Hintergrund

«Die Feuerzangenbowle»: Das Filmvergnügen zum Mitmachen

Kim Muntinga
11/12/2023

Die Popularität ist ungebrochen. Der Film «Die Feuerzangenbowle» erobert in der Vorweihnachtszeit wieder zahlreiche Hörsäle und Wohnzimmer: interaktiv, mit einigen ungewöhnlichen Gegenständen und ganz viel Gesang und Heiterkeit.

«Jäder nor een wönzgen Schluck!» Wer kennt dieses Zitat nicht? Der Film «Die Feuerzangenbowle» aus dem Jahr 1944 mit Heinz Rühmann gehört für mich zur Weihnachtszeit. Aber nicht nur für mich. Seit Jahren wird der Film vor allem an deutschen Universitäten, aber auch an anderen Orten gezeigt und gefeiert. Ich kenne das noch aus meiner eigenen Studienzeit, aber auch von verschiedensten Veranstaltungen. Und es geht auch im privaten Rahmen. Mit dabei: Wecker, Fahrradklingel, Taschenlampe, Wunderkerzen und natürlich Feuerzangenbowle. Traditionell unterstützen die Zuschauer den alten Film mit mitgebrachten Utensilien.

  • Die Wecker sollen dann klingeln, wenn auch der Wecker im Film am ersten Schultag klingelt.
  • Die Fahrradklingeln werden geläutet, wenn auch im Film eine Schulglocke oder eine Fahrradklingel ertönt.
  • Die Taschenlampen werden eingesetzt, wenn ein Spiegel gezückt wird. Du unterstützt damit Johannes Pfeiffer, wenn er mit seinem Spiegel seine Mitschüler bei der Leistungskontrolle hilft.
  • Am Ende des Films wird im Chemieunterricht Radium hergestellt. Natürlich geht das nicht so einfach. Stattdessen zünden du und das ganze Publikum eure Wunderkerzen an. Achtung: Mittlerweile sind diese bei vielen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen aus Brandschutzgründen verboten.
TFA Elektronischer Wecker
Wecker

TFA Elektronischer Wecker

TFA Elektronischer Wecker

TFA Elektronischer Wecker

Aber auch deine Stimme ist gefragt. Ob im Gesangsunterricht oder bei der Wanderung der Mädchenschule: Als Zuschauer singst du auch mit dem geringsten musikalischen Talent inbrünstig mit. Du bist eben mittendrin, statt nur dabei. Jedes Mal, wenn im Film jemand das Glas erhebt, machen du und das gesamte Publikum das Gleiche. Ebenso solltest du darauf achten, wenn der Name des Klassenstrebers genannt wird. Sobald du ihn hörst, rufen alle im Chor laut seinen Namen (Ackermann) und stoßen dabei mit dem jeweiligen Sitznachbarn an. «Aber jeder nor een wönzgen Schluck! Sonst steigt er in den Kopf.» Prost.

Die Mutter aller Schulfilme

Über den Film möchte ich nicht zu viel verraten. Einiges habe ich schon angedeutet. Der Film ist ein klassischer Paukerfilm. Ich würde ihn sogar als die Mutter aller Schulfilme bezeichnen: Eine Komödie beziehungsweise gar eine Posse oder auch eine Satire der Extraklasse. Meisterhaft ist vor allem die Komposition. Die Charaktere sind skurril gezeichnet und haben durch ihren Akzent oder verschiedene Marotten ihren gewissen Charme. Der Humor lebt durch seine Charaktere und Situationskomik.

«Sie heißen?»
«Johann Pfeiffer!»
«Mit einem F oder mit zwei?»
«Mit drei, Herr Professor!»
«Mit drei F?»
«Eins vor dem Ei, zwei hinter dem Ei!»

Heinz Rühmann ist der Star des Films.
Heinz Rühmann ist der Star des Films.
Quelle: Goldie Filmverleih

Kritik am Film

«Die Feuerzangenbowle» basiert auf dem gleichnamigen Roman von Heinrich Spoerl. Er wurde 1943 unter der Regie von Helmut Weiss in Babelsberg gedreht. Weiss hielt sich sehr eng an die Vorlage. Einige Dialoge wurden wörtlich übernommen.

Der Film ist nicht ganz unkritisch zu sehen. Heinz Rühmann soll damals persönlich mit einer Filmkopie in die Wolfsschanze gefahren sein, um vom damaligen nationalsozialistischen Reichskanzler Adolf Hitler die Freigabe des Films zu erhalten. Am 28. Januar 1944 wurde der Film uraufgeführt. Viele der jungen Schauspieler – die Schulklasse bestand neben den Stars aus echten Oberstufenschülern – erlebten die Premiere nicht mehr, da sie inzwischen im Krieg gefallen waren.

«Die Feuerzangenbowle» ist ein klassisches Beispiel für den scheinbar unpolitischen nationalsozialistischen Unterhaltungsfilm. Er diente damals vor allem der Ablenkung, damit sich der Zuschauer in eine Traumwelt zurückziehen konnte. Eine unterschwellige Propaganda ist dem Film nicht abzusprechen. Ich denke da vor allem an die Figur des Geschichtslehrers Dr. Brett, dessen Aussagen über Disziplin und Strenge eine gewisse Ideologie ausstrahlen. Gleichzeitig sind es vor allem die antiautoritären Lehrer, die die Sympathieträger des Films darstellen. Und letztlich sind es nur die Aussagen einer einzelnen Filmfigur. Vor allem geben diese Sätze nicht die Botschaft des Films wieder.

Titelfoto: Goldie Filmverleih

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