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Hintergrund

Mikrotransaktionen in Games: Die neuen EU-Richtlinien erklärt

Mikrotransaktionen kommen in Games immer häufiger vor. Das von der EU-Kommission geleitete «Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz» hat nun neue Richtlinien vorgestellt, um die teils fragwürdigen Praktiken zu regulieren. Das steckt dahinter.

Das «Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz» (CPC), welches von der EU-Kommission koordiniert wird, hat eine Reihe an Richtlinien beschlossen, mit denen Mikrotransaktionen in Games in jeglicher Form reguliert werden sollen. So sollen die Verbraucherschutzvorschriften, die anderswo on- und offline bereits Anwendung finden, in Games besser umgesetzt und kontrolliert werden können.

Michael McGrath ist EU-Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit und ist für den Digital Fairness Act zuständig.
Michael McGrath ist EU-Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit und ist für den Digital Fairness Act zuständig.
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Was sind Mikrotransaktionen?

Als Mikrotransaktion werden digitale Käufe innerhalb von Games oder Apps bezeichnet, bei denen du echtes Geld für virtuelle Inhalte oder Dienstleistungen ausgibst. Diese waren zunächst vor allem in sogenannten Free-to-Play-Games beliebt. Damit verdiente eine Firma mit einem Game Geld, ohne für das Spiel selbst Geld zu verlangen. Mittlerweile finden sich auch in Vollpreis-Games solche Mikrotransaktionen – bekanntes Beispiel ist der Ultimate-Team-Modus in der Fussball-Simulation «EA Sports FC» oder bei «Call of Duty: Warzone». Dabei gibt es verschiedene Kategorien von Mikrotransaktionen.

Kosmetische Items

Kosmetische Items helfen, die Spielwelt, die Oberfläche oder Charaktere in Games hübscher zu machen. Also etwa Skins wie es sie zum Beispiel in «Fortnite» gibt, aber auch Outfits, Emotes oder Sticker in anderen Spielen.

Virtuelle Währung

Du kaufst mit echtem Geld In-Game-Währung, um dir damit wiederum zusätzliche Inhalte für ein Spiel kaufen zu können – etwa V-Bucks in «Fortnite» oder In-Game-Dollars in «GTA Online».

Du kannst In-Game-Währung mit echtem Geld kaufen. Im Game selbst oder Pre-Paid.
Du kannst In-Game-Währung mit echtem Geld kaufen. Im Game selbst oder Pre-Paid.
Quelle: Shutterstock

Pay-to-Win-Elemente

Durch Pay-to-Win-Elemente erkaufst du dir Vorteile in einem Game, die du dir sonst erspielen müsstest. Dazu gehören beispielsweise die legendären Edelsteine in «Diablo Immortal», die dir ein schnelleres Level-up oder bessere Ausrüstung bringen.

Battle Pass & seasonal Content

Neben exklusiven Inhalten, die du mit dem Kauf eines Battle Passes erhältst, bekommst du durch häufiges Spielen schnellere Level-ups und Belohnungen. Das gibt es unter anderem in «Call of Duty: Warzone».

Comfort-Features

Gegen Geld werden Wartezeiten in Games gekürzt oder gestrichen. Etwa bei Aufbaustrategiegames wie «Clash of Clans», wo du beim Gebäudebau warten musst. Bezahlst du, um direkt weiterzuspielen, erhöht sich das Fortschrittstempo.

Lootboxen

Mit Lootboxen erhältst du Belohnungen aller Art, die teilweise nicht erspielbar sind. Die gibt es beispielsweise bei «Overwatch». Bei «EA Sports FC» heissen sie FUT-Packs. Dort ist manchmal auch unklar, was du erhältst, was einem Glücksspielelement gleichkommt und dementsprechend Suchtpotenzial hat.

Ultimate Team in «EA Sports FC» – früher «FIFA» – ist unglaublich beliebt, hat aber einen Suchtfaktor wie bei Glücksspielen.
Ultimate Team in «EA Sports FC» – früher «FIFA» – ist unglaublich beliebt, hat aber einen Suchtfaktor wie bei Glücksspielen.
Quelle: Luca Fontana

Wieso wurden diese Massnahmen beschlossen?

Hinsichtlich Mikrotransaktionen – und vor allem deren Entwicklung in den letzten Jahren – bestehen in juristischer Hinsicht Probleme: Die EU-Verbraucherschutzgesetze fordern Transparenz und Fairness im digitalen Handel. Viele Mikrotransaktionsmodelle, insbesondere Lootboxen, verstossen jedoch gegen diese Prinzipien. Studien zeigen, dass Lootboxen ähnliche Mechanismen wie Glücksspiel aufweisen und insbesondere minderjährige Spieler und Spielerinnen gefährden. Einige EU-Länder (z.B. Belgien) haben Lootboxen bereits verboten.

Zudem müssen digitale Käufe klare Preisinfos enthalten, welche durch In-Game-Währungen verschleiert werden. Zudem gibt es in EU-Ländern ein Widerrufsrecht, was bei In-Game-Items nicht immer möglich ist. Die Richtlinie zu «unlauteren Geschäftspraktiken» verbietet die sogenannte Dark Patterns, die Spieler zum Kauf drängen.

Dark Patterns – etwa Fake-Countdowns – sollen untersagt werden.
Dark Patterns – etwa Fake-Countdowns – sollen untersagt werden.
Quelle: deceptive.design

Ein aktueller Fall dafür sind die Massnahmen gegen das schwedische Unternehmen Star Stable Entertainment AB, welches das Spiel «Star Stable Online» entwickelt hat. Hier werden online Pferderennen absolviert. Du kannst bei Bedarf über Mikrotransaktionen Inhalte kaufen, die entweder Elemente im Spiel hübscher machen oder dir im Rennen Vorteile bringen.

Das CPC hat in einer Untersuchung festgestellt, dass in dem Spiel Geschäftspraktiken verfolgt werden, die «für Kinder besonders schädlich» sein können und gegen Verbraucherschutzvorschriften verstossen. Konkret bemängelt das CPC, dass

  1. Kinder nachdrücklich zum Kauf von Spielwährungen oder Gegenständen aufgefordert werden
  2. Dark Patterns angewendet werden (zeitlich angeblich befristete Rabatte), um Kinder zu schnellen und unüberlegten Käufen zu animieren
  3. Nicht transparent und kindgerecht genug darüber informiert wird, welche Kosten entstehen und Anwendungsmöglichkeiten der Items existieren
  4. Influencer, welche für die Produkte werben, diese Inhalte nicht immer als Werbung deklarieren
Star Stable muss nun handeln, wenn sie keine Strafe riskieren wollen.
Star Stable muss nun handeln, wenn sie keine Strafe riskieren wollen.
Quelle: Star Stable

Die schwedische Firma muss nun innerhalb eines Monats eine schriftliche Stellungnahme einreichen. In dieser muss sie auf alle bemängelten Punkte eingehen und darlegen, wie sie diese in nützlicher Frist beheben will. Ansonsten drohen Bussen oder anderweitige Konsequenzen. In diesem Aufwasch hat das CPC-Netzwerk zusammen mit der EU Richtlinien festgelegt, die Transparenz und Fairness bei Mikrotransaktionen in Games sicherstellen sollen.

Wie sehen diese Richtlinien konkret aus?

Auf Basis der EU-Verbraucherschutzvorschriften hat das CPC-Netzwerk folgende Leitlinien zur besseren Umsetzbarkeit und Kontrolle in Games erlassen:

1. Die Preisangaben sollten klar und transparent sein

2. Praktiken, die Kosten für digitale Inhalte und Dienste im Spiel verschleiern, sollten vermieden werden

3. Praktiken, die Verbraucher zum Kauf unerwünschter virtueller Währung im Spiel zwingen, sollten vermieden werden

4. Den Verbrauchern und Verbraucherinnen sollten vor dem Kauf klare und verständliche Informationen zur Verfügung gestellt werden

5. Das Widerrufsrecht der Verbraucher und Verbraucherinnen sollte respektiert werden

6. Die Vertragsbedingungen sollten fair und in einer einfachen und klaren Sprache verfasst sein

7. Spieldesign und Gameplay sollten die unterschiedlichen Schwächen der Verbraucher und Verbraucherinnen respektieren

Was dies in der Praxis für dich bedeutet und was Gameentwickler konkret in ihre Spiele einbauen müssen, erfährst du hier.

Wie geht es weiter?

Diese Richtlinien sollen später Teil des «Digital Fairness Acts» (DFA) werden. Dabei handelt es sich um ein geplantes Gesetz der Europäischen Kommission, das den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern im digitalen Raum verbessern soll. Diese Idee entstand nach einer Untersuchung der aktuellen Verbraucherschutzgesetze der EU im Oktober 2024. Diese zeigte, dass die aktuellen Regelungen nicht ausreichen, um Nutzerinnen und Nutzer vor unfairen Online-Praktiken zu schützen.

Der DFA soll rechtliche Lücken schliessen und unseriöse Methoden wie manipulative Benutzeroberflächen sowie irreführendes Influencer-Marketing unterbinden. Er soll dafür sorgen, dass Personen neutral informiert werden und so Entscheidungen treffen können, ohne dass sie durch täuschende Praktiken beeinflusst werden.

Derzeit befindet sich das Gesetz in der Vorbereitungsphase. Im Frühjahr 2025 plant die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation, die zwölf Wochen dauern soll. Dabei werden Bürgerinnen und Bürger der EU und Interessenvertreter verschiedener Branchen angehört, um den Gesetzesentwurf weiterzuentwickeln. Offiziell kommt die Vorlage frühestens im Jahr 2026. Der DFA ergänzt bereits bestehende EU-Regulierungen wie den «Digital Services Act» und den «Digital Markets Act»..

Titelbild: Shutterstock

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