Schafft das Steam Deck eine neue Kategorie von PC?
Ein portabler PC im Format einer Nintendo Switch: Mit dem Steam Deck will Valve eine neue Produktkategorie für PC-Games kreieren. Wenn das jemand schafft, dann die Firma hinter der populärsten Gaming-Plattform der Welt.
120 Millionen aktive Nutzer zählte Steam 2020. Dieses Jahr dürften es bereits 140 Millionen sein. Das sind deutlich mehr als sich auf den Plattformen von Sony, Microsoft und Nintendo tummeln. Dafür müssen Konsolenspieler sich nicht mit Windows und PC-Hardware herumschlagen, sondern haben ihre dedizierte Kiste, auf der sich Spiele unkompliziert spielen lassen. Diese Lücke will Valve mit dem Steam Deck schliessen und damit eine neue Kategorie von PC erschaffen.
Die Vielseitigkeit eines PCs
Das Steam Deck ist ein portabler, vollwertiger Gaming-PC im Stil einer Nintendo Switch. Die Grösse erinnert zwar eher an das Gamepad der Wii U. Das liegt daran, dass Valves Handheld-PC massiv mehr Leistung liefert als eine Switch. Der AMD-Zen-2-Prozessor im Steam Deck basiert genau wie die meisten PCs oder Laptops auf der x86-Architektur. In Kombination mit dem AMD-RDNA2-Grafikchip und 16 Gigabyte LPDDR5-5500-RAM liegt das Steam Deck etwa gleich auf mit einer Xbox One S. Mit dem Unterschied, dass das Steamdeck Spiele lediglich in einer Auflösung von 1280 × 800 Pixel darstellen muss. Dazu gibt es bis zu 512 Gigabyte Speicher via M.2-2230-SSD. Die könnte womöglich sogar ausgetauscht werden, allerdings rät Valve in den offiziellen Spezifikationen von diesem Schritt ab. Alternativ kannst du den Speicher per microSD-Karte erweitern.
Mit dieser Hardware solltest du laut Valve deine Steam-Games vom Indie-Titel bis zum AAA-Blockbuster in mittleren bis hohen Details zocken können. Selbst Mods lassen sich auf dem Steam Deck installieren – egal ob per Steam Workshop, ModDB oder NexusMods. Offenbar werden aber nicht 100 Prozent der Spiele kompatibel mit der neuen Hardware sein. Das Steam Deck läuft nämlich mit SteamOS. Einem speziell für Gaming entwickelten Betriebssystem, das auf Linux basiert. Weil Spiele primär für Windows programmiert werden, hat Valve zusätzlich Proton entwickelt. Mit dieser Software soll die grosse Masse an Spielen auf dem Steam Deck laufen. Probleme bereitet aktuell besonders Anti-Cheat-Software, wie sie «PUBG», «Apex Legends» oder «Destiny 2» einsetzen. Valve arbeitet aber an einer Lösung.
Falls dir SteamOS nicht zusagt, weil du damit keinen Zugriff auf den Epic Launcher, Xbox Game Pass oder Battle.net hast, kannst du auch ganz einfach Windows installieren. Valve betont, dass es sich beim Steam Deck um einen richtigen PC handelt und es dir überlassen ist, wie du diesen nutzt. SteamOS dürfte allerdings die bessere Performance bieten für Spiele.
Die Möglichkeiten hören beim Betriebssystem nicht auf. Über den USB-C-Anschluss, respektive das optionale Dock, lassen sich Monitor, Maus, Tastatur und Netzwerkkabel anschliessen. Damit lässt sich das Steam Deck wie ein normaler Desktop-PC nutzen.
Der Komfort einer Konsole
Eingefleischte PC-Spieler reiben sich ab all diesen Freiheiten freudig die Hände. Der Vorteil des Steam Decks ist aber auch, dass es genauso leicht benutzt werden kann wie eine Konsole. Du willst einfach nur eine portable Spielkonsole ohne das Gebastel mit einem PC? Das Steam Deck verspricht genau das. Die Benutzung scheint sich nicht wesentlich von einer Switch oder einer anderen Konsole zu unterscheiden. Mittels Cloud-Speicherfunktion kannst du fliessend zwischen deinem PC und dem Steam Deck hin und her wechseln. Selbst an den Standby-Modus hat Valve gedacht. Du kannst das Steam Deck ausschalten und später wieder genau dort weitermachen, wo du aufgehört hast. Valve arbeitet sogar daran, die Funktion so zu erweitern, dass du nach dem Standby am PC weiterspielen kannst.
Und wo neue Konsolen wie die PS5 oder Xbox Series S/X zum Launch notorisch unter einer mageren Spieleauswahl leiden, kannst du beim Steam Deck vom ersten Tag tausende Spiele installieren. Dein Account ist der genau gleiche wie am PC. Du musst keine zusätzliche Steam-Deck-Version kaufen oder sie für eine Zusatzgebühr freischalten.
Kein Vorreiter und trotzdem in Pole Position
Spielkonsolen haben primär eine einzige Aufgabe und das sind Spiele. Durch diese einseitige Ausrichtung und dadurch, dass Spiele speziell für die Plattform entwickelt werden, sind Konsolen entsprechend leistungseffizient. Darum war ein PC-Äquivalent zu einem Gameboy, einem 3DS oder einer PS Vita bis anhin unvorstellbar. Selbst die Switch war beim Launch ein Novum. Ist es doch die erste Konsole, die vollwertige TV-Konsolenspiele auf einem mobilen Gerät ermöglicht.
Seit ein paar Jahren gibt es jedoch vereinzelte Hersteller, die dieses Konzept für den PC adaptiert haben. Onexplayer, GPD Win 3 oder Aya Neo sind nur einige Beispiele von Switch-ähnlichen Handheld-PCs. Sie sind aber nicht nur teurer als das Steam Deck, sie stammen auch allesamt von eher unbekannten chinesischen Firmen oder starteten als Indiegogo-Projekt. Grosse Wellen hat keines dieser Produkte geschlagen.
Valve hat mit dem Steam Link und besonders der Valve Index bewiesen, dass sie nicht nur Spiele, sondern auch hochwertige und durchdachte Hardware entwickeln können. Anders als bei den gescheiterten Steam Machines, beschränkt sich Valve nicht mehr darauf, einfach Lizenzen zu vergeben. Zudem ist Valve ein milliardenschweres Unternehmen, das es sich leisten kann, Ressourcen an ein solches Produkt hinzuschmeissen.
Ein paar Stolpersteine bleiben
Der Massentauglichkeit des Steam Decks stehen noch einige Stolpersteine im Weg. Der grösste betrifft die Spielekompatibilität. Es ist essenziell, dass das Gross an Spielen ohne Probleme und in anständiger Qualität ruckelfrei läuft. Der Formfaktor, respektive die Steuerung, ist die nächste Herausforderung. Das Steam Deck befindet sich von der Grösse am oberen Spektrum eines portablen Spielgeräts. Zusammen mit der unüblichen Anordnung der Tasten und den beiden Touchpads, die für viele PC-Spiele unverzichtbar sind, muss sich zeigen, wie gut und wie lange damit gespielt werden kann.
Schliesslich ist der Erfolg auch an den Bekanntheitsgrad geknüpft. Auch wenn Steam mehr Spieler anzieht als eine Playstation oder die Switch, geniessen letztere einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad. Aber Valve ist auch nicht der einzige Mitspieler, wenn es darum geht, Handheld-PCs als neue Art von Computer zu etablieren. Es reicht, wenn das Steam Deck gut genug ist, dass Hardware-Hersteller wie Asus, Dell oder auch Microsoft auf den Zug aufspringen. Das wiederum beschleunigt die Entwicklung von passenden Chips und Spielehersteller werden darauf achten, ihre Titel auf der neuen Hardware-Generation zu testen.
Was denkst du? Wird das Steam Deck ein Erfolg oder bleibt es ein Nischenprodukt für Steam-Fanboys und Gadget-Nerds?
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.