbarkeit viel Geduld, Glück, Geld oder alles zusammen.
Danke Woozle!
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.