Kritik

«Valhalla» im Test: Die kostenlose «God of War»-Erweiterung ist der absolute Wahnsinn

Die neue Erweiterung für «God of War: Ragnarök» entführt den Gott des Krieges auf eine Therapiestunde nach Valhalla. Und die hat es in sich.

Überraschung! Aus dem Nichts kündigte Sony an den Game Awards eine Story-Erweiterung für «God of War: Ragnarök» an. Das Beste daran? Der DLC ist kostenlos! Entwicklerstudio Sony Santa Monica bezeichnet den zusätzlichen Inhalt als «Dankeschön an alle ‹God of War›-Fans».

Wenn du «Ragnarök» für die PS4 oder die PS5 gekauft hast, kannst du dir «Valhalla» gratis im Playstation Store herunterladen. Das solltest du unbedingt tun. Denn die Erweiterung gehört zum Besten, was ich dieses Jahr gespielt habe. Es ist ein Traum für alle langjährigen «God of War»-Fans und ein gelungener Abschluss für Kratos' nordisches Abenteuer.

Um was geht es in «Valhalla»?

Die Erweiterung setzt nach dem Ende von «Ragnarök» an. Du kannst «Valhalla» auch herunterladen und spielen, wenn du das Hauptspiel noch nicht beendet hast. Davon rate ich dir aber ab, weil du sonst massiv gespoilert wirst. Falls du Kratos' Geschichte in «Ragnarök» noch nicht zu Ende erlebt hast, solltest du aufhören, diesen Artikel zu lesen.

Eine kurze Zusammenfassung, falls dir das Ende von «Ragnarök» entfallen ist: Odin und seine Schurken wurden besiegt. Atreus hat sich von seinem Vater verabschiedet und ist mit Angrboda in der nordischen Mythenwelt auf der Suche nach überlebenden Riesen. Kratos will währenddessen zusammen mit Freya und Mimir den Frieden in Asgard wiederherstellen. Das Ende von «Ragnarök» suggeriert, dass Kratos voller Hoffnung für die Zukunft ist. Unter anderem, weil er ein Wandgemälde gefunden hat, das ihn nicht als Gott des Krieges, sondern als Gott des Friedens darstellt. Darauf wird er von den Menschen in Asgard geliebt.

Kratos, der Gott des Friedens. Oder doch nicht?
Kratos, der Gott des Friedens. Oder doch nicht?
Quelle: Youtube / Shirrako / Sony Santa Monica

In «Valhalla» erfahre ich, dass Kratos sich in dieser neuen Rolle nicht ganz wohl fühlt. Er traut sich eine solche Machtposition nicht zu. Schliesslich hat er seine göttliche Kraft in Griechenland vor vielen Jahren missbraucht und damit unzählige Menschen und Götter ins Elend gestürzt. Er geht Freya aus dem Weg und versucht, das Götter-Thema zu ignorieren.

Eines Tages wird Kratos per Brief von einem anonymen Absender eingeladen, Valhalla zu besuchen. Dort wartet eine Herausforderung auf ihn. In dieser muss er sich seiner Vergangenheit stellen. Mehr Informationen bekommt Kratos nicht. Egal, das hört sich nach der perfekten, lebensgefährlichen Ausrede an, um Freya weiterhin aus dem Weg zu gehen. Und so beginnt Kratos' Therapiestunde in Valhalla, in der er sich den Dämonen seiner Vergangenheit stellen muss.

Kratos macht sich in seinem Boot auf den Weg in Richtung Valhalla.
Kratos macht sich in seinem Boot auf den Weg in Richtung Valhalla.
Quelle: Domagoj Belancic

Wie spielt sich die Erweiterung?

«Valhalla» ist ein Rogue-Lite-Spiel. Das heisst: Der Gameplay-Loop besteht aus Kämpfen, Upgraden, Sterben und Wiederholen. Das Ziel ist es, ans Ende der Valhalla-Herausforderung zu gelangen, koste es, was es wolle. Auf dem Weg dorthin muss ich in zufälligen Arenen unzählige Monster auf brutalste Art und Weise niederstrecken. Die Arenen sind an Locations aus dem Hauptspiel angelehnt. Es sind Manifestationen von Kratos' Erinnerungen an seine Abenteuer in «Ragnarök». Es fühlt sich gut an, nach über einem Jahr wieder in die verschiedenen nordischen Welten einzutauchen. Fast so, als würde ich nach langer Zeit wieder nach Hause kommen.

Die Monster, die sich mir in den Weg stellen, kenne ich ebenfalls aus dem Hauptspiel. Von einfachen «Hel-Raidern» bis hin zu riesigen Brocken wie Ogern, ist alles dabei. Einige Bosse lassen sich ebenfalls blicken. Spannend ist, dass ich gegen Gegnerkombinationen kämpfen muss, die ich so im Hauptspiel nie angetroffen habe.

Die Kämpfe in «Valhalla» sind so blutig wie eh und je.
Die Kämpfe in «Valhalla» sind so blutig wie eh und je.
Quelle: Domagoj Belancic

In den ersten Kämpfen bin ich völlig überfordert. Alle Skills, die ich im Hauptspiel freigeschaltet habe, sind sofort in «Valhalla» zugänglich. Das ist cool, aber ich kann mich nicht an alle Waffen und Moves erinnern. Und dann noch die zahlreichen Tastenkombinationen. So kommt es, wie es kommen muss. Ich sterbe und sterbe und ... dann macht es plötzlich Klick.

Mein Muskelgedächtnis wird reaktiviert und ich kämpfe mich plötzlich wie ein Halbgott durch riesige Gegnerhorden. Oh mein Gott, fühlt sich das gut an! Ich wusste gar nicht, wie sehr ich Kratos vermisst habe. Schade ist, dass ich nicht mit meinen Verbündeten aus «Ragnarök» in die Schlacht ziehen kann. Weil sowohl Atreus als auch Freya nicht mitkämpfen können, muss sich der bärtige Muskelprotz alleine durch Valhalla schnetzeln.

Valhallas Arenen sind an Orte aus Asgard angelehnt.
Valhallas Arenen sind an Orte aus Asgard angelehnt.
Quelle: Domagoj Belancic

Sterbe ich während eines Runs, lande ich wieder vor den Pforten Valhallas. Dort kann ich permanente Upgrades kaufen, die mir das Leben in den Arenen einfacher machen. Ich kann Kratos' Stats verbessern oder die Umgebungen in den Arenen permanent zu meinem Vorteil verändern. Die Punkte für diese Upgrades sammle ich während der Runs. Je weiter ich komme, je mehr Monster ich töte und je mehr Töpfe ich zerschlage, desto mehr Punkte für permanente Upgrades bekomme ich. Mit jedem Upgrade werden die Runs ein kleines Stück einfacher.

Während der Runs gibt es auch zahlreiche temporäre Upgrades, die sich Kratos kaufen oder in Schatztruhen als Belohnung finden kann. Sterbe ich, werden alle temporären Belohnungen zurückgesetzt. Zu finden gibt es zahlreiche Perks, die das Gameplay mit kleinen, cleveren Twists signifikant verändern. Auch die mächtigen Runen-Spezialangriffe muss ich mir in jedem Run neu erarbeiten. Zudem kann ich diverse Waffen- und Ausrüstungsstatistiken von Kratos verbessern.

Die Qual der Wahl – für welche Belohnung entscheide ich mich?
Die Qual der Wahl – für welche Belohnung entscheide ich mich?
Quelle: Domagoj Belancic

Das Spiel motiviert mich mit Bonuspunkten und im Hintergrund laufenden Challenges immer wieder, neue Builds auszuprobieren. Jeder Run fühlt sich dank der grossen Bandbreite an möglichen Kombinationen komplett anders an. Auf welche Upgrades ich mich jeweils konzentrieren möchte, kann ich zu einem grossen Teil selber steuern. Das Spiel verrät mir, in welchen Arenen welche Belohnungen auf mich warten und lässt mir die Wahl, für welchen Pfad durch Valhalla ich mich entscheide.

Volles Risiko: Für manche Perks musst du in einem Run zunächst Bestrafungen annehmen, die dir das Leben für eine gewisse Anzahl an Kämpfen schwerer machen.
Volles Risiko: Für manche Perks musst du in einem Run zunächst Bestrafungen annehmen, die dir das Leben für eine gewisse Anzahl an Kämpfen schwerer machen.
Quelle: Domagoj Belancic

Warum ist die Erweiterung so grandios?

«Valhalla» ist nicht bloss ein Boss-Rush-Modus in einem Rogue-Lite-Gewand. Nein, die Story rund um den ehemaligen griechischen Gott des Krieges wird auf clevere Art und Weise vorangetrieben. In In-Game-Gesprächen zwischen Kratos und Mimir, was in der Zeit zwischen dem Ende von «Ragnarök» und dem Anfang von «Valhalla» alles passiert ist. Und in Zwischensequenzen wird zudem die Beziehung zwischen Kratos und Freya weiter vertieft.

Besonders gelungen finde ich, wie die Story mit dem Gameplay verheiratet wird. In den Valhalla-Herausforderungen muss sich Kratos seiner Vergangenheit stellen. Das beinhaltet nicht nur seine Vergangenheit in der nordischen, sondern auch in der griechischen Mythologie. Je weiter du in den Arenen kommst, desto weiter zurück in Kratos' Vergangenheit gelangst du.

Valhalla ist voller Querverweise zu älteren «God of War»-Games und Charakteren.
Valhalla ist voller Querverweise zu älteren «God of War»-Games und Charakteren.
Quelle: Domagoj Belancic.

«Valhalla» ist Konfrontationstherapie pur. Und die tut manchmal richtig weh. Der Halbgott muss sich in den späteren Arenen mit all den Gräueltaten auseinandersetzen, die er in seiner alten Heimat verübt hat. In Flashbacks und Gesprächen mit Figuren aus der Vergangenheit schafft es die Erweiterung, eine Brücke zwischen dem alten und dem neuen Kratos zu schlagen. Das verleiht dem Charakter noch mehr Tiefe und kontextualisiert seine Abneigung gegenüber der neuen Rolle als «Gott des Friedens».

Besonders cool: Auf dem Weg durch seine griechische Vergangenheit muss Kratos im Verlauf des Spiels auch gegen Monster aus den alten «God of War»-Games kämpfen. Für langjährige Fans ist dieser Teil der Erweiterung ein Traum. Es fühlt sich surreal an, in einem modernen Setting und Kampfsystem gegen klassische Gegner aus den PS2-Games anzutreten. Und das ist noch nicht alles. Das Game trumpft mit zahlreichen weiteren Überraschungen auf, auf die sich Fans der Originalspiele freuen können. Mehr will ich aber nicht verraten.

Diese Zyklopen habe ich schon im ersten «God of War» verdroschen.
Diese Zyklopen habe ich schon im ersten «God of War» verdroschen.
Quelle: Domagoj Belancic

Fazit: Bitte nicht verpassen

Ich verstehe nicht, wieso «Valhalla» eine kostenlose Erweiterung ist. Das «Dankeschön an alle ‹God of War›-Fans» hätte gut auch ein kostenpflichtiger DLC sein können. Bis zum Ende der Valhalla-Herausforderung, beziehungsweise bis zum Ende der Story, habe ich ungefähr sechs Stunden gebraucht. Wenn ich wirklich alles freischalten und sehen will, könnte ich wahrscheinlich nochmal sechs Stunden in das Game investieren. Das ist viel kostenloses Entertainment.

Abgesehen vom Umfang, brilliert «Valhalla» durch einen perfekt umgesetzten Gameplay-Loop, der sogar Rogue-Skeptiker wie mich überzeugt. Das brutale «God of War»-Gameplay wird elegant in eine motivierende Rogue-Lite-Struktur gepresst. Das Resultat sind zahlreiche unvorhersehbare und abwechslungsreiche Runs durch Valhalla, die meinen Puls in die Höhe schnellen lassen. Besonders gelungen ist auch die Art und Weise, wie das Gameplay mit der Story verbunden wird. Kratos Reise durch die Arenen von Valhalla ist gleichzeitig auch eine Therapiestunde und eine Reise durch seine Vergangenheit. «God of War Ragnarök: Valhalla» ist ein unerwartet emotionaler Abschluss von Kratos' nordischer Saga und ein Muss für alle Fans der Serie.

«God of War Ragnarök» ist erhältlich für PS5 und PS4. «Valhalla» ist als kostenloser Download für beide Systeme erhältlich.

Sony God of War: Ragnarök (PS5, Multilingual)
Game

Sony God of War: Ragnarök

PS5, Multilingual

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.

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