

Warum tut deine Katze das? – Mysterium Schnurren
Vieles, was Katzen tun, ist von Mythen umrankt. In der Serie «Warum tut deine Katze das?» entschlüssle ich einige geheimnisvolle Verhaltensweisen. Diesmal: das Schnurren.
Manche klingen wie das satte Brummen eines Rolls Royce, einige wie das aufgeregte Sirren eines ferngesteuerten Modellautos. Und wieder andere sind kaum hörbar bis stumm. Schnurren ist so individuell wie seine Erzeuger: Katzen.
Joy, meine Dreifärberin, wirft ihren Motor bei der ersten Handberührung lautstark an:
Bei Tigerchen Jasper hingegen muss der Bauch gefüllt sein, gute Stimmung herrschen und bestenfalls die Sternkonstellation passen. Und sogar dann höre ich seinen Vibrationsmodus nur, wenn ich mein Ohr an seinen Kopf halte. Doch warum eigentlich?
So entsteht Schnurren
Wo und wie Schnurren erzeugt wird, ist noch nicht eindeutig geklärt. Widerlegt ist, dass Hautlappen neben den Stimmbändern oder die Hauptschlagader verantwortlich sind. Folgende Hypothesen sind hingegen denkbar:
Möglichkeit 1: Kehlkopf
Die am häufigsten genannte Vermutung ist, dass das Geräusch durch rhythmische Kontraktionen der Kehlkopfmuskeln entsteht. Diese Bewegung weitet und verengt die Stimmritze in schneller Folge, wodurch die Luft in Schwingung gerät. Das ist vergleichbar mit dem Brummen eines Motors, bei dem regelmässige, schnelle Bewegungen eine Vibration erzeugen.
Möglichkeit 2: Zungenbein
Andere Theorien gehen davon aus, dass das Zungenbein das Schnurren auslöst, indem es sich an der Atemluft reibt. Quasi so, als würde ein Blatt Papier im Luftstrom flattern.
Interessant ist: Grosskatzen können wegen ihrer weniger flexiblen und kontrollierbaren Muskulatur nur beim Ausatmen schnurren. Hauskatzen sind dazu länger und auch beim Einatmen in der Lage. Dabei ist das Geräusch etwas kürzer und lauter (27-40 Hertz) als beim Ausatmen (16 bis 28 Hertz). Vergleichbar ist die Lautstärke mit einem Flüstern. Wobei, einige Vierbeiner überschreiten dies bei Weitem:
Jede Katze schnurrt anders
Auch Joys Schnurren erinnert teilweise fast an einen anspringenden Rasenmäher. Warum schnurrt sie so laut und Jasper kaum hörbar? Anscheinend hängt das mit der Anatomie, dem Stimulationsgrad und dem Alter zusammen. Joy ist kleiner und rund ein bis zwei Jahre älter als Jasper (genaue Geburtsdaten haben wir nicht). Ihre Muskeln und Stimmbänder haben sich möglicherweise stärker entwickelt. Oder sie ist einfach schneller zufrieden als monsieur le perfectionniste.
Gründe fürs Schnurren
Kommen wir zu den Gründen fürs Schnurren. Diese sind zahlreich und beginnen früh:
- Kommunikation: Kätzchen kommen blind und taub zur Welt. Das Schnurren der Katzenmutter ist für sie überlebenswichtig, um die Zitzen zu finden. Bereits im Alter von zwei Tagen können sich die Kitten durch das Schnurren auch selbst verständigen.
- Glück: Eine Katze beginnt oft zu schnurren, wenn du sie streichelst. Ist ihr Körper dabei entspannt, heisst das: Sie ist zufrieden.
- Hunger: Manche Katzen schnurren lauter, wenn sie Hunger haben. Forschende haben das sogenannte «Lockschnurren» entdeckt. Es verwandelt das normale Schnurren in einen dringlicheren, aufmerksamkeitserregenden Ton.
- Angst und Schmerz: Katzen können sich bei Furcht und Schmerzen durch das Schnurren auch selbst beruhigen (dazu im nächsten Abschnitt mehr).

Quelle: Sharomka/Shutterstock
Eine wichtige Vibration
Alles süss und gut, aber ist der kätzische Vibrationsmodus überhaupt nützlich? Forschende sind sich einig: ja. Beim Schnurren setzen Katzen das Glückshormon Serotonin frei. Es hilft ihnen, sich zu entspannen und Stress abzubauen. Ausserdem kann es bei der Heilung, zum Beispiel von Knochenbrüchen, helfen und wirkt schmerzlindernd. Katzenbesitzende sind zuweilen irritiert, wenn ihr krankes Tier schnurrt. Wenn deine Katze also in neuen, ungewöhnlichen Situationen oder bei angespannter Körperhaltung Schnurrgeräusche von sich gibt, solltest du vorsichtshalber eine Tierarztpraxis aufsuchen.
Meist ist Schnurren jedoch ein überaus positives und wohltuendes Geräusch, auch für uns Menschen. Es setzt bei uns ebenfalls Serotonin frei, mildert Stress, kann sogar den Blutdruck senken und soll nachweislich das Risiko für Herzinfarkte und Herzversagen senken. Gönne deiner Katze und dir also gleich eine ausgiebige Streichelrunde!

Wann und wie schnurren deine Katzen? Erzähle davon in einem Kommentar.
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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.