Ausprobiert: Kann ich meine innere Nachteule überlisten?
Müdigkeit adé: Ich habe eine Woche lang jede Nacht mindestens acht Stunden geschlafen – zumindest war das der Plan. Mein ausgeschlafenes Fazit: Das war gar nicht so leicht und dafür gibt es logische Gründe!
Ich schlafe für mein Leben gern und trotzdem bekomme ich regelmäßig zu wenig nächtliche Ruhe. Das soll sich eine Woche lang ändern mit mindestens acht Stunden Schlaf pro Nacht. Auf geht’s in eine neue Ausprobiert-Woche!
Die Stellschrauben sind nicht sehr zahlreich: Da unter der Woche mein Wecker notgedrungen spätestens um 7 Uhr klingelt, bleibt mir nur, früher schlafen zu gehen. Und genau da liegt die Herausforderung. Ich bin eine Eule, ein Nachtmensch, ich liebe ausgedehnte Abende – erst recht bei lauer Sommerstimmung. Es wird mich also einiges an Selbstkontrolle kosten, früh ins Bett zu gehen. Und möglicherweise ist es ein hoffnungsloser Plan, denn: Die Schlafforschung sagt, es ist nur bedingt möglich, den eigenen, inneren Schlafrhythmus zu verschieben.
Aber: Mein Ziel ist es, auf mindestens acht Stunden Schlaf zu kommen, weniger sollten es diese Woche nicht sein, ein bisschen mehr wäre kein Problem. Aber auch zu lange zu schlafen, ist wenig hilfreich. Das bedeutet, ich muss spätestens um 23 Uhr schlafen. Damit das klappt, heißt es diese Woche also: Zwischen 22:00 und 22:30 Uhr geht’s ab ins Bett. So habe ich noch etwas Zeit zum Runterkommen. Schließlich schlafe ich ja nicht sofort ein, wenn ich mich ins Bett lege.
Schlaf, ich komme!
Mein Experiment startet Montagabend. Nach einem vollen Wochenende fiel mir das Aufstehen heute nicht gerade leicht. Sehr gut, denke ich, dann sollte das abendliche Einschlafen ja umso leichter werden. Ich schlafe in der Regel nicht nur gerne, sondern auch recht gut. Das heißt: Wenn ich erst mal schlafe. Denn meine Schwierigkeit liegt eher darin, überhaupt in den Schlaf zu finden. Bin ich dann aber abgetaucht ins Land der Träume, bleibe ich da auch. Sprich: Ich wache nur sehr selten nachts auf und werde im Normalfall erst von meinem Wecker wieder zurückgeholt.
Mein natürlicher Schlafrhythmus: später Chronotyp
Das ist übrigens ein klares Zeichen, dass ich gegen meinen natürlichen Schlafrhythmus lebe. Kann ich schlafen, wie ich will, verschiebt sich meine Nachtruhe automatisch nach hinten. Das eigentlich natürliche Schlafverhalten erkennst du daran, wie du schläfst, wenn du dich nicht nach sozialen Einschränkungen richten musst – zum Beispiel in den Ferien. Bei mir pendelt sich die Schlafenszeit dann bei rund 9 Stunden ein, ungefähr von 1:00 Uhr nachts bis 10:00 Uhr morgens. Ich bin also klar vom späten Chronotypen, eine Eule eben. Im Interview mit einem Chronobiologen kannst du mehr zum Thema erfahren. Um mir das frühere Einschlafen diese Woche zu erleichtern, lese ich vor dem Einschlafen noch ein wenig, statt auf irgendeinen Bildschirm zu starren.
Die ersten 3 Nächte: Klappt doch!
Ich bin also semi-zuversichtlich, dass mein Versuch, meinen Chronotypen in das Korsett des Alltags zu quetschen, klappen wird. Aber ausprobieren will ich es trotzdem, schon allein aus Mangel an Alternativen, um an ausreichend Schlaf zu kommen.
Am ersten Abend gehe ich (ohnehin noch müde vom Wochenende) brav um kurz nach zehn ins Bett. Ich lese noch rund zwanzig Minuten und schlafe dann tatsächlich relativ schnell ein, vermutlich gegen 22:45 Uhr. Am nächsten Morgen wache ich zwar nicht von selbst auf, das Aufstehen fällt mir aber leichter als sonst. Da ich sonst meist mit einem Schlafdefizit vom Wecker aus den Träumen gerissen werde, kämpfe ich normalerweise ziemlich mit dem Wachwerden. Wenn es dir auch so geht, helfen dir vielleicht die Tipps zum leichteren Aufstehen.
In den kommenden Tagen habe ich diese ausnahmsweise mal nicht so nötig: Das Aufstehen klappt wesentlich besser als sonst, auch an Tag zwei und drei des Experiments. Allerdings bekomme ich schon am dritten Abend einen kleinen Vorgeschmack auf das, was kommen wird. Mittwochabend lässt die Disziplin, rechtzeitig Schlafen zu gehen, etwas nach. Um 22:00 Uhr bin ich nicht sonderlich müde, gegen 22:30 Uhr finde ich trotzdem den Weg ins Bett, lese aber noch bis kurz nach 23:00 Uhr. Das Aufstehen am nächsten Morgen klappt trotzdem gut. Um die acht Stunden Schlaf vollzukriegen, habe ich meinen Wecker ausnahmsweise eine halbe Stunde später gestellt.
Nacht 4: Ich bin nicht müde
Was sich am dritten Abend bereits angekündigt hat, macht mir meine Versuchswoche ab Abend Nummer 4 so richtig schwer. Ich bin einfach nicht mehr müde. Prima, könnte ich mir denken, dann hat der Versuch ja geklappt. Nur blöderweise würde nun eben das passieren, was die Wissenschaft prophezeit hat: Mein Schlafrhythmus würde sich wieder zurück in meinen späten Chronotypen verschieben. Und genau das geht eben leider nicht, solange ich in den üblichen Zeiten unserer Gesellschaft funktionieren soll.
Munter wie ich noch bin, gehe ich an diesem Abend zwar wieder gegen 22:30 Uhr ins Bett, lese noch bis 23:00 Uhr und dann liege ich wach. Es heißt, man soll nicht auf die Uhr schauen, wenn man nicht einschlafen kann oder nachts wach wird. Um den Druck, (wieder) einschlafen zu müssen, nicht zu erhöhen. Im Sinne des Experiments tue ich es irgendwann trotzdem. Es ist 23:40 Uhr und ich bin immer noch weit davon entfernt, mich müde zu fühlen. Ich quäle mich noch einige Zeit und schlafe schließlich doch noch ein – vermutlich gegen 00:15 Uhr. Am nächsten Morgen, wie immer geweckt vom unguten Gepiepe meines Weckers, bin ich trotzdem ausgeruht und stehe verhältnismäßig leicht auf.
Nacht 5: Alle dürfen wach bleiben, nur ich nicht
Am nächsten Abend ist die Überwindung riesig, mich gegen 22:00 Uhr Richtung Bett aufzumachen. Nicht nur, dass ich einen gemütlichen Sommerabend frühzeitig beenden muss, auch die Sorge, wieder ewig wachzuliegen, ist groß. Zurecht, wie sich schnell herausstellt. Ich kann partout nicht schlafen. Ich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt: Dieses unbändige Gefühl von Ungerechtigkeit, wenn die Erwachsenen noch munter zusammensitzen und ich ins Bett gehen musste. Und dann da lag, mich hin und herwälzte, mich langweilte und grämte. Genauso geht es mir jetzt. Was für eine Verschwendung meiner Lebenszeit, hier so sinnlos rumzuliegen. Es ist eine Tortur, die erst gegen 00:30 Uhr ihr Ende nimmt. Es hat sich also absolut nicht gelohnt, den gemütlichen Freitagabend frühzeitig zu beenden.
Endlich Wochenende: Da klappt es mit dem Schlaf
Glücklicherweise kann ich am nächsten Morgen die fehlenden Stunden dran hängen. Es ist Samstag: Keine Arbeit wartet, kein Wecker klingelt. Ich schlafe bis nach 10:00 Uhr und bin wieder etwas versöhnt mit der Welt. Und ich habe genug davon, abends nicht schlafen zu können. Den Samstagabend werde ich sicher nicht wieder damit verbringen, mich ruhelos im Bett herumzuwälzen. Macht auch nichts, schließlich kann ich Sonntag auch wieder ausschlafen. Auch wenn mein Sohn schon heute schwer entrüstet war, dass er sich sein morgendliches Unterhaltungsprogramm selbst gestalten musste.
Ich bin abends verabredet und lebe mein Eulendarsein voll aus: Geschlafen habe ich schließlich gegen 2:30 Uhr.
Gegen 11:00 Uhr am nächsten Vormittag bin ich wieder wach. Nun stehe ich allerdings wieder einmal vor dem grundsätzlichen Dilemma der späten Chronotypen: Mein natürlicher Schlaf-Wach-Rhythmus passt einfach nicht zu meinem Leben und den Normen unserer Gesellschaft. Mir schwant Böses, wenn ich an den kommenden Abend denke. Morgen klingelt der Wecker wieder gnadenlos um 7:00 Uhr, ich müsste heute also spätestens um 23:00 Uhr eingeschlafen sein.
Sonntagabend: Ich ziehe nochmal alle Register
Zum Abschluss der Ausprobiert-Woche gebe ich also nochmal alles, um mich bis zum Abend irgendwie müde zu bekommen. Ich mache eine ausgedehnte Fahrradtour und tobe mich mit den Kindern auf dem Bolzplatz aus. Abends esse ich nur noch etwas Leichtes, um meinen Magen nicht gerade zur Einschlafzeit auf Hochtouren zu bringen.Und als ich gegen 22:30 Uhr das Buch zur Seite lege, mache ich mir noch eine Einschlafmeditation an. Doch es hilft alles nichts: Ich liege wach. Und liege wach. Und liege wach. Und während ich so da liege und keinen Schlaf finde, ziehe ich mein Fazit zu dieser Schlaf-Woche, in der ich hauptsächlich damit beschäftigt war, nicht schlafen zu können.
Fazit: Ich komme nicht gegen meinen späten Schlaftypen an
Eigentlich müsste ich nun ganz klar zugeben: Der Versuch ist gescheitert. Zwar habe ich es in den meisten Nächten einigermaßen auf die acht Stunden Schlaf gebracht. Aber auch nur, weil ich mit der Aufstehzeit etwas getrickst habe und das Wochenende gerade noch rechtzeitig kam. Und wäre die Versuchswoche nicht ohnehin jetzt vorbei, würde ich das Experiment wohl ziemlich sicher abbrechen. Denn diese Woche hat mir klar gezeigt, dass ich nicht gegen meinen eigentlichen Schlafrhythmus ankomme. Die Stunden, die ich früher als sonst ins Bett gegangen bin, waren nach einer kurzen Anlaufphase einfach nur verschwendete, unangenehme Zeit für mich. Klar habe ich mich sicher mehr ausgeruht, als wenn ich erst um Mitternacht gen Bett wandere. Doch erstens hat mir das am Ende auch nicht viel mehr Schlafenszeit verschafft und zweitens empfinde ich persönlich dieses Nicht-Einschlafen-Können als richtige Qual. Der Wechsel zwischen Arbeitswoche und Wochenende verschafft mir zwar an Letzterem ein bisschen mehr Schlaf, bringt meinen Rhythmus aber letztendlich nur ständig wieder aufs Neue durcheinander.
In Zukunft werde ich versuchen, einen Mittelweg zu finden und zumindest etwas früher ins Bett zu gehen, um noch Zeit zum Lesen zu haben. Denn die abendliche halbe Stunde mit einem Buch hat mir an der ganzen Woche am besten gefallen. Sonst finde ich kaum die Ruhe zum Lesen und zum Runterkommen am Abend scheint es mir besser geeignet als noch vorm Fernseher zu sitzen.
Gesunde Gewohnheiten im Selbstversuch
In meiner Ausprobiert-Reihe teste ich regelmäßig eine Woche lang gesunde Angewohnheiten: Ich habe mich zum Beispiel schon an einer täglichen Meditation versucht, eine Woche lang ausreichend Wasser getrunken oder mich im Verzicht auf mein Handy geübt in einer Woche Smartphone-Detox. Zuletzt gab es noch eine Woche mit täglichen Training für einen gesunden Rücken.
Titelfoto: Anna SandnerWissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.