Facebook und Co.: Meta setzt bei Moderation auf «Modell Musk»
Die Social-Media-Plattformen des Meta-Netzwerks sollen zukünftig ohne Moderatoren-Team und Fact-Checking auskommen. In einer Videobotschaft erklärt Mark Zuckerberg, dass zukünftig auf Community Notes und «Free Speech» gesetzt werde. Die EU warnt.
Am 7. Januar hat sich Meta-CEO Mark Zuckerberg in einer Videobotschaft öffentlich an die User und Userinnen der Meta-Plattformen gewandt. Er verkündet einen Richtungswechsel, was die Moderation von Inhalten auf Meta-Plattformen angeht – dies betrifft vor allem Facebook, Threads und Instagram. Bis anhin wurden gepostete Texte, Bilder und Medien auf ihre fachliche Richtigkeit geprüft und gegebenenfalls entfernt.
Dieses Faktencheck-System, welches auf Prüfung durch mehrere unabhängige Organisationen aus verschiedenen Ländern beruht, wurde 2016 ins Leben gerufen. Mark Zuckerberg, welcher das Programm damals vorstellte, liess verlauten, dass er verhindern wollte, dass Fake News einen Einfluss auf Wahlen und Meinungsbildung haben. Zwar wurde das nicht explizit erwähnt, doch die damalige Wahl Trumps dürfte ein Grund für die Einführung gewesen sein.
Algorithmen werden lockerer, inhaltliche Prüfungen seltener
Zukünftig setzt das Meta-Netzwerk, zumindest in den USA, auf «Community Notes», wie das etwa auch bei Elon Musks Portal «X» der Fall ist. Dies stellte etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus Deutschland fest. Inhaltliche Richtlinien auf Meta sollen «einfacher verständlich» sein, Beschränkungen, die «für Unmut gesorgt» hätten, sollen teilweise aufgehoben werden. Diese stünden «nicht mehr in Einklang mit der öffentlichen Meinung». Daher setze man bei Meta zukünftig wieder vermehrt auf das Prinzip der «freien Meinungsäusserung». Geringfügige Verstösse werden nicht mehr automatisch geprüft, nur noch nach Nutzerbeschwerden. Algorithmen werden also weniger «scharf» eingestellt sein.
Weiter werde der Sitz des Moderationsteams aus den USA von Kalifornien nach Texas verlagert, da in Kalifornien die «Befangenheit zu gross» sei. Auch sei es im Sinne Metas, gegen Regierungen auf der Welt vorzugehen, die «US-amerikanische Unternehmen zu mehr Zensur drängen zu wollen».
Europäische Moderation bleibt vorerst
Die Änderungen sollen zunächst nur die USA betreffen. Dies bestätigt Meta gegenüber dem Magazin «Politico». Dies dürfte auch am Europäischen Digital Services Act (DSA) liegen. Dieser schreibt Online-Plattformen unter anderem eine Reihe von Regeln im Umgang mit Fake News und Desinformation vor. Verstösse gegen diese Regeln können hohe Bussen zur Folge haben. Moderatorenteams aus Europa – in Deutschland sind dies etwa Mitglieder der Presseagenturen AFP und DPA sowie des Rechercheportals «Correctiv» – dürfen deshalb weiterarbeiten.
Richtungswechsel dürfte seine Ursprünge in der Politik haben
Verschiedentlich wird eine Zunahme irreführender Inhalte und rassistischer oder antisemitischer Inhalte befürchtet, wie das auch bei «X» seit der Übernahme durch Elon Musk der Fall ist. Bereits jetzt haben verschiedene europäische Exponenten deshalb eine «scharfe Überwachung der Einhaltung geltender Regeln» gefordert, so etwa Matthias Miersch, Generalsekretär der deutschen Partei SPD. Der Deutsche Digitalexperte Markus Beckedahl nennt die neuen Richtlinien gar einen «Kniefall vor Donald Trump».
Tatsächlich kommt man kaum umhin, Mutmassungen über einen Zusammenhang zwischen der Wahl Trumps und dem Richtungswechsel in Metas Moderationspolitik anzustellen. In der Vergangenheit hat Trump immer wieder Kritik an Facebook geübt. Er warf dem Dienst vor, die Politik der Demokraten zu unterstützen und «konservativen Ansichten gegenüber» voreingenommen zu sein. Auch hat das soziale Netzwerk Trumps Facebook-Konto nach dem Sturm aufs Kapitol 2021 eine Weile gesperrt. Dies habe nicht zuletzt zum Umdenken Trumps in der Debatte um ein TikTok-Verbot geführt. So hat der zukünftige Präsident früher ein mögliches Verbot befürwortet, ist nun aber dagegen.
Neben Zucks «einschwenken» auf Trumps Vorstellung von «Freien Meinungsäusserung» hat der Meta-Boss auch mit einer Millionenspende an Trumps Einführungsfeier Pluspunkte bei diesem gesammelt. Trump ist gemäss «Business Insider» zufrieden mit der neuen Richtung. Dies, nachdem er in der Vergangenheit bereits verlauten lassen hat, dass Zuckerberg «ein Leben im Gefängnis» verdiene.
Was bedeutet das für Metas wirtschaftliche Situation?
Inwiefern sich der neue Kurs wirtschaftlich auf Meta auswirken wird, bleibt abzuwarten. Nach dem Kurswechsel – auch Musk hat Moderatoren entlassen und auf «Community Notes» gesetzt – hat X stark an Wert verloren, wie etwa das Wirtschaftsportal «Fidelity» konstatiert. Auch Werbepartner seien teilweise weggebrochen. Mutmasslich aus Sorgen um ihr Image.
Dies wäre für Zuckerberg etwas problematischer als für Musk, da dieser massgeblich von den Werbeeinkünften lebt, während X-Besitzer Elon Musk sein Geld vor allem im Techbereich verdient, etwa mit Tesla oder SpaceX. Allerdings ist unter der Regierung Trumps ein Umdenken verschiedener Firmen in Sachen Werbung ebenfalls nicht auszuschliessen.
In der aktuellen Folge des Tech-telmechtel-Podcasts reden wir ebenfalls über das Thema.
Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.