
RGB-Mini-LED: Sony kontert Hisense – mehr Präzision statt Helligkeits-Wahnsinn
Die TV-Schlacht geht in die nächste Runde: Während andere Hersteller mit immer extremeren Helligkeitswerten prahlen, setzt Sony auf eine neue Signalverarbeitung, die Farben und Kontraste feiner abstimmen soll. Klingt nach einem gezielten Angriff auf OLED – und auf Hisense.
RGB-Mini-LED könnte die nächste grosse Revolution in der TV-Welt werden – und Sony will mitmischen. Nachdem Hisense Anfang des Jahres mit seinem ersten RGB-Mini-LED-Fernseher für Aufsehen gesorgt hat, kündigt nun auch Sony seine eigene Variante an.
Während Hisense vor allem auf Helligkeitsrekorde setzt, kombiniert Sony die Technologie mit einer neu entwickelten Backlight-Steuerung für noch präzisere Farbabstufungen. Dazu hat Sony auch die Signalverarbeitung neu gedacht: Sie soll eine noch präzisere Kontrolle über die einzelnen Farbkanäle ermöglichen.
Die Massenproduktion soll noch in diesem Jahr beginnen. Wann genau, ist nicht bekannt. Dazu, wie gross Sonys RGB-Mini-LED-TVs ausfallen und in welcher Preisklasse sie spielen, hält sich das japanische Unternehmen ebenfalls noch bedeckt.
Was ist RGB-Mini-LED?
Der Reihe nach. Was ist RGB-Mini-LED überhaupt, und was unterscheidet es von einem herkömmlichen Mini-LED-TV wie Sonys Bravia 9?
Kurz gesagt: RGB-Mini-LED setzt auf separate rote, grüne und blaue LEDs für die Hintergrundbeleuchtung, anstatt wie herkömmliche Mini-LEDs ausschliesslich blaue LEDs zu nutzen, die mit einer Phosphorschicht überzogen werden, um weisses Licht zu erzeugen. Weil RGB-LEDs direkt weisses oder farbiges Licht ausstrahlen, wirken Farben kräftiger und genauer, während das Bild insgesamt heller erscheint.

Quelle: Sony Newsroom
Warum ist das wichtig? Weil die RGB-Mini-LEDs eine höhere Abdeckung des BT.2020-Farbraums als herkömmliche Mini-LEDs ermöglichen. Für alle, die mit dem Begriff nicht so viel anfangen können: Der BT.2020-Farbraum ist ein Standard, der viel mehr Farben abbilden kann als der bisher für HDR-Inhalte verbreitete DCI-P3-Farbraum. Je grösser also die Abdeckung dieses Farbraums, desto lebensechter und differenzierter die Farbdarstellung.
Als Hisense vergangenen Januar seinen 116UX mit RGB-Mini-LED vorstellte, war die Begeisterung gross. Ein LCD-Fernseher mit 10 000 Nit Spitzenhelligkeit und 97 Prozent BT.2020-Farbraumabdeckung? Klingt wie ein OLED-Killer – sagen sogar Tech-Ikonen wie Vincent Teoh von HDTV und Caleb Denison von Digital Trends.
Sony steigt nun ebenfalls ins RGB-Mini-LED-Game ein – und will es mit einer eigenen «proprietären Backlight-Control-Technologie» kombinieren. Sprich: Man will die winzigen Hintergrundlicht-LEDs noch präziser steuern als die Konkurrenz von Hisense. Sony nennt es aber nicht RGB-Mini-LED, sondern «RGB-LED». Mal schauen, welcher Begriff sich am Ende durchsetzen wird.
Was genau verspricht Sony da eigentlich?
Normalerweise tricksen Fernseher, wenn es um Helligkeit geht: Sie konzentrieren das Licht genau dorthin, wo es am meisten auffällt – auf hellen Lichtquellen. Zum Beispiel auf den Mond am Nachthimmel oder auf Explosionen bei krachenden Actionszenen. Das sieht zwar spektakulär aus, führt aber oft dazu, dass andere Farben flach wirken.
Sony will einen anderen Weg gehen. Statt nur punktuell zu strahlen, soll die «proprietäre Backlight-Control-Technologie» – also die neuartige Backlight-Steuerung – die Lichtverteilung dynamisch an die Szene anpassen. Das Ergebnis soll dann etwa ein tiefblauer Himmel sein, der trotz Dunkelheit satt und leuchtend wirkt, ohne ins Blasse abzudriften, und Explosionen würden gleichzeitig in kräftigem Rot und Orange glühen, ohne dass das Bild an Natürlichkeit verliert.
Dazu kommt eine Spitzenhelligkeit von über 4000 Nit – ein Wert, den Sony sonst nur in seinen Referenz-Monitoren aus Hollywood nutzt. Heisst: Mehr Farbtiefe, mehr Nuancen, mehr Punch. Sony spricht hier vom höchsten Farbvolumen, das sie je in einem Display erreicht haben. Und dass man sich von den 10 000 Nit der Konkurrenz nicht beeindrucken lässt, sondern stattdessen betont, dass zu viel Helligkeit eher die Farbgenauigkeit ruiniert, klingt verdächtig nach einem gezielten Seitenhieb.
Was unterscheidet Sony von Hisense?
Während Hisense also mit reiner Spitzenhelligkeit und einer enormen Farbraumabdeckung punkten will – Sonys neues System kommt «nur» auf 90 Prozent des BT.2020-Farbraums, was etwas weniger als bei Hisense, aber immer noch besser als bei vielen OLEDs ist –, konzentriert sich Sony auf präzise Farb- und Helligkeitsabstufungen. Laut Pressemitteilung kommt eine verbesserte Bildverarbeitung mit 96-Bit-Signalverarbeitung zum Einsatz.
Was das genau bedeutet? Ganz einfach: Je mehr Farbinformationen ein Display verarbeiten kann, desto feiner und natürlicher wirken Farbübergänge und Helligkeitsabstufungen. Besonders in mittleren Helligkeitsbereichen, wo Farben oft entweder zu blass oder zu übersättigt erscheinen – übrigens ein typisches OLED-Problem –, soll Sonys interne 96-Bit-Signalverarbeitung für mehr Tiefe und Präzision sorgen. Schwarz bleibt tief und detailreich, ohne dass dunkle Bildbereiche absaufen, während helle Highlights brillant leuchten, ohne auszubrennen.
Doch das ist nicht alles: Diese feinere Steuerung der Farbabstufungen soll auch die Blickwinkelstabilität verbessern – ein traditionelles Problem von herkömmlichen LCDs. Normalerweise verblassen Farben oder sie verschieben sich, wenn man nicht frontal auf den Bildschirm schaut. Sony behauptet, genau das minimiert zu haben, sodass der TV aus jedem Winkel ein konsistentes Bild liefert. Mehr Nuancen, bessere Kontraste, stabilere Farben – kurz: Sony setzt auf Perfektion, statt mit reiner Leuchtkraft zu prahlen.
Sony gegen den Helligkeits-Wahn: Qualität statt Zahlen-Show
Sony argumentiert, dass ihr RGB-Mini-LED-System vor allem für cineastische Inhalte und professionelle Anwendungen geeignet sei – also überall dort, wo es auf eine möglichst akkurate Wiedergabe kreativer Intentionen ankommt. Kein Wunder, schliesslich entwickelt Sony seit Jahren Referenzmonitore für Hollywoods Filmproduktionen und weiss ziemlich genau, wie kreative Köpfe das perfekte Bild sehen. Dieses Know-how soll nun in Haushalt-TVs einfliessen.
Während Hisense mit seinem «TriChroma LED»-System, wie sie’s nennen, neue Massstäbe in Sachen Leuchtkraft und Farbraumabdeckung setzen will, verfolgt Sony offenbar eine andere Strategie: Statt Spezifikationen bis zum Anschlag zu pushen, zielt man darauf ab, LCD-TVs so weit zu verfeinern, dass sie OLEDs in Farbgenauigkeit, Blickwinkelstabilität und Kontrast noch ernsthafter Konkurrenz machen können. Ein interessanter Ansatz – und eine klare Absage an das übliche Spec-Posing.
Eines ist sicher: Der Kampf zwischen OLED und Mini-LED geht in die nächste Runde. Und mit Sony am Tisch dürfte es jetzt erst richtig spannend werden.
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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»