![](/im/Files/7/5/5/3/5/4/2/3/shutterstock_205594483421.png?impolicy=teaser&resizeWidth=700&resizeHeight=350)
Weniger Geld für Kleine: Musikschaffende wehren sich gegen Spotify
Ab 2024 bekommen Songs mit weniger als 1000 Streams pro Jahr kein Geld mehr von Spotify. Künstlerinnen und Künstlern entgehen so 40 Millionen Dollar. Und diese wehren sich nun.
Die Ankündigung zur Änderung des Vergütungssystems hatte Spotify Ende November gut in einer ganzen Reihe von Massnahmen versteckt. So sollen Fake-Streams bekämpft werden, die nur zur Abschöpfung von Geld kreiert werden. Und wer Geräusche wie Walsounds oder Meeresrauschen hochlädt, bekommt erst ab zwei Minuten Abspielzeit eine Vergütung.
Beide Massnahmen finden eine grosse Zustimmung in der Musikindustrie. Ganz anders die dritte Veränderung im Vergütungssystem: Erst wenn ein Track in einem Jahr 1000 Streams erreicht, wird Geld ausbezahlt.
Die Argumente von Spotify: Die kleinen Geldsummen würden gar nicht bei den Künstlerinnen und Künstlern ankommen, sondern wegen Bankgebühren und Transaktionskosten versickern. Insgesamt 40 Millionen Dollar werden so auf Songs umverteilt, die mehr als 1000 Streams pro Jahr erreichen.
Scharfe Kritik von Musikerinnen und Musikern
Spotify wird für diesen Schritt von Künstlerinnen und Künstlern hart kritisiert. Stellvertretend hat der deutsche Verband Freier Musikschaffender (Pro Musik) eine Online-Petition lanciert, die bereits rund 15 000 Unterschriften aus dem gesamten deutschsprachigen Raum zählt. Die Petition kritisiert nicht nur die Umverteilung von 40 Millionen Dollar an populäre Tracks, sondern auch die zusätzlichen Hindernisse für unbekannte Künstler und Newcomer.
So startet die Vergütungsberechtigung erst, wenn ein Song das erste Mal 1000 Streams erreicht hat, die Monate vorher sind verloren. Zudem ist die Berechtigung an eine Mindestzahl von Hörerinnen und Hörer gebunden. Wie viele das sind, hält Spotify aber geheim.
Pro Musik kontert auch das Argument, dass das Geld versickert. Es gibt im digitalen Zeitalter genug Möglichkeiten für Micro-Payment. Zudem seien die kleinen Summen von Spotify selbst verschuldet, da das System sowieso unfair sei.
Kritisiert wird auch die Kurzfristigkeit der Ankündigung ein paar Wochen vor dem Jahreswechsel sowie der mangelnde Einbezug von Musikschaffenden und Verbänden in die Entscheidungen.
«Geschäftsmodell von Spotify nicht mehr hinnehmbar»
In der Petition wird Spotify auch ganz generell kritisiert. Statt Schritte in Richtung faire Vergütung von Musikstreaming zu machen, öffne sich die Schere zwischen grossen und kleinen Playern immer mehr. Wegen der Marktmacht des schwedischen Unternehmens hätten Künstlerinnen und Künstler aber gar keine Wahl. Jede und jeder müsse auf Spotify präsent sein.
Der Verband Pro Musik und über 50 weitere unterzeichnende Verbände und Künstler fordern Spotify auf, die Änderungen zu stoppen und das Vergütungsmodell generell zu reformieren. «Steht das Geschäftsmodell von Spotify schon seit Jahren aus unserer Sicht berechtigt in der Kritik, so ist nun eine Stufe erreicht, die nicht mehr hinnehmbar ist», heisst es in der Petition. Es könne nicht sein, dass der Branchenleader deutlich schlechter zahle als die Konkurrenz.
Dabei verweist Pro Musik auf eine Webseite zur Berechnung der Vergütung: Hier siehst du zum Beispiel, dass Spotify für 10 000 Streams rund 44 Dollar bezahlt. Andere grössere Streamingdienste entlöhnen die Künstlerinnen und Künstler deutlich besser: Deezer 64 Dollar, Apple Music 78 Dollar, Tidal 128 Dollar und Napster gar 190 Dollar. Nur bei Amazon Music mit 40 Dollar und Youtube Music mit 20 Dollar fahren Musikschaffende noch schlechter.
![So wenig Geld gibts für 10 000 Streams bei den unterschiedlichen Anbietern.](/im/Files/7/5/5/3/5/4/2/9/Bildschirmfoto%202023-12-11%20um%2012.05.50.png?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Screenshot freeyourmusic.com
Schweizer Interpreten schliessen sich der Kritik an
Auf Anfrage bestätigt die Schweizerische Interpretengenossenschaft SIG, dass die neuen Spotify-Regeln in der Branche ein Thema sind. «Speziell im kleinen Schweizer Markt sind die Auswirkungen nicht zu unterschätzen», sagt Christoph Trummer, Präsident der SIG und selber Musiker. Auch bekanntere Bands würden mit der neuen Regelung für einen Teil ihres Song-Katalogs keine Vergütung mehr erhalten.
«Wir begrüssen es, dass Spotify etwas gegen Missbrauch macht. Aber das ist der falsche Ansatz», sagt er. Es gebe sinnvollere Wege, um «echte» Künstlerinnen und Künstler von betrügerischen Accounts zu unterscheiden. Er verweist auch auf die Forderung der europäischen Independent Music Companies Association (Impala).
Die Impala will einen Marschhalt und weitere Gespräche mit dem schwedischen Unternehmen, damit Independent-Künstler, kleine Märkte und Newcomer geschützt werden können. Einige der Vorschläge sind: eine Whitelist für Labels und Musikschaffende oder der Einbezug der Streams der letzten Jahre und des gesamten Werkes für die Vergütung. Impala fordert auch Transparenz von Spotify in den Berechnungen und eine Klärung aller offenen Fragen, bevor die neuen Regeln in Kraft gesetzt werden.
Titelfoto: Shutterstock74 Personen gefällt dieser Artikel
![User Avatar](/im/Files/7/4/9/8/0/6/2/2/0-realfakephotos-6_8f3ce086-0b2ab9f0c9b64af0a0a60e20ce6d73bf.jpeg?impolicy=avatar&resizeWidth=96)
![User Avatar](/im/Files/7/4/9/8/0/6/2/2/0-realfakephotos-6_8f3ce086-0b2ab9f0c9b64af0a0a60e20ce6d73bf.jpeg?impolicy=avatar&resizeWidth=80)
Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.