Was kostet arbeiten am Gaming-PC?
Hintergrund

Was kostet arbeiten am Gaming-PC?

Je nachdem, an was für einem Computer du arbeitest, verbrauchst du mehr oder weniger Energie. Die Unterschiede sind gross. Panik ist trotzdem nicht angebracht, wenn du E-Mails am Gaming-PC schreibst.

Die Energiekrise scheint für den Moment abgewendet, doch die nächste kommt bestimmt. Gleichzeitig arbeiten spätestens seit Corona viele Leute von zu Hause aus – auch ich. Im Hinblick auf steigende Strompreise stellt sich die Frage: Was kostet mich das eigentlich? Wie gross ist der Unterschied zwischen einem Gaming-Tower und einem Laptop? Kann es Sinn machen, sich extra für die Arbeit ein effizientes Gerät anzuschaffen? Und wie teuer ist High-End-Gaming? Ich habe gemessen und das Milchbüchlein hervorgeholt.

Methodik und Geräte: Von Mac Mini bis Gaming-PC

Computer ist nicht gleich Computer. Ein High-End-Gaming-PC braucht mehr Strom als ein Laptop ohne dedizierte Grafikkarte. Apples Arm-Chips sind effizienter als x86-Prozessoren von Intel und AMD. Ich lasse deshalb sechs verschiedene Geräte gegeneinander antreten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn du auf die Namen klickst, kommst du zu den genauen Konfigurationen:

Drei der Testgeräte: Mac Mini, Lenovo ThinkPad E15 und ein selbstgebauter PC.
Drei der Testgeräte: Mac Mini, Lenovo ThinkPad E15 und ein selbstgebauter PC.
Quelle: Samuel Buchmann

Für einen möglichst fairen Vergleich klappe ich die Laptops zu. Der interne Bildschirm braucht also keine Energie. Mit einem Smartplug von Voltcraft messe ich bei allen Computern, wie viele Wattstunden sie brauchen für:

  • Eine Stunde YouTube-Wiedergabe in 4K
  • 30 Minuten Stresstest in Cinebench R23
  • Zehn Benchmarks in «Shadow of the Tomb Raider», 1440p mit hohen Details

Durch den kumulierten Verbrauch über einen längeren Zeitraum erhoffe ich mir zuverlässigere Werte, als wenn ich den Stromfluss punktuell messe. Alle Ergebnisse extrapoliere ich auf verbrauchte Wattstunden pro Stunde. Was kommt dabei raus?

Messergebnisse: Massive Unterschiede

Wenig überraschend brauchen die Computer mit mehr Leistung auch mehr Strom – aber nicht nur, wenn ich diese Leistung tatsächlich abrufe, sondern auch im Leerlauf. In meinem YouTube-Test verbraucht der starke Gaming-PC mehr als doppelt soviel Energie pro Stunde wie die Budget-Variante oder der Intel-NUC. Noch eklatanter ist der Unterschied zu mobilen Geräten und dem Mac Mini. Sie brauchen alle nur einen Bruchteil des Stroms.

Rufe ich die maximale Prozessorleistung in Cinebench ab, sieht das Bild ähnlich aus. Im Gegensatz zur immer gleichen Last des YouTube-Tests verändert sich hier aber auch der Gegenwert der investierten Energie: Starke Computer rechnen in der gleichen Zeit mehr als die schwachen. Das lässt sich am Score ablesen. Ich vergleiche deshalb den Energieverbrauch mit der erreichten Punktzahl. Dabei stelle ich drei Dinge fest.

Der mobile Prozessor des Lenovo-Laptops kommt pro Wattstunde auf einen fast doppelt so hohen Cinebench-Score wie die Desktop-CPU. Apples Arm-Chips spielen nochmal in einer anderen Liga.

Erstens: Meine zwei Desktop-Prozessoren sind am Limit ähnlich effizient. Der i9 braucht mehr als dreimal soviel Energie wie der Ryzen 5. Dabei kommt die Intel-CPU aber auch auf einen Score von 37 153, während die von AMD nur 11 052 erreicht. Der Score pro Wattstunde ist damit nahezu identisch. Zweitens: Mobile Prozessoren sind effizienter. Der i7-1255U des Lenovos kommt pro Wattstunde auf einen fast doppelt so hohen Score wie der Desktop-i9. Drittens: Apples Arm-Chips spielen nochmal in einer anderen Liga. Besonders der neue M2 Mac Mini ist extrem effizient. Er erreicht pro Wattstunde über doppelt so viele Punkte wie das Lenovo-Laptop und über viermal so viel wie der i9.

Ähnlich verhält es sich bei der Gaming-Performance. Auch die Grafikprozessoren der Apple-Chips sind effizienter als ihre Gegenstücke von Nvidia und Intel. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Ein einzelner, systemübergreifender Benchmark ist wenig aussagekräftig. Wenn du zocken willst, ist die Verbrauchsfrage ohnehin müssig: Willst du aktuelle Spiele in guter Auflösung mit hohen Details spielen, brauchst du dafür einen leistungsfähigen Windows-PC – Ineffizienz hin oder her. Viel FPS pro Wattstunde bringen dir schliesslich nichts, wenn ein Game zur Diashow verkommt. Oder im Falle von MacOS gar nicht erst fürs Betriebssystem verfügbar ist.

Was heisst das in der Praxis?

Ich möchte zunächst wissen, was die Zahlen für mich im Homeoffice bedeuten. Dazu muss ich ein Szenario definieren: Ich gehe davon aus, dass mein Computer pro Tag zehn Stunden «auf Arbeitszeit» läuft. Darin sind eine Mittagspause und ein paar Kaffeepausen inbegriffen. Denn um ehrlich zu sein: Meist schalte ich die Kiste nicht aus, wenn ich in die Küche gehe. Ich rechne mit einem Vollzeit-Arbeitspensum. Das bedeutet bei fünf Wochen Ferien 235 Arbeitstage pro Jahr. Macht also 2350 Betriebsstunden. In der Realität dürften es weniger sein. Schliesslich bin ich auch mal krank, muss etwas ausserhalb des Büros erledigen oder versetze den Computer über Mittag doch in den Standby, wenn ich daran denke. Ich runde die Zahl deshalb auf 2200 Stunden ab.

Als Rechenlast nehme ich einen bunten Mix an. Meist schreibe ich Texte oder E-Mails. Manchmal bearbeite ich Bilder in Lightroom. Auch Videocalls brauchen etwas Leistung. Da ich das nicht vergleichbar über alle Geräte hinweg messen kann, mache ich eine hypothetische Mischrechnung aus meinen Referenzverbräuchen: 80 Prozent Stromverbrauch auf YouTube-Level und 20 Prozent auf Cinebench-Level.

Bei letzterem berücksichtige ich, dass die stärkeren Prozessoren nicht unter Vollast laufen müssen, um die gleiche Performance wie die schwächeren Prozessoren zu erreichen. Ich skaliere den Stromverbrauch deshalb auf den Cinebench-Score des Lenovo-Laptops – das langsamste Gerät im Testfeld. Als unteres Limit nehme ich den Youtube-Stromverbrauch. Die Rechnung ist natürlich nicht ganz korrekt, da die Leistungsaufnahme nicht linear zur Performance steigt. Für eine grobe Annäherung reicht es aber.

Die Unterschiede beim Office-Energieverbrauch sind enorm. Das High-End-Gerät verbraucht in meinem Szenario rund 20 Mal soviel Strom wie der sparsame Mac Mini. Ein Unterschied von 244 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Der Budget-Gaming-PC und der Intel-NUC liegen genau dazwischen. Das Laptop von Lenovo mit mobiler i7-CPU braucht mit 33 kWh zwar mehr als das deutlich leistungsfähigere MacBook Pro mit M1-Max-Chip. Im Verhältnis zu den stationären Computern ist aber auch das Lenovo sehr viel effizienter.

Das High-End-Gerät verbraucht in meinem Office-Szenario rund 20 Mal soviel Strom wie der sparsame Mac Mini.

Richtig viel Energie brauche ich, wenn ich am High-End-PC stundenlang zocke und die Leistung der Komponenten voll ausschöpfe. Spiele ich im Schnitt 30 Stunden pro Woche, brauche ich dafür satte 846 kWh pro Jahr. Mit dem günstigeren Desktop mit Ryzen 5 und RTX 3060 sind es 362 kWh – allerdings sinkt die Anzahl Bilder pro Sekunde proportional zum Stromverbrauch.

Was bedeutet das für mein Portemonnaie?

Auch wenn die Unterschiede relativ gesehen gross sind: Nur weil du am Gaming-PC arbeitest, wirst du nicht verarmen, selbst wenn die Strompreise in den kommenden Jahren weiter steigen. Die realen Mehrkosten gegenüber effizienteren Geräten sind in absoluten Zahlen nämlich eher klein.

Ich wohne in Winterthur, wo der Strompreis bei 28,25 Rappen (Rp.) pro Kilowattstunde (kWh) liegt. Exklusive Mehrwertsteuer. Je nach Kanton oder Land variiert dieser Preis stark. Eine Übersicht über die Tarife findest du auf dieser Website des Bundes. Ich rechne die jährlichen Kosten der Geräte mit dem Schweizer Median von 27,2 Rp./kWh aus.

Benutze ich statt High-End-PC einen Mac Mini oder ein effizientes Windows-Laptop, spare ich pro Jahr etwas über 60 Schweizer Franken. Nicht einmal in diesem Extremfall rentiert es bei den momentanen Strompreisen, sich nur wegen der Kosten ein effizientes Gerät zu kaufen. Selbst ein 600 Franken günstiger Mac Mini amortisiert sich gegenüber der Stromfresser-Kiste erst in zehn Jahren. Falls die Preise in den nächsten Jahren steigen, könnte sich das ändern. In Deutschland erreichte der Tarif letzten Herbst zum Beispiel bis zu 70 Cent pro Kilowattstunde. So wäre der High-End-PC im Unterhalt bereits 171 Euro teurer pro Jahr als der Mac Mini.

Ökologisch gesehen dürfte sich ein effizienter Computer nur rechnen, wenn ich ihn anstatt einer leistungsfähigen Maschine kaufe – und nicht zusätzlich. Denn in elektronischen Geräten steckt einiges an grauer Energie. Das ist die Energie, die für Produktion, Transport und Lagerung nötig ist.

Game ich pro Woche 30 Stunden an meinem High-End-Testgerät, kostet mich das jährlich 229 Franken.

Will ich grafisch anspruchsvolle Games in guter Qualität spielen, bleibt mir wie oben erwähnt sowieso nichts anderes als ein Gaming-PC übrig. Mehr Bilder pro Sekunde kosten mehr Energie und damit auch mehr Geld. Vergleiche unter den verschiedenen Geräten sind deshalb nicht sinnvoll. Trotzdem interessant sind aber die absoluten Zahlen: 30 Stunden Gaming pro Woche an einem High-End-PC würden mich jährlich 229 Franken kosten.

«Ja und was ist mit…?»

Wahrscheinlich sind dein persönliches Gerät und deine Nutzung anders als meine Beispiele. Diese sollen nur als Referenzpunkte dienen, zwischen denen du deine eigene Situation einordnen kannst. Und natürlich ist der Computer nicht das Einzige, was in einem Homeoffice Energie braucht, auch andere Geräte hängen an der Steckdose.

Grosse Bildschirme sind zum Beispiel oft die grösseren Stromfresser als ein durchschnittlicher PC. Mein aktuelles Gesamtsetup mit MacBook Pro, 34 Zoll grossem QD-OLED-Monitor, kleinen Lautsprechern und Docking Station zieht im Office-Betrieb über 100 Watt. Nur ein kleiner Teil davon fliesst ins Laptop. Würde ich das MacBook gegen einen stationären PC mit viel Leistung tauschen, würde der Verbrauch auf 200 Watt ansteigen. Das bedeutet in meinem Szenario Kosten von 120 Franken pro Jahr.

Grosse Bildschirme wie dieser 55-Zöller von Samsung brauchen auch jede Menge an Energie.
Grosse Bildschirme wie dieser 55-Zöller von Samsung brauchen auch jede Menge an Energie.
Quelle: Samuel Buchmann

Diese Beträge sind nicht nichts, aber im Verhältnis zu den Kosten anderer Geräte eher klein. Der typische Energieverbrauch eines Haushalts mit zwei Personen in einem Mehrfamilienhaus liegt gemäss Bundesamt für Energie bei 2750 kWh pro Jahr, das sind beim momentanen Median-Preis 748 Franken. Die grössten Posten sind Haushalts- und Küchengeräte wie Kühlschrank, Kochherd oder Waschmaschine.

Fazit: Grosse Unterschiede, kleine Beträge

Ein leistungsfähiger Desktop-Computer frisst Strom, selbst bei leichten Lasten wie Office-Anwendungen. Ein effizientes Laptop braucht dafür nur einen Bruchteil der Energie. Nochmal sparsamer sind Apples ARM-Chips, die pro Watt erheblich mehr Leistung rausholen als die x86-Prozessoren von Intel und AMD. Die Unterschiede sind auf den ersten Blick beeindruckend: In meinem definierten Szenario braucht ein Mac Mini pro Jahr nur fünf Prozent der Energie eines High-End-PCs – ein Unterschied von 244 Kilowattstunden.

Was nach viel klingt, hat allerdings nur kleine Auswirkungen aufs Bankkonto. Die 244 Kilowattstunden kosten mit dem aktuellen Schweizer Median-Strompreis gerade mal 66 Franken. Selbst wenn du an einem starken Gaming-PC arbeitest, wirst du deswegen also nicht verarmen – oder dir gar extra fürs Stromsparen ein effizienteres Gerät kaufen. Das rentiert weder finanziell noch ökologisch. Falls die Tarife dereinst stark ansteigen, könnte diese Rechnung anders aussehen.

Es wäre wünschenswert, dass die heilige Dreifaltigkeit aus Intel, AMD und Nvidia in Sachen Effizienz zu Apple aufschliesst. Das könnte bei höheren Strompreisen auch für Gamer zum Verkaufsargument werden. Wer 30 Stunden pro Woche mit einem PC wie meinem High-End-Testgerät zockt, zahlt dafür momentan im Schnitt 229 Franken pro Jahr. Bei höheren Tarifen wird es noch mehr. Schafft es ein Hersteller, dass seine Chips effizienter werden, könnte das über die Lebensdauer hinweg Hunderte von Franken an Energiekosten sparen.

Titelbild: Samuel Buchmann

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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